Bombenbrut
So wie sie heute ist, wurde sie erst neben Matthias. Ich habe sie vernachlässigt, er hat ihr den Hof gemacht, und nachdem er sie hatte, ging er nur noch seine eigenen Wege. Manchmal dachte ich, er wollte sie mir einfach nur ausspannen, jetzt glaube ich, er dachte, sie hätte ihm nur ein Kuckucksei untergeschoben. Hätte ich mich damals um Verena gekümmert wie es sich gehört, wäre ich mit ihr und Markus heute eine glückliche Familie. Aber ich wollte ja nur eins: The big eye!«
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Parallel zum Airbus der Swissair fliegt ein weißer Learjet von Ho-Chi-Minh-Stadt nach Zürich. Außer dem Flugpersonal sitzen darin nur zwei Fluggäste: Joseph Brodsky und Dr. Holger Stocks.
Björn Otto hat den Herren den Jet gechartert. Er kann sich großzügig zeigen. Seine Geschäfte laufen gut. Er ist mit dem Verkauf dieser ZAS-Patente gut gefahren. Die Chinesen sind bekannt für pünktliche Bezahlung und dank Stocks ist er auch in den Russland-Deal involviert. Sie werden die Patente, mit der offiziellen Zustimmung der amerikanischen Regierung, dem russischen Militär liefern. Stengele braucht er dazu nicht mehr, die Amerikaner haben seine Berechnungen längst geknackt und weiter entwickelt.
Stocks hat die Erlaubnis, direkt mit den Ingenieuren auf Mauna Kea Kontakt aufzunehmen, er wird seine Beziehungen nach Moskau aktivieren. Damit hat er sich mit seiner Firma als Arms-Dealer international etabliert. Die einzige Branche, die weltweit, trotz Wirtschaftskrise, boomt. In Südostasien sitzt er dafür strategisch genau am richtigen Ort. Der Rüstungswettlauf hat eine neue Dimension erreicht, Waffen aus Deutschland sind begehrt. Vor allem extrem teure Kampfflugzeuge und U-Boote mit raffinierten Zusatzausstattungen ›Made in Germany‹ sind gefragt.
Der Learjet mit Brodsky und Stocks an Bord fliegt über Pakistan, Afghanistan und nördlich am Iran vorbei. Kluge schaut aus dem Fenster und weiß, die Kriegsgebiete unter ihnen verlangen ständig nach neuen Waffen. Sorglos lehnt er sich in seinen Sessel zurück.
Joseph Brodsky greift in die Tasche seines Jacketts und legt seinen Reisepass der Bundesrepublik Deutschland und eine kleine, digitale Filmkassette auf den Tisch.
Den Reisepass verstaut er in einer Mappe. »Für unser Archiv«, erklärt er vergnügt. Die Filmkassette schiebt er Stocks über den Tisch: »Für Ihr Archiv: Schöne Aufnahmen von Ihnen und Herrn Schwanke in Zürich«, belustigt er sich.
Stocks begreift nicht, er starrt irritiert auf die Kassette.
»Sie tranken gewiss einen trockenen Champagner auf der Terrasse dieses wunderschönen Hotels in Zürich. Er muss geschmeckt haben, nachdem Schwanke Ihnen einen so wertvollen Koffer ausgehändigt hatte?«
Stocks staunt: »Warum wertvoller Koffer? Verstehe ich nicht.«
»Nun, zuvor sieht man Schwanke mit seiner Ines in eine Bank marschieren, dann mit dem Koffer zu Ihnen. Ich denke, Schokolade hat er bei der UBS nicht geholt?«
Stocks wirkt plötzlich völlig verwirrt und lächelt verlegen.
»Gute Arbeit, hat ein unbedeutender Journalist aufgezeichnet, wir haben ihm das Filmchen abgenommen«, freut sich Brodsky über sein Geschenk und legt die Kassette endgültig in Stocks Hand, »genauer gesagt der BND.«
»Werde ich mir zu Hause in Ruhe anschauen, aber ich verstehe immer noch nicht ganz?«
»Unberechtigte Aufnahmen privater Personen, dachte sich der BND sicher, deshalb haben seine Mitarbeiter den Film kassiert«, lächelt Brodsky nach wie vor jovial, »wir mussten einige Teile löschen, ich wollte Ihnen nur Ihren kleinen Anteil als Darsteller zukommen lassen.«
»Ich bin Ihnen und Ihrem Staat Israel zu Dank verpflichtet.«
»Ich bitte Sie, Sie haben uns über die ersten Verhandlungen dieses Herrn Matthias Kluge mit dem Iran informiert, dafür haben wir Ihnen zu danken. Wir mussten dieses Geschäft verhindern. Ich weiß, Sie haben dafür Verständnis.«
»Auf jeden Fall! Bei allen unseren Geschäften – und das versichere ich Ihnen – geht die Sicherheit des Staates Israel vor, das ist doch ganz selbstverständlich. Ich hoffe, dass Ihr Land bei anderen Geschäften dafür hin und wieder mal im Gegenzug auch uns unser Business betreiben lässt. Waffen beschützen unsere Freiheit, wir müssen nur dafür sorgen, dass sie immer in den richtigen Händen sind.«
Joseph Brodsky, der sich gerade aus einer kleinen Tasche einen diplomatischen Pass des Staates Israel in seine eigene Jackentasche steckt, antwortet gelassen: »Ich gebe Ihnen als Benjamin Benichou mein Wort,
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