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Bone 02 - Das Ende des Himmels

Bone 02 - Das Ende des Himmels

Titel: Bone 02 - Das Ende des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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ohne dass es mir bewusst gewesen wäre. Ich war seine Marionette. Ich dachte, er wäre Gott.
    Also wird man diese Leute wirklich auf die Oberfläche schicken? , fragte er.
    Die Antwort war im nächsten Moment auf den Wänden zu sehen. Die fanatischen Männer und Frauen lagen nun zu Tausenden am Boden gefesselt in Käfigen, die in einer riesigen Grube standen. Stolperzunge hatte einen solchen Raum schon einmal gesehen, nur dass der Boden dort mit Knochen übersät und der einzige Bewohner eine große Bestie gewesen war, die vor Einsamkeit und Hunger wahnsinnig geworden war.
    Ein Lichtblitz ließ das Publikum fluchen und jubeln. Stolperzunge wurde geblendet, und als er wieder etwas sehen konnte, waren die Fanatiker verschwunden, die Käfige leer. Die Leute schrien begeistert, sprangen auf und ab und umarmten sich. Eine tanzende Gruppe warf Stolperzunge um und zwang ihn, sich zusammenzukrümmen, um Flammenhaar vor dem Sturz zu schützen. Sie war so winzig! Er spürte Füße, die gegen seinen Rücken traten, doch dann wurde er von mehreren Händen gepackt und wieder auf die Beine gestellt. Männer schlossen ihn in die Arme und lachten, bis er mit ihnen lachte, während Indrani ein paar Schritte entfernt eine finstere Miene zog.
    »Wir haben es endlich geschafft!«, rief ein gutaussehender, aber sichtlich gealterter Weltlicher. Stolperzunge wusste nicht, ob er damit den Sieg über das Virus oder die Bestrafung der Leute meinte, denen man nun die Schuld an der Krise gab.
    »Weswegen ist deine Frau so schlecht gelaunt?«, fragte jemand, eine Religiöse, die versucht hatte, Flammenhaar einen Kuss zu geben, aber im Gedränge nicht nahe genug an das Kind herangekommen war.
    »Bauchschmerzen«, antwortete er.
    Sie lachte. Ihre Kapuze fiel herunter, und darunter kamen blitzende Augen zum Vorschein. Eine nette Frau, aber schon so gut wie tot.
    »Was ist los?«, fragte sie. »Hast auch du Bauchschmerzen?«
    Niemand brachte die nötige Energie auf, für längere Zeit zu jubeln. Nach einigen Hundert Herzschlägen setzten sich alle wieder auf den Boden und erzählten sich gegenseitig, dass sie bald in die gesäuberten Bereiche zurückkehren würden. Dann konnte es nicht mehr lange dauern, bis jeder wieder eine eigene Wohnung hatte – wie in den alten Zeiten, als das Obergeschoss noch gar nicht überfüllt gewesen war, aber das Dach bereits mit dem Bau eines kompletten neuen Stockwerks begonnen hatte.
    »He!«, rief jemand. »Sie sind angekommen! Die Kommission lässt die Verräter von einer Sphäre beobachten!«
    Schweigen legte sich über den Platz, als sich immer mehr Menschen – selbst die Religiösen, die eigentlich über solche Dinge erhaben sein sollten – in die Bilder und anderen Sinnesempfindungen einloggten, die von der Sphäre übertragen wurden.
    Stolperzunge wusste auch so, was in diesem Moment vor sich ging. Während die »Verräter« noch schliefen, wurden ihre Körper in den leeren Gebäuden an irgendeiner Straße verteilt. Hungrige Bestien würden ihre Ankunft bemerken und sich auf den Weg machen, um von diesem neuen, bislang unbekannten Fleisch zu kosten.
    Wenn deine Welt endet, müssen wir heimkehren , sendete er an Indrani. Wir könnten eine Sphäre stehlen oder zu einer Stelle gehen, wo das Land das Dach berührt. Zu … zu dem …
    Zum Berg , sagte sie.
    Ja, zum Berg! Du kannst die Dachbewohner nicht retten, und das tut mir wirklich sehr, sehr leid. Aber unser Stamm hat noch eine Überlebenschance. Wenn wir vor Anbruch der Dunkelheit zurückkehren können …
    Sie starrte immer noch auf die Bilder der leeren Käfige an den Wänden. Schließlich sagte sie: Kannst du im Dunkeln sehen, Stolperzunge?
    Was meinst du damit?
    Ich meine, woher soll das Licht kommen, wenn das Dach ausfällt und schwarz wird? Wie sollen die Bäume wachsen, die euch mit Feuerholz versorgen? Woher soll neues Fleisch kommen, nachdem ihr alle Bestien auf der Oberfläche gegessen habt – oder nachdem sie euch gegessen haben? Denn wenn das Dach stirbt, wird es bald keine mehr geben.
    Wir nehmen Saatgut mit, bevor wir zurückkehren. Du hast selbst gesagt …
    Du hörst mir nicht zu, Stolperzunge. Pflanzen brauchen Licht zum Wachsen, und dort unten wird es dann kein Licht mehr geben. Nie mehr.
    »Was …?« Er sollte nicht laut sprechen, also schloss er den Mund und dachte: Was können wir tun?
    Es wird dir nicht gefallen , hörte er ihre Antwort. Ich kenne dich. Mir gefällt es auch nicht, aber wir haben keine andere Wahl.
    Im realen Leben

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