Böses Blut
Besitzer rief verspätet die Polizei an, was zur Folge hatte, daß er selbst eine Anzeige erhielt. Ein anderer nicht identifizierter Amerikaner war dabei beobachtet worden, wie er auf Narvavägen Haschisch verkaufte; vermutlich hatte er einen schlechten Stadtplan. Ein dritter entblößte sich treuherzig im Park Tantolunden und wurde von einer Frauenfußballmannschaft aufs gröbste mißhandelt. Ein vierter bezahlte ein Folkeboot mit Tausendern, die in einem miserablen Farb–Xerox kopiert worden waren; leider war der alte Bootseigner so betrunken gewesen, daß es vierundzwanzig Stunden dauerte, bis er es merkte, und da hatte der Amerikaner schon das unwahrscheinliche Kunststück fertiggebracht, das Folkeboot in ein Schaufenster in Vaxholm zu fahren.
So ging es weiter. Alles uninteressant.
Chavez wurde immer virtueller, Söderstedt fuhr persönlich in seinem Audi herum und überprüfte Amerikaner, die in Schlössern und Hundehütten abgestiegen waren, und Hultin saß in langen, chaotischen Krisensitzungen mit Mörner und dem Reichspolizeichef; er machte sich einen Spaß daraus, sich vorzustellen, welche Knüppel der junge Kommunist Mörner dem KGB zwischen die Beine geworfen haben mochte.
Kerstin Holm arbeitete intensiv mit dem FBI–Material, aber die Beschreibungen der Opfer aus den siebziger Jahren waren bedenklich verblaßt, und die KGB–Hypothese kühlte spürbar ab. Mit gewissem Interesse registrierte sie, daß Hjelm ein wenig häufiger als üblich in ihrem Zimmer war. Sie argumentierten hin und her, kamen aber nicht weiter, als sie in einer einzigen assoziativen Minute gewesen waren, in der sie sich gegenseitig zu einer gemeinsamen Hypothese verstiegen hatten, an die eigentlich niemand glaubte. In Ermangelung des virtuellen Zimmergenossen wandte Hjelm sich an Kerstin, und er wunderte sich ein wenig darüber, daß ausgerechnet die Tatsache, daß es ihm und Cilla besserging als seit langem, ihn dazu veranlaßte, sich Kerstin wieder zu nähern. Er wollte sie so vieles fragen, aber es wurden nur indirekte Andeutungen. Beispielsweise als er das Band von den Interviews mit Lars–Erik Hassels beiden Exfrauen abspielte. Zuerst die erste Exfrau:
»Sie waren also während der politischeren Periode zusammen, nicht wahr?«
»Politisch... ja...«
»Er engagierte sich doch stark für die Schwachen in der Gesellschaft ...«
»Ja ... ich weiß nicht...«
»Ein starkes, echtes Engagement.«
»Ja ... doch ... naja ... Worauf wollen Sie hinaus?«
»Und dann das literarische Engagement. Unglaublich stark.«
»Sind Sie jetzt ironisch?«
Eine Katastrophe, und er kassierte auch einen frostigen Seitenblick von Kerstin. Dann spulte er das Band vor zu der zweiten Exfrau, dem jungen Mädchen, das Hassel verlassen hatte, bevor er seinen zweiten Sohn hatte sehen können.
»Hat er seinen Sohn seitdem sehen können?«
»Ja ... doch ... naja ...«
»Hat er ihn überhaupt je gesehen?«
»Das kann man vielleicht nicht sagen. Ich bin nicht hundertprozentig sicher, ob er wußte, daß er existierte.«
Vorspulen, dann zurück zur ersten.
»Hatte er Feinde?«
»Naja, Feinde und Feinde. Man kann nicht Kritiker sein, ohne sich den Haß anderer Leute zuzuziehen. Ist doch klar.«
»Denken Sie an jemand Bestimmtes?«
»Durch die Jahre sind es so zwei, drei gewesen. Und jetzt in der letzten Zeit bekam er anscheinend von einem dieser Idioten einen ununterbrochenen Strom von Haß–E–Mails.«
»Haß–E–Mails?«
»Haßbriefe per E–Mail.«
»Woher wissen Sie das? Haben Sie sich immer noch getroffen?«
»Laban hat es erzählt. Sie treffen sich einmal im Monat.«
»Ihr Sohn?«
»Ja. Irgendein Verrückter schickt ihm E–Mails. Mehr weiß ich auch nicht.«
Und wieder vorspulen bis zu dem jungen Mädchen.
»Wie alt ist Ihr Sohn jetzt?«
»Sechs. Er heißt Conny.«
»Warum haben Sie Hassel verlassen? Es ging ja so schnell. Er hat ja nicht einmal seinen Sohn sehen können.«
»Er hatte nicht den geringsten Wunsch, ihn zu sehen. Die Fruchtblase platzte, während er packte, um zur Buchmesse nach Göteborg zu fahren. Er bestellte zwei Taxis, eins nach Arlanda für sich selbst, eins zum Krankenhaus für mich. Galant, nicht wahr? Dann bumste er wie ein Verrückter da unten herum, während sein Sohn geboren wurde. Vielleicht hat er es noch geschafft, einen weiteren zu zeugen, bevor der andere draußen war. Ständig ein Braten im Rohr.«
»Woher wissen Sie das? Daß er in Göteborg ... sexuell so aktiv war?«
»Eine Kollegin von
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