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Bone 02 - Das Ende des Himmels

Bone 02 - Das Ende des Himmels

Titel: Bone 02 - Das Ende des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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mir«, sagte er, und im nächsten Augenblick zerstreuten sie sich und verschwanden in der Menge. Alle bis auf einen. Dieser Junge – er konnte nur ein Kind sein, auch wenn er nicht jünger als Stolperzunge aussah – wich nicht von der Stelle. Er hatte einen kleinen Haarstreifen auf der Oberlippe. Sein langes, schmales Gesicht hatte etwas Stilles, das ihm irgendwie … unwirklich vorkam.
    Doch dann, als Stolperzunge bereits glaubte, sich daran gewöhnt zu haben, wurde er wieder vom Lärm überwältigt. Er fiel erneut auf die Knie und musste die Augen mit den Armen schützen.
    Ich muss hier weg , dachte er. Bevor Dharam zurückkehrt. Ich muss es für Indrani tun. Los! Steh auf …
    Aus nächster Nähe sprach ihn eine Stimme an.
    »Darf ich dir aufhelfen, Häuptling?«
    Stolperzunge lugte durch die Finger und erkannte den Jungen, den er kurz zuvor gesehen hatte. Er schien kaum alt genug sein, um jagen zu können, und wirkte stark unterernährt. Ich tue ihm leid! , dachte Stolperzunge. Das trieb ihn dazu an, wieder Mut zu fassen und sich zu erheben.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte der Junge.
    »Ich suche nach Indrani. Weißt du, wo sie ist?«
    »Nein«, lautete die Antwort. Trotzdem führte er Stolperzunge durch die Menge davon, die ihnen bereitwillig Platz machte.
    »Wohin bringst du mich?«
    »Irgendwohin, wo es … ruhig ist. Ich heiße übrigens Hiresh.«
    »Mein Name …«
    Der Junge lachte. »Ach, ich weiß doch längst, wer du bist. Ich glaube, jeder hier weiß es, vielleicht mit Ausnahme einiger extrem Religiöser. Sie würden sich solche Sachen nicht ansehen. Komm!«
    Wo es ruhig war. »Danke, vielen Dank«, sagte Stolperzunge. Die Erleichterung war wunderbar, aber schon bald schämte sich der Jäger dafür, auf diese Weise geführt zu werden. Er befreite sich, damit er allein gehen konnte. Er blendete seinen grollenden Magen aus und stellte fest, dass er sich leichter bewegen konnte, wenn er sich auf den Rücken seines Retters konzentrierte. Doch es war keine leichte Aufgabe. Der Junge schien jederzeit genau zu wissen, wo sich Lücken in der Menge öffnen würden, und er schlüpfte genauso selbstverständlich hindurch, wie Stolperzunge den Mittelplatz seiner Heimat überquert hätte. Der Vorteil des Jägers bestand darin, dass er sich durch seine bloße Anwesenheit Freiraum verschaffte. Manchmal trotteten junge Männer oder Frauen eine Weile neben ihm her und stellten ihm eigenartige Fragen über das Töten. Der Gestank ihrer Körper, ihre bloßen oder von Lumpen umwickelten Füße, ihre plappernden Stimmen – all das drohte ihn von seinem neuen Freund zu trennen. Doch in der Menge, die sich für ihn teilte, wurden auch die Fragesteller beiseitegedrängt, sodass er und Hiresh bald einen Korridor erreicht hatten, in dem sie fast allein waren. Hier gab es nur ein paar Männer und Frauen, die an den Wänden lagen und schliefen.
    Sie schienen sehr lange zu gehen. Die Formen und Größen der Durchgänge änderten sich ständig. Jeder kleine Bereich schien in einem eigenen Stil dekoriert zu sein. Aber er zwang sich, die Dinge nicht allzu genau zu betrachten. Das alles war viel zu irritierend, manchmal sogar Übelkeit erregend. Botschaften, die zu »Stille« und »gutem Verhalten« aufforderten. Das Versprechen von »Status« oder anderen Belohnungen, wenn man etwas meldete. Visionen von glücklichen Männern und Frauen, die die Früchte der »Folgsamkeit« genossen.
    Schließlich kamen sie in einen Korridor, der so schmal war und in dem so viele Menschen an den Wänden lagen, dass sie über Arme und Beine hinwegsteigen mussten. Ein paarmal trat der Jäger mit seinen unerfahrenen Füßen auf jemanden. Doch die Leute blickten kaum zu ihm auf. Sie schienen mit ihren Gedanken ganz woanders zu sein.
    »Warum wachen sie nicht auf?«, flüsterte er.
    »Weil sie träumen«, sagte Hiresh.
    »Sind sie … geht es ihnen gut?«
    Hiresh lachte. »Sie lieben es! Sie surfen sich durch große Abenteuer. Sie stopfen sich die Gesichter voll. Du weißt schon.«
    Stolperzunge wusste es nicht.
    Sie blieben neben einem Baum mit abgebrochenen Ästen stehen. Die wandernden Bilder an den Wänden funktionierten hier nicht so gut, und die Farben wirkten blasser.
    »So«, sagte der Junge. »Hier wohne ich.«
    »Gut.« Stolperzunge ließ sich neben einigen Träumern auf den Boden fallen. Hiresh gab ein keuchendes Geräusch von sich, und der Jäger brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass er lachte.
    »Pass auf«, sagte der Junge und

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