Böses Blut
sowjetische Verräter waren, daß dies alles dem FBI nicht aufgegangen ist und daß ein euch nahestehender Kollege KGB–Kontakte gehabt hat. Allerhand, was ihr da zusammengebracht habt.«
»Aber hat es nicht immerhin Spaß gemacht?« fragte Hjelm ebenso seidenweich.
Hultin ignorierte den Einwurf und hob die Stimme: »Wenn dies auf irgendeine Weise mit Machtspielen in der großen Politik zu tun hat, dann sind wir ein sehr kleines Steinchen im Spiel. Weder ich noch Larner haben diese Gefahr übersehen. Aber auch dann sieht es kaum so aus, wie ihr es beschreibt. Dann würden wir nicht mehr davon sehen als die Konturen.«
»Aber richtig ist jedenfalls«, sagte Kerstin Holm, »daß uns sehr viel verborgen bleibt.«
»Wir können ja so verfahren«, sagte Hultin versöhnlich, »daß du, Kerstin, dir die amerikanischen Opfer besonders vornimmst; eine eingehende Analyse, wer sie eigentlich waren, was das FBI über sie sagt und ob es irgendeine Verbindung zwischen ihnen gibt, außerdem zwischen ihnen und dem Schritt herüber nach Schweden. Sieh nach, ob du aus deiner Perspektive etwas finden kannst, was dem FBI mit seiner Perspektive entgangen sein kann. Eine harte Nuß, aber du hast selbst Schuld.«
Hultin raffte seine Papiere zusammen und wirkte einen Moment lang ebenso durcheinander wie diese. Dann riß er sich zusammen: »Eigentlich sollte diese Besprechung Jorge vorbehalten sein, der die ganze Nacht im Internet gesurft ist.«
Chavez saß in einer Ecke und sah vollkommen erledigt aus. Für jemanden, der viel Zeit im Internet mit all seinen virtuellen Querverbindungen verbrachte, war die Paranoia immer eine Verlockung, und es hatte den Anschein, als gelte dies jetzt auch für ihn. Doch er war auch sehr, sehr müde.
»Ja«, sagte er. »Ich weiß nicht, ob wir jetzt noch soviel mehr hören können. Ich habe auf jeden Fall mehrere Stunden mit etwas gechattet, was gut versteckt im Netz liegt, nämlich FASK, Fans of American Serial Killers, einer lichtscheuen Organisation, bei der sich einzuloggen nicht ganz einfach und, wie ich gestehen muß, auch nicht eben billig war. Der Kentuckymörder läuft dort ganz einfach unter der Bezeichnung K und ist für die Wahnsinnigen im FASK ein großer Held. Sie wußten, daß K wieder getötet hat, aber soweit ich beurteilen konnte, nicht, daß er nach Schweden gegangen ist, was wohl darauf schließen läßt, daß ihre Kontakte sich zum Glück nicht auf eine sonderlich hohe Ebene erstrecken.
»Ich hoffe, du hast nicht allzu viele Spuren hinterlassen, die hierherführen«, sagte Hultin, dessen Kenntnisse, was den Ringelreigen des Webs anbelangte, sich in Grenzen hielten.
»Ich war gut getarnt«, sagte Chavez lakonisch. »Sie hatten auf jeden Fall eine ganze Menge Theorien über K, die zu kennen nützlich sein kann. Die meisten waren Hirngespinste wie Kerstins und Pauls, aber es gab auch andere, besonnenere. Auch die gehen davon aus, daß es sich um eine Art Profi handelt. Ein paar glauben, es handele sich um einen hohen Militär. Hinter der Vietnameinheit Commando Cool steckte anscheinend ein geheimer Befehlshaber, der auf die eine oder andere Weise direkt dem Präsidenten unterstellt war. Seine Identität ist nicht bekannt, er war der einzige, den Larner nicht zu fassen bekam, aber in diesen Kreisen läuft er unter dem Namen Balls; sie haben offenbar nie den Rosaroten Panther gesehen. Das Gerücht besagt, dieser Balls habe die berüchtigte Stimmbandzange selbst erfunden und später eine zentrale Position im Pentagon bekleidet. Lamers Verdächtigter, der mit dem Countrysänger–Namen, der sich totgefahren hat...«
»Wayne Jennings«, sagte Hultin.
»Danke. Er war FASK zufolge nur Balls' Handlanger. Die wirklich wichtigen Operationen in Vietnam wurden unter Balls' persönlicher Leitung durchgeführt. Wiederum laut FASK. Sie sind auch davon überzeugt, daß Balls K ist. Er ist vermutlich jetzt General. Dem Fanklub der Serienmörder zufolge hörte er auf zu morden, als er nach Washington versetzt wurde und Vietnam ihm nicht mehr im Blut saß, und fing wieder an, als er pensioniert wurde. Die Argumentation ist ziemlich kohärent, finde ich.«
»Aber es ist ja kaum dein Balls, der hergekommen ist«, sagte Hultin. »Er ist mit dem Paß eines Zweiunddreißigjährigen gereist.«
Chavez nickte mit soviel Eifer, wie seine Müdigkeit zuließ. »Genau. Das relativiert die Argumentation des FBI ein wenig. Die ganze Theorie, daß der Kentuckymörder nach Schweden gekommen ist, steht eigentlich
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