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Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Titel: Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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nach Wärme suchend und mir wurde bewusst, dass ich heute Geburtstag hatte.
    Bevor ich den Wasserkessel aufsetzte, zog ich mich an. Ich wollte meinen Tee mit der Hingabe der Ostfriesen zubereiten. Es gab keinen Kuchen und auch die Kerzen fehlten. Auf das Klingeln des Telefons musste ich nicht horchen, wenn der Wasserkessel den heißen Dampf ausflötete. Die Handgriffe hatte ich eingeübt. Eineinhalb Maß aus der Teedose mit dem Löffel, von dem Anja den bitteren Saft gegen ihre Angina hatte quäkend nehmen müssen, in die vorgewärmte Teekanne. Ein Guss heißes Wasser zum Ziehen. Ich stellte die Kanne auf das Stövchen. Als ich das Teelicht anzündete, zogen meine Gedanken zum Friedhof, huschten über Gräber. Aber es waren nicht nur Anjas und Erikas Ruhestätten, die mit Immergrün bepflanzt waren, nein, auch das Grab meines Vaters, der ein miesepetriger, geiziger Kleinbürger war und sich nur selbst kannte. Daneben lag die Mutter, die ihr Leben in Hingabe erst ihm, dem beherrschenden Vater, dann mir und meinem Bruder gewidmet hatte. Sie waren vor Jahren kurz nacheinander verstorben, an Krebs.
    Mein Bruder, der seit seinen jungen Jahren nur ein Ziel gekannt hatte, die Stadt und uns so schnell wie möglich zu verlassen, fuhr als Kapitän auf einem dieser großen Tanker, legte wahrscheinlich auch in Wilhelmshaven an, besuchte mich aber nie. Ich, der Musterschüler, der die Schule ohne Schwierigkeiten nahm, war ihm suspekt. Meine Schwiegereltern, kernige, christliche, fromme Menschen, waren konservative Beamte. Sie hatten zu mir jede Beziehung abgebrochen und fanden den Frieden mit ihrer Tochter und ihrem Enkelkind im täglichen Gottesdienst. Für mich fiel da kein »Vater Unser« ab. Im Gegenteil, sie hatten sich als Nebenkläger gegen mich in den Prozess gehängt und gaben mir die Schuld am tragischen Geschehen. Ich bin mir heute noch sicher, dass ich den Köter zu Brei gerollt hätte und mein Fuß statt auf die Bremse auf das Gaspedal gedrückt hätte, wenn Erika nicht bereits am ersten Adventstag, als sie für Anja aus dem Kalender das Schokoladenstückchen genommen hatte, damit angefangen hätte, um einen Rauhaardackel zu betteln. Ihre Kindheit in dem steifen, toten Beamtenhaus, ohne Geschwister, mit den ewigen Ansprüchen nach Gradlinigkeit, dem Hin- und Herschieben der Löffel und Gabeln vor dem Tischgebet, mit dem leeren Blick nach irgendwo, hatte sie ständig dazu verdammt, sich in Selbstgesprächen mit Teddybären und Stofftieren zu unterhalten, um nach ihrer seelischen Entfaltung zu suchen. Anja und ein »Hündchen« waren zu Bestandteilen ihrer Glücksvorstellungen geworden.
    Ich löste mich von diesen Gedanken, goss das Teewasser in die Kanne, um endlich mein Geburtstagsfrühstück mit Schwarzbrot und Schinken einzunehmen. Ich kaute und fand so recht keinen Geschmack. Der Tee war gut. Er wärmte mich auf. Ich hatte zwei Möglichkeiten. Das karge Frühstück oder Wartezeiten im Lehrerzimmer abzusitzen.
    Ich stand auf. Die Post war schon da. Hatte mein Bruder vielleicht doch ...? Ich sah im Fach den Briefumschlag. Doch die Hoffnung erstarb. Der Stempel zeigte den eckigen Rathausturm unserer Stadt. Gregor hatte mir eine Karte geschickt. Ich legte das übliche Kaufhauskärtchen auf den Tisch. Wenigstens einer, dachte ich, als mich mollige Wärme umgab.
    Entschlossen schritt ich in mein Schlafzimmer, schaute angewidert auf das leere Bett und Erikas weiß bezogenes Kissen, das unberührt und ordentlich wirkte. Ich nahm das Foto von der Wand, das Erika und Anja zeigte. Den Hintergrund bildete unsere Jolle mit gerefften Segeln. Ich hastete in die Küche, stellte das Foto an die Kanne, suchte die halb abgebrannte Kerze und zündete sie an.
    Es war seltsam. Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass ich nicht mehr allein war. Ich blickte mich um. Mein Atem ging schnell, und als ich auf die Kerze schaute, überraschte mich das Flackern ihrer bläulichen Flamme. Schockartig überfiel mich die Gewissheit, dass Anja und Erika um mich waren. Ich saß starr vor dem Tisch und weinte erlöst und glücklich.
    Wie lange Erika und Anja am Geburtstagsmorgen um mich waren, kann ich heute nicht mehr sagen. Spöttern und Zweiflern – wie ich vermutete, gehörte auch Gregor zu ihnen – kann ich nur entgegenhalten, dass ich mich als Sportlehrer fit und gesund fühlte, fieberfrei war und als Mathematiklehrer über genügend logische Grundlagen verfügte. Was andere erleben, geht mich nichts an. Ich kann nur sagen, dass es so und nicht

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