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Bonita Avenue (German Edition)

Bonita Avenue (German Edition)

Titel: Bonita Avenue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Buwalda
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Infusionsflasche neben deinem Heiabettchen, dann eine Tablette, die wie eine Kirche deine Straße überragt. Unbeherrscht raste ich in Richtung Maastricht, mit Absicht rücksichtslos, wie ein Kieferchirurg über dem Lenkrad hängend, ich bremste spät und abrupt, klebte an jeder Stoßstange, die mir vor Augen kam. Wenn Aaron die Klimaanlage eine Stufe höher stellte, stellte ich sie eine Stufe tiefer. Schweigend rumpelten wir über die schlaglöchrigen Straßen Belgiens, mein Groll waberte wie Senfgas um uns herum. Draußen husteten Fabrikanlagen alles erstickende Gummiwolken in den Junihimmel, unter unseren Reifen zerbarst der Asphalt. Wir hassten einander. Um ihn zu bestrafen, mied ich mautpflichtige Straßen, holperte mit neunzig Sachen über ausgedörrten Provinzasphalt – was zur Folge hatte, dass wir in einem zappendusteren Scheißdorf landeten und in getrennten Scheißbetten in einem von Schmeißfliegen nur so wimmelnden Scheißhotel übernachten mussten. Am nächsten Tag legten wir in einem mürrischen Rutsch das letzte Stück bis Sainte Maxime zurück, wo die Barbara Ann im glitzernden Hafen lag und wie ein Hund, der ganz genau weiß, dass mit Herrchen und Frauchen irgendwas nicht stimmt, mit dem Schwanz wedelte. Wir liefen aus, fuhren, der felsigen Küstenlinie folgend, an Cannes, Antibes und Monaco vorbei und gingen in San Remo brüsk vor Anker, wo wir mit langen Gesichtern eine Pizza aßen und die Treibstofftanks füllten.
    Erst auf offener See Richtung Korsika entspannte es sich. Aaron spürte wohl, dass er am Zug war. Ich lag im Whirlpool auf dem Vordeck und beobachtete ihn durch meine Sonnenbrille, er stand am Ruder, die Hände auf dem Steuerrad aus Kirschbaumholz, das eigentlich für Segelboote gedacht, von Palmer Johnson auf meinen Wunsch aber extra eingebaut worden war. «Wie war das Begräbnis?», rief er; ich tat, als hätte ich ihn nicht gehört. Nach fünf Minuten stieg ich aus dem Pool, ging, auf mein Gleichgewicht bedacht, ums Kommandodeck herum, weiter durch den sich neigenden Salon, zog im Schlafzimmer einen anderen Bikini an und stieg wieder nach oben. «Beschissen natürlich», rief ich ihm ins Ohr.
    Als er mir eine Stunde später wegen Ennio sein Beileid aussprach, rastete ich aus. Verbissen hielt ich ihm vor, wie unglaublich wütend er mich gemacht hatte mit seiner Eifersucht, mit seiner Grobheit, seinem krankhaften Verhalten – ja, ja, das verstehe er schon. Und um zu testen, ob er das, was er sagte, auch ernst meinte, erzählte ich ihm sofort, dass ich im August bei McKinsey im Silicon Valley anfangen könne. «Hat dieser Stol dich angerufen?» Ich antwortete, ich sei kurz vor unserer Abfahrt mit Boudewijn reiten gewesen, und mit Brigitte natürlich, fügte ich rasch hinzu, und weil er auf diese Nachricht sehr viel vernünftiger reagierte, als ich es für möglich gehalten hätte, holte ich eine Flasche Weißwein aus dem Salon.
    «Und? Wie es wohl war in Wassenaar?»
    «Das reimt sich.»
    «Ich weiß.»
    Um ihn zu schonen, betonte ich die seltsame Atmosphäre dort in den Dünen. Es war sehr speziell. In aller Frühe hatte ich den Zug genommen und war dann mit dem Taxi zum Reiterhof Black Beauty gefahren. Nach einem Tomaten-Mozzarella-Brötchen an der Bar waren wir zu dritt an die Küste geritten, und bereits während dieses kurzen Ritts zeigte sich, dass Boudewijn ein schlechterer Reiter war als Brigitte und ich: Ein strammer, spontaner Galopp am Scheveningener Strand entlang, und wir hatten ihn verloren, zehn Minuten Warten, doch immer noch kein Boudewijn. «Der kommt schon alleine klar», sagte Brigitte. Als wir am frühen Abend zum Reiterhof zurückkehrten, hörten wir, dass er bereits vor Stunden seine Stute zurückgebracht hatte. Nach Auskunft des Mannes, der unsere Pferde abduschte, war «Herr Boudewijn» beim Hochreiten auf eine Düne aus dem Sattel gestürzt und hatte sich im günstigsten Fall nur den Knöchel verstaucht.
    Zum ersten Mal in dieser Woche lachte Aaron. «Anstatt sofort in ihren Aston Martin zu springen», sagte ich, «oder wenigstens kurz zu Hause anzurufen, machte Brigitte mit mir einen ausführlichen Rundgang über den Reiterhof.»
    Gut eine Stunde später, wir waren bereits mit ihrem Sportwagen auf dem Weg nach Wassenaar, sah sie mich plötzlich besorgt an. «Wie ist er eigentlich nach Hause gekommen?» Das Ehepaar wohnte in einer zementgrauen Villa, die von innen wie ein Jukebox-Museum aussah. «Hast du etwa noch nicht angefangen zu kochen?», fragte

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