Bordeuax
sehen, wie es bei Catherine lief. Sie hatte gerade
den Hörer aufgelegt.
»Und? Wie war's?«, fragte ich.
»Sehr merkwürdig. Sie war die
Freundlichkeit in Person. Als hätten wir uns nie gestritten.«
»Ist doch schön, oder?«
»Zu schön, um wahr zu sein«, sagte
Catherine. »Sie hat sich nach der Wohnung erkundigt, wie ich sie gestrichen
hätte, welche Farben. Sie hat gefragt, was ich so mache, ob Kinder geplant
wären. Sie hat sogar gefragt, was du so treibst.«
»Was hast du ihr geantwortet?«,
fragte ich.
»Ich habe ihr gesagt, du würdest
eine neue Firma aufbauen, und sie meinte, dann wäre ich hoffentlich nicht zu
oft mir selbst überlassen.« Catherine schmunzelte, als sie das sagte, ein
bisschen grimmig.
Ich ging zum Kühlschrank, fand eine
Flasche Saint-Veran, machte sie auf und goss mir ein Glas ein.
»Willst du auch ein Glas?«, fragte
ich Catherine.
»Später vielleicht«, sagte sie. Das
Telefongespräch mit ihrer Mutter beschäftigte sie. »Weißt du was?«, sagte sie.
»Mummy stellte alle Fragen, die Mütter sonst normalerweise stellen. Ist das
nicht komisch? Erst spricht sie ein halbes Jahr lang nicht mit mir, und dann
erwartet sie, dass wir genau da anknüpfen, wo wir aufgehört haben, nämlich an
dem Tag, als ich ihr sagte, ich würde Ed nicht heiraten - als hätte sie mir
nicht die schlimmsten Dinge an den Kopf geworfen, mich mit den übelsten Worten
beschimpft, und dich auch.«
Catherine hatte nie mit mir darüber
gesprochen, was an dem Tag passiert war. Immer wenn ich sie danach gefragt
hatte, hatte sie nur den Kopf geschüttelt. Jetzt stand sie mitten in der Küche,
kaute auf den Lippen, tief in Gedanken versunken.
Auf einmal brach sie in Tränen aus.
»Wie kann sie nur? Wie kann sie nur so tun, als wäre nichts passiert?«
Ich goss ihr ein Glas Wein ein und
schenkte mir selbst auch nach. Sie nahm ihr Glas, kam zu mir an den Tisch,
setzte sich mir gegenüber, und wir tranken unseren Wein.
»Du weißt nicht, was das für ein
schreckliches Gefühl ist, von der eigenen Familie verstoßen zu werden. Du hast
nie eine eigene Familie gehabt.«
»Da hast du wohl recht«, sagte ich.
»Und jetzt erwartet sie, dass ich
alles stehen und liegen lasse und sie besuche, weil sie entschieden hat, dass
ich genug gestraft bin.«
»Und? Wirst du hinfahren und sie besuchen?«, fragte ich sie.
»Ich weiß nicht«, sagte Catherine.
»Ich weiß nicht, was ich machen soll.«
Später gingen wir aus, weil im Haus
nichts mehr zu essen war. Der Abend war angebrochen, und die Menschen strömten
in alle Richtungen, Büroangestellte hasteten nach Hause, Paare waren auf dem
Weg ins Theater oder ins Kino. Als wir Arm in Arm die Piccadilly
entlangschlenderten, am Ritz Hotel vorbei, hielt uns ein Mann in einem
Covercoat an, der mit raschen Schritten Richtung Hyde Park ging. Es war Eck.
»Ah, die Frischvermählten«, rief er.
»Schön, dass man sich mal zufällig über den Weg läuft!« Er und Catherine
begrüßten sich mit Wangenkuss, mir klopfte er auf den Arm. »Wie geht es dir,
mein Junge?«, sagte er. »Kümmert sie sich gut um dich?«
Wir hatten uns eine Ewigkeit nicht
gesehen. Kurz nachdem wir in unsere Wohnung in der Half Moon Street gezogen
waren, hatte er bei einem seiner seltenen Abstecher nach London bei uns vorbeigeschaut.
Wir hockten in der Küche auf Umzugskartons, weil es noch keine Stühle gab, und
Eck und ich tranken einige Flaschen Bordeaux aus dem Keller in Caerlyon. Es gab
viel zu lachen an dem Abend, das heißt, Eck hatte viel gelacht.
»Ja, natürlich«, sagte ich. »Hast du
schon was vor, Eck? Willst du nicht mit uns zu Abend essen? Wir sind gerade auf
der Suche nach einem netten Lokal.«
»Ich kann nicht«, sagte Eck. »Ich
bin auf dem Weg zum Cavalry Club. Ich treffe mich da auf ein Glas mit einem
Mann, der mir die Hinterhand eines Rennpferdes verkaufen will, das bei den
vergangenen drei Kämpfen als Letztes eingelaufen ist. Ich gehe also davon aus,
dass mein Anteil an dem Tier billig ist. Das ist das Gute daran. Danach fahre
ich mit dem Spätzug nach Hampshire. Meine Kusine Harriet hat sich mit einem
sehr netten Soldaten verlobt, Bob Matthews, aus diesem Anlass schmeißt sie
eine Party.«
»Ach, wie schade, Eck«, sagte
Catherine. »Wir könnten so schön miteinander plaudern.«
»Dann kommt zu uns in den Norden«,
sagte Eck. »Wir sind alle noch da. Ihr braucht doch keine Extraeinladung.«
»Gut. Wenn du mir versprichst, zum
Essen zu uns in die Wohnung nach Caerlyon zu
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