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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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Dank.«
    »Traurig«, sagte ich. »Ich mochte
Campbell. Ich hätte ihn genommen, wenn du mich gefragt hättest.«
    »Du verstehst doch überhaupt nichts
von Hunden, Wilberforce.«
    Ich sagte erst nichts, und dann:
»Entschuldige, dass ich mich eine Zeit lang nicht gemeldet habe, aber ich war
sehr beschäftigt. Immer für eine gute Sache.«
    »Für eine gute Sache«, wiederholte
Francis mit schwacher Stimme. Er hatte keine Ahnung, wovon ich sprach. »Und
wie geht der Verkauf deiner Firma voran?«, fragte er.
    »Das ist es ja, was mich so auf Trab
gehalten hat. Es läuft gut.«
    Francis richtete sich etwas auf im
Bett und packte meinen Arm. Der Griff war nicht fest, aber seine Hand fühlte
sich heiß an durch den Hemdstoff. »Du musst dich beeilen. Wenn das Geld nicht
da ist, müssen die Testamentsvollstrecker den Wein verkaufen, um die Hypothek
auf Caerlyon zu bedienen. Ich habe nicht mehr lange, Wilberforce.« Seine Stimme
war lauter geworden, er klang verzweifelt, ganz anders als der alte, träge
Francis, den ich in Erinne rung hatte. Mir gefiel dieser neue Francis nicht: leichenhaft, fiebrig,
ungeduldig einer Transfusion meines Geldes harrend.
    Die Schwester steckte den Kopf durch
die Tür. »Wir wollen uns doch nicht wieder aufregen, Mr Black«, sagte sie.
    Francis lächelte verzerrt und sank
zurück aufs Kissen.
    Die Schwester sah mich an und sagte:
»Noch zwei Minuten. Sie dürfen ihn nicht überstrapazieren.«
    Als sie die Treppe hinuntergestiegen
war, fragte mich Francis: »Hast du Catherine wiedergesehen?«
    »Nein.«
    »Es ist nicht mehr lange hin. Simon
Hartlepool ist in dem gleichen Zustand wie ich. Ich glaube nicht, dass er noch
lange lebt, und Ed wollte heiraten, solange sein Vater noch lebt. Ich glaube,
jetzt geht es nicht mehr. Er muss warten, bis es vorbei ist.«
    Er schwieg, und sein Blick entfernte
sich von mir. Ich dachte schon, er hätte vergessen, dass ich da war, oder wäre
wieder in seine Morphiumträume versunken.
    Dann wandte er sich mir wieder zu.
»Wir werden nicht mehr häufig Gelegenheit haben, miteinander zu sprechen,
Wilberforce. Ich bin dabei, die Schlacht zu verlieren. Ich komme ohne das Morphium
nicht mehr aus, und es macht mich völlig konfus. Aber es gibt da etwas, was ich
immer schon wissen wollte.«
    »Du kannst mich alles fragen,
Francis. Ich habe nichts zu verbergen.«
    »Wie heißt du mit Vornamen?«
    Ich zögerte. Er hatte mir die
einzige Frage gestellt, die ich eigentlich nicht beantworten wollte.
    »Ich kann nicht sterben, ohne deinen
Vornamen zu kennen, Wilberforce.«
    »Mein Vorname ist Frankie.«
    Ganz allmählich verzog sich Francis'
Miene zu einem steifen Lächeln, die Lippen spannten sich über die Zahnreihen zu
einem Totenkopfgrinsen. »Und auf welchen Namen bist du getauft?«, fragte er.
    »Francis«, sagte ich. Der Körper auf
dem Bett fing an, sich vor Lachen zu schütteln. Francis liefen die Tränen über
die Wangen. Ich konnte den Anblick nicht länger ertragen. Ich hörte, wie er
sich ausschüttete vor Lachen und zwischen den Lachsalven rief: »Frankie -
Francis - Francis Wilberforce. Mein Gott, das ist wirklich zum Schreien.«
    Verstohlen blickte ich auf meine
Armbanduhr. Ich wollte nur noch weg. Ich hatte mir vorgenommen, Francis meinen
Vornamen niemals zu sagen. Es war ein weiteres unsichtbares Band zwischen uns,
vielleicht eins zu viel. In einer halben Stunde hatte ich einen Termin bei
meinem Anwalt, um den Kaufvertrag zu besprechen. Es war eine Entschuldigung,
endlich loszukommen. Ich stand auf.
    Francis hörte auf zu lachen und
legte zum zweiten und letzten Mal seine Hand auf meinen Arm. »Geh nicht«, sagte
er. »Bleib noch etwas länger.«
    Ich murmelte, ich hätte jetzt eine
wichtige Besprechung und würde bald wieder vorbeikommen. Ich ging nach nebenan
in die Küche. Die Schwester las die Daily Mail. Sie blickte auf,
als ich hereinkam. Aus dem Esszimmer, in dem Francis' Bett stand, hörte ich,
dass er wieder angefangen hatte zu lachen, und zwischen den Keuchanfällen hörte
ich die Worte: »Frankie! Francis! Mein Gott!«
    »Wenigstens haben Sie ihn
aufgemuntert«, sagte die Schwester. Ich nickte und begab mich zur Tür, aber sie
rief mich zurück: »Haben Sie ein Handy?«
    »Ja.«
    »Geben Sie mir Ihre Nummer, und
lassen Sie es eingeschaltet. Es dauert nicht mehr lange.«
    Ich nickte wieder und ging nach
draußen zu meinem Auto. Wie rücksichtslos von Francis, mich aufzuhalten. Er
hätte sich denken können, dass es im Moment nichts Wichtigeres gab,

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