Böses mit Bösem
lenken. Jetzt war nicht gerade die beste Zeit, in eine Polizeifahndung zu geraten. Die Straßen waren ruhig gewesen, als Emerson und ich uns unterhalten hatten, aber das würde wahrscheinlich keine Rolle spielen. Die Polizei würde jeden, der sich in der Nähe aufhielt, für alle Fälle festhalten, genau wie damals nach dem Anschlag auf Kirov. Ich hatte keine Lust, noch einmal achtundvierzig Stunden auf einer Polizeiwache zu verbringen.
Mein Mietwagen stand da, wo ich ihn zurückgelassen hatte. Als ich mich hinters Steuer setzte, klingelte mein Handy. Es war Faye, nicht Benny. Zu dieser nachtschlafenden Uhrzeit rief sie gewiss nicht zum Plaudern an.
»Sie müssen mir helfen«, sagte Faye praktisch sobald die Verbindung stand. »Jemand ist hier.«
»Wer ist da?«, fragte ich. »Ist es der Korinther?«
»Nein«, antwortete sie. »Ich erkenne niemanden. Ich glaube nicht, dass es seine Leute sind.«
»Wo befinden Sie sich?«
»In meiner Wohnung. Auf der Straßenseite gegenüber steht ein blauer Kleintransporter, in dem zwei Männer sitzen. Sie beobachten mich.«
Da ich inzwischen mehr über Fayes Vergangenheit entdeckt hatte als mir lieb war, glaubte ich ihr. Der Korinther |357| musste ihr beigebracht haben, einen Beschatter zu erkennen, und jemand, der mit ihm in einen Wagen stieg, war nicht leicht zu erschrecken.
»Sind Sie sicher, dass es nur zwei sind?«
»Mehr kann ich nicht sehen«, sagte Faye. Erfahrung hin oder her, ich hörte die Panik in ihrer Stimme. »Bitte, kommen Sie einfach her.«
»Okay, Faye, bitte machen Sie jetzt Folgendes«, sagte ich. »Erst einmal holen Sie diese Pistole, von der Sie mir erzählt haben.«
»Die habe ich schon.«
»Gut, dann rufen Sie die Polizei. Ich komme jetzt sofort zu Ihnen. Falls jemand anderes als ich oder ein Polizist mit einer gültigen Polizeimarke vor Ihrer Tür auftaucht, schießen Sie auf ihn. Haben Sie verstanden?« Stille. »Faye?«
»Okay.«
»Ich bin gleich da.«
Ich fuhr nach Queens. Ich hatte keine Zeit, zu überprüfen, ob Faye auf der Liste stand; die hatte ich in meine Hose gestopft und hoffte das Beste. Es schien mir keinen plausiblen Grund zu geben, aus dem die Ältesten hinter ihr her sein sollten, aber nichts von dem, was bisher geschehen war, ergab irgendeinen Sinn. Möglicherweise waren es Fisher-Leute, ob Fayes Name nun auf der Liste stand oder nicht. Stonebridge hatte vielleicht ein paar von seinen Jungs losgeschickt, um ein potenzielles Problem zu beseitigen.
Ich kam zu Fayes Block und ging langsam an die Sache heran. Der blaue Kleintransporter, von dem sie gesprochen hatte, parkte ihrem Haus gegenüber. Ich schaute im Vorbeifahren hinein und er war leer. Fayes Telefonnummer war besetzt. Ich sagte mir, das sei in Ordnung. Vielleicht sprach sie gerade mit dem Notruf.
Ich fand einen Parkplatz um die Ecke und ging zurück. Das Licht in Fayes Wohnzimmer war an, aber die Rollläden |358| waren heruntergelassen. Ich war der einzige Mensch auf der Straße. Hoffentlich bedeutete das, dass die Männer in dem Kleintransporter keine Unterstützung hatten.
Die Tür war wie beim letzten Mal nicht richtig eingeklinkt und ließ sich mit einem Ruck aufreißen. Im Treppenhaus war niemand. Fayes Tür war angelehnt und die Leute hier in der Gegend ließen die Tür nicht einfach zufällig offen. Ich stieß sie auf, die Waffe angelegt.
Ich bekam meinen zweiten Schock der Stunde. Faye stand mitten im Wohnzimmer. Sie hielt sich bemerkenswert gerade: Das musste an der Pistole liegen, die der Gorilla ihr in den Rücken stieß. Der Korinther stand neben den beiden wie ein Anstandswauwau. Man erwartete mich.
Faye versuchte, meinen Namen zu rufen, doch der Gorilla verschloss ihr den Mund. Ich hielt die Augen auf den Schlägertyp gerichtet und das Visier meiner Waffe auf den Kopf des Korinthers. Ich war mir nicht sicher, ob er die Kugel spüren würde, wenn ich sie ihm ins Herz schoss.
»Bewahren wir doch die Ruhe«, sagte der Korinther. »Junge Dame, mein Kollege wird in etwa fünf Sekunden seine Hand wegnehmen. Ich erwarte, dass Sie dann still sind.«
Die Hand des Gorillas löste sich und Faye hielt den Mund.
»Was zum Teufel machen Sie?«, fragte ich den Korinther.
»Einen Tauschhandel in die Wege leiten«, antwortete der. »Sie haben etwas, das ich haben möchte. Ich habe jemanden, den Sie lieber nicht sterben sehen wollen. Ich denke, wir können zu einer Übereinkunft kommen.«
»Das Einzige, was ich für Sie habe, befindet sich in dieser Pistole«,
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