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Bookman - Das ewige Empire 1

Bookman - Das ewige Empire 1

Titel: Bookman - Das ewige Empire 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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an der Haustür klopfte und von
draußen laute Rufe zu hören waren. Als Wilde, der den Dienstboten aus
bestimmten Gründen für den Abend freigegeben hatte, zur Tür ging, um
nachzusehen, was dieser Tumult zu bedeuten habe, fand er sich mehreren als
Clowns verkleideten Männern gegenüber, die ihn mit Limericks von Edward Lear
bombardierten und im Kreis um ihn herumtanzten, bis ihm seiner eigenen Aussage
zufolge der Kopf schwirrte. So schnell, wie sie gekommen waren, verschwanden
die Terroristen dann auch wieder, sodass es der Polizei, die bereits zum Tatort
unterwegs war, nicht gelang, ihrer habhaft zu werden. In seiner Aussage gab der
verwirrt wirkende Wilde an, der Titel seines neuen Stückes heiße Irgendetwas … irgendwas … sein ist alles , aber er könne
sich beim besten Willen nicht mehr erinnern, worum es sich bei diesem Irgendetwas handle. ›Wie lange sollen diese Terrorakte noch
andauern?‹, fragte Wilde und forderte den Premierminister zum Rücktritt auf.
›Das kann doch nicht so weitergehen‹, fuhr er fort, ›das schlägt allem, wofür
unser Land steht, ins Gesicht.‹ Premierminister Moriarty stand leider nicht für
einen Kommentar zur Verfügung.«
    Als Orphan zu Ende gelesen hatte, kicherte Gilgamesch. »War Wilde
wirklich mit einem ›Werk von eminenter Bedeutung‹beschäftigt?«,
sagte er. »Oder eher mit dem jungen Alfred Douglas? Ich glaube, diese Leute aus
Porlock haben da nur ihre Zeit verschwendet. Aber darüber weißt du wohl nichts,
wie?«
    Orphan wandte den Blick ab und schwieg. Gilgamesch kicherte von
Neuem. Nachdem er einen weiteren Schluck Wein getrunken hatte, fragte er: »Was
gibt es sonst noch Neues?«
    Â»Morgen bei Einbruch der Dunkelheit soll die Marssonde auf den Weg
gebracht werden«, berichtete Orphan, »in Anwesenheit von Moriarty. Die Sonde
wird eine Edison-Platte mit dem Gesang von Vögeln und Walen sowie einen kleinen
Band mit den Sonetten aus dem Portugiesischen von
Elizabeth Barrett Browning mitnehmen.«
    Gilgamesch nickte zustimmend. »Lucy wird auch dabei sein«, fuhr
Orphan fort. »In den letzten zwei Monaten hat sie den Gesang der Wale
aufgenommen, außerdem wurde sie dazu ausersehen, bei der Feierlichkeit die
Platte und das Buch in die Sonde zu legen.« Grinsend versuchte er, sich die
Szene auszumalen. Vielleicht war sogar die Königin anwesend!
    Â»Es lohnt sich, den Walen zuzuhören«, stellte Gilgamesch
augenzwinkernd fest. »Bitte lies weiter vor.«
    Orphan gehorchte. »Aufgrund des Verdachts von Verunreinigung wurde
am Dienstag eine Frischfliegenlieferung für die Königin beschlagnahmt. Für die
kommende Woche wurden die meisten ihrer öffentlichen Auftritte abgesagt. Das
Byron-Simulacrum hat in der Royal Society Gedichte rezitiert …« Orphan
blätterte um. »Oh, und es gibt Gerüchte, dass der Bookman wieder in der Stadt
sei.«
    Der neben ihm sitzende Gilgamesch war sehr still geworden.
»Behauptet wer?«, fragte er leise.
    Â»Ein ungenannter Informant bei der Metropolitan Police«, erwiderte
Orphan. »Wieso?«
    Gilgamesch schüttelte den Kopf. »Niemand weiß, wo der Bookman
zuschlagen wird. Es sei denn, er gibt es bekannt, weil er seine Gründe dafür
hat.«
    Â»Das verstehe ich nicht ganz«, meinte Orphan. »Warum sollte er das
tun?«
    Â»Vielleicht als Warnung für sein nächstes Opfer«, sagte Gilgamesch.
    Â»Der Bookman ist doch nur ein Mythos«, erwiderte Orphan, was
Gilgamesch mit einem Lächeln quittierte.
    Â»Ein Mythos«, gab der alte Mann zurück. »Ach, Orphan, wir leben in
einer Zeit der Mythen. Sie sind wie seidene Fäden aus der Vergangenheit in die
Gegenwart gewoben, wie ein Drahtgeflecht aus der Zukunft, und bilden ein
zusammenhängendes Muster, eine großangelegte Konstruktion mit sich
wiederholenden Motiven. Unterschätze mir den Mythos nicht, mein Junge. Vor
allem aber unterschätze den Bookman nicht.« Daraufhin berührte er seine blinden
Augen mit den Fingern und bedeckte das Gesicht mit den Händen. Orphan wurde
klar, dass der alte Mann an diesem Abend nichts mehr sagen würde.
    Und so ließ er ihn am Ufer zurück – einen alten Mann, der
vornübergebeugt dasaß, reglos wie die Statue eines Denkers. Orphan sollte ihn
niemals lebend wiedersehen.
    Wer aber war Orphan, und wie war es dazu gekommen, dass er
in dieser

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