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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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seinen blonden Cockerspaniel, an den Ohren zu
streicheln.
    »Den Umständen entsprechend - bei
der Meute um mich herum. Besser, du holst dir auch ein Glas, es könnte sonst
komisch aussehen. Die Leute könnten Verdacht schöpfen, mit dem Wein würde was
nicht stimmen. Probier mal die Nummer 27, ein harmloser Sauvignon. Und nicht
vergessen, ich erwarte, dass du bleibst, wenn alle gegangen sind.«
    Er führte mich zu dem Tisch,
schenkte mir ein Glas Wein ein und wurde dann vom Earl of Shildon gekrallt, der
ihn anraunzte: »Sag mal, Francis, was ist das eigentlich für ein schreckliches
Gesöff, das du uns da anbietest? Hast du das bei einer Haushaltsauflösung gekauft?«
    Ich wandte mich ab und begab mich
auf die Suche nach jemandem, den ich kannte. Eck stand gerade in der Nähe.
Eck, die Kurzform für Hector Chetwode-Talbot, war ein ehemaliger Offizier der
Guards, der, soweit ich das erkennen konnte, den ganzen Tag nichts anderes zu
tun hatte, als von einer Festivität zur nächsten zu laufen, um einen Anlass zum
Trinken zu haben. Das reichte von der Parforcejagd während der Saison über
jede Drinks Party, die irgendwer irgendwo schmiss, bis hin zu - wenn Not am
Mann war - Weinverkostungen wie dieser. Eck war mittelgroß, hielt sich extrem
aufrecht und trug einen altmodischen Nadelstreifenanzug. Zu beiden Seiten eines
ansonsten kahlen Schädels ragten rotblonde Haarbüschel auf. Sein Gesicht war
rot, vom Trinken und der frischen Luft, den beiden Hauptkomponenten seiner
Existenz, wodurch seine blauen Augen besonders betont wurden.
    »Guten Abend, Eck«, sagte ich.
    »Wilberforce! Du liebe Güte! Haben
sie dich heute früher aus dem Büro gehen lassen? Oder bist du gefeuert?«
    »So weit ist es noch nicht. Wie geht
es dir?«
    »Ich bin noch nicht bis zur Quelle
vorgestoßen. Bei dem Gedränge kommt man gar nicht ran an den Tisch. Ich bin
seit zwanzig Minuten hier und habe bis jetzt erst einen sehr bescheidenen
Bordeaux getrunken. Bei Francis' Weinverkostungen gibt es nie was Vernünftiges.
Entweder behält er die guten Tropfen alle für sich, oder er hat überhaupt
keine.«
    »Würdest du welchen kaufen, wenn er
dir wirklich guten Wein anbieten würde?«
    »In die Verlegenheit bin ich bisher
noch nicht gekommen, mein Lieber. Auf in die Schlacht.« Er stürmte in die
Menge, und ich, weil ich nichts Besseres zu tun hatte, folgte ihm. Er nahm mein
halbvolles Glas, schüttete den Inhalt, ohne mich zu fragen, in eins der
Spuckbecken und kam mit zwei Gläsern Rotwein wieder.
    »Hier«, sagte er. »Soweit ich das
überblicken kann, ist das der teuerste Wein, den Francis heute gnädigerweise
für uns geöffnet hat.« Er probierte ihn. »Hm. Als Tischwein zum Mittagessen für
unliebsame Freunde reicht er«, sagte er.
    »Was treibst du so, Eck?«
    »Im Februar? Nicht viel, jetzt, wo
die Jagdsaison vorbei ist. In Skiurlaub fahren, wenn ich eingeladen würde.« Eck
wurde dauernd eingeladen - was gerade so anstand.
    »Weißt du, ob Ed Simmonds auch hier
ist?«
    »Den habe ich noch nicht gesehen.
Seine Mieze ist allerdings hier.« Eck benutzte ständig solche Wörter wie Mieze,
die vielleicht vor zehn Jahren angesagt waren, als er noch junger Offizier war
und auf Debütantinnenbälle ging.
    »Catherine?«
    »Ja, Catherine. Ich habe gehört, es
stünde nicht gerade zum Besten zwischen den beiden.«
    »Wirklich? Du weißt aber auch alles,
Eck.«
    Er sah mich hintersinnig an, mir
wurde mulmig. »Wenn es stimmte, wärst du doch der Erste, der es erfahren
hätte.«
    »Was willst du denn damit sagen?«
    »Jetzt komm schon, Wilberforce. -
Ah, da ist ja Teddy Shildon. Er schuldet mir Geld.« Ohne ein Wort der
Entschuldigung wandte er sich ab, trat zur Seite, legte einen Arm um Earl of
Shildons breite, tweedbehangene Schultern und brüllte ihm ins Ohr: »Rück's
raus, Teddy! Du schuldest mir noch fünfundzwanzig Pfund für dein Pferd, das in
Thirsk verloren hat.«
    Ich kehrte den beiden den Rücken zu,
blieb für mich allein und klammerte mich an mein Glas. Ich sah sonst niemanden,
mit dem ich mich gerne unterhalten hätte, außer Catherine. Sie war umringt von
einer Schar Männer, die Ed Simmonds Abwesenheit nutzten, um mit ihr zu flirten.
Ich hatte keine Lust, mich daran zu beteiligen. Ich dachte an Ecks Bemerkung.
Sagte man mir das wirklich nach - dass ich für Catherine etwas mehr war als nur
ein Freund, und für Ed dagegen weniger?
    Dann kam jemand auf mich zu und
sprach mich an, unterbrach meinen beunruhigenden Gedankengang, und wieder

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