Bold, Emely
Grelle Blitze zuckten über den Himmel und der auffrischende Wind wirbelte Sand und Staub durch die Luft. Das Blaulicht der Streifenwaagen wirkte gespenstisch in diesem unheilvollen Zwielicht.
„Was kann ich denn tun, dass du mir glaubst? Du musst mir vertrauen! Ich liebe dich und werde dich mit meinem Leben verteidigen!“, rief Payton.
„Ich glaube nicht, dass ich dir jemals wieder vertrauen kann. Dafür ist es zu spät.“
Hatte ich wirklich jemals an ihm gezweifelt? Hatte ich nicht in Wahrheit immer seinen Worten Glauben geschenkt?
Als geisterhafte Erscheinung zeichnete sich Vanoras Antlitz am mittlerweile nachtschwarzen Himmel ab. Es herrschte vollkommene Stille - wie im Auge eines Tornados. Die Welt schien aufgehört zu haben sich zu drehen: Alle waren erstarrt, ihre Blicke einzig auf die Erscheinung am Himmel gerichtet. Wie der durchdringende Klang eines Dudelsacks, erreichte jedes von Vanoras Worte unser Innerstes, verschmolz mit unserem Blut, fand seinen Weg in unsere Seele und durchdrang unsere Herzen:
„Die Kraft eines Fluches mag sich niemals wandeln, doch sollte das Schicksal sich fügen und die Bestimmung erfüllt werden, können alle Kräfte der Natur sich vereinigen und die verfluchten Herzen endlich freigeben. Dieses Opfer der Liebe und das Erbitten der Vergebung sind der Schlüssel. Die Teufel in euren Herzen sind verschwunden und ihr böses Gift durchzieht nicht länger euer Blut. Ich gebe eure Seelen frei, mögen sie nun das alte Leben hinter sich lassen.“
Mit einem letzten Blitz brach die Realität über uns herein. Nichts zeugte mehr von den Geschehnissen dieses Moments. Einzig der scharfe Geruch nach Ozon war Beweis dessen, was sich hier eben zugetragen hatte. Ohne Vorwarnung lief die Zeit weiter. Es blieb keine Möglichkeit, über das Geschehene nachzudenken. Was war es gewesen? Was hatte es zu bedeuten und am Wichtigsten: Was hatte es für Folgen?
Sean packte Nathaira und die beiden fielen kämpfend zu Boden. Das Blut aus meiner Wunde machte meinen Arm rutschig, immer weiter entglitt ich Paytons Griff. In der ganzen Zeit hielt sein Blick mich gefangen, versicherte mir, dass alles gut werden würde. Da war eine Wahrheit in seinen Augen, die sagte, dass er mich niemals verlassen würde, dass er mich halten würde, bis zum Schluss. Doch nun schwand seine Kraft, sein eigenes Blut bildete zu seinen Füßen bereits eine deutliche Lache und ihm stand der Schweiß auf der Stirn. Ich konnte eines sehen:
Angst! Payton hatte Angst!
Dessen Welt war vollkommen aus dem Gleichgewicht geraten, als Nathaira so unerwartet angegriffen hatte. Erst ihre schrecklichen Offenbarungen, die nicht nur ihn, sondern auch seine Brüder geschockt hatten. Bereits da musste der Fluch fast vollständig seine Wirkung verloren haben. Denn der Schmerz um den hinterhältigen Mord an Kyle und Nathairas Schuld an den schrecklichen Ereignissen, raubte ihnen allen den Atem. Er fühlte sich so schwach wie ein Kind und konnte seinen Körper kaum unter Kontrolle halten. Cathal schien es ebenso zu ergehen. Der gestählte Krieger sank kraftlos zu Boden und weinte in seine Hände. Die wenigen Worte seiner geliebten Schwester hatten aus ihm einen gebrochenen Mann gemacht. Nach dieser langen Zeit nun mit so starken Gefühlen konfrontiert zu werden, war für Cathal zu viel. Doch Paytons Aufmerksamkeit wurde jäh auf Nathaira gerichtet, als diese ihren Dolch hob und auf Samantha losging. Er hatte sich selbst einen heiligen Eid geleistet! Er würde dieses besondere Mädchen mit seinem Leben beschützen. Nun musste er beinahe hilflos zusehen, wie sie angegriffen wurde. Unter Aufbietung all seiner Kraft setzte er Nathaira nach. Bekam ihr Haar zu fassen und riss sie von der Frau, die er liebte, zurück. Was dann geschah, hatte er einfach nicht vorhersehen können: Samantha stürzte über die Brüstung. Im letzten Moment bekam er sie zu fassen. Klammerte sich an sie, als sei sie das Leben selbst und schwor sich, nicht noch einmal eine Frau in die Tiefe stürzen zu lassen. Diese Wiederholung der Ereignisse, der gleiche verzweifelte Blick in denselben Augen wie damals, den wunderschönen Augen einer Cameron – sollte das seine Bestimmung sein?
Er war so in diesem Albtraum gefangen, so darauf konzentriert, Sam zu halten, dass er Nathaira beinahe vergessen hatte. Er nahm ihre Bewegung nur aus dem Augenwinkel wahr, doch er kannte ihre Absicht. Sah die Klinge kommen und wusste, was er zu tun hatte: Er würde Sam
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