Bordeuax
Warum
solltest du jemals den Wunsch haben, sie zu heiraten«, sagte er.
»In der Zeitung steht etwas, das du dir mal ansehen solltest.« Er reichte mir
das Blatt, und ich las:
Beim Lesen hatte ich ein Gefühl, wie
ich es bisher nur aus Büchern kannte: als wäre mein Körper zu Eis erstarrt.
»Weißt du jetzt, warum du sie
heiraten willst?«, fragte Francis.
Mir versagte die Stimme. In dem
Moment hasste ich Francis.
»Wenn du sie nämlich nicht
heiratest«, erklärte er, »kommt dir jemand zuvor.«
Als ich am nächsten Tag ins Büro
kam, wartete Andy schon mit zwei Tassen Kaffee auf mich. Er musste ihn gleich
eingeschenkt haben, als er mich unten hatte einparken sehen. Ich wollte mich
nur an meinen Schreibtisch setzen, mich zurücklehnen, den Kopf in meine Hände
legen und mich bemitleiden.
»Guten Morgen, Wilberforce«, sagte
er.
»Hallo, Andy.«
Ich nahm den Kaffee und trank einen
Schluck. Andy stand vor mir, sagte nichts, lächelte nicht; ich ließ ein paar
Sekunden verstreichen und sagte schließlich: »Na gut. Was ist es diesmal?«
Er stellte seine Tasse ab. »Ach,
nichts Besonderes, Wilberforce, bloß dass du anscheinend dabei bist, hinter
meinem Rücken die Firma zu verkaufen.«
Die Riesenkatze war aus dem Sack.
»Ich mache nichts hinter deinem
Rücken.«
»Wie kommt es dann, dass mir der
Mann von Bayleaf Corporation den Eindruck vermittelt hat, ihr hättet euch
schon auf einen Preis geeinigt?«
Ich stand auf. »Mach mich nicht blöd
an, Andy«, wehrte ich mich. »Ja, ich habe mit Bayleaf gesprochen. Ich bin nicht
auf sie zugegangen, sie haben Kontakt mit mir aufgenommen, durch eine Bank. Du
weißt, dass ich nicht scharf darauf bin, die Firma an die Börse zu bringen. Ich
wollte erst prüfen, was es sonst noch für Möglichkeiten gibt. Und noch etwas:
Die Bank hat gerüchteweise gehört, dass wir auf den Markt wollen. Das ist der
Grund, warum sie sich bei mir gemeldet hat. So viel zu Christopher Templetons
professioneller Verschwiegenheit. Er muss getratscht haben. Deswegen habe ich
mich mit den Leuten von Bayleaf getroffen, und es stimmt, wir haben über die
Bedingungen gesprochen, für den Fall. Sie haben mich gefragt, wie viel Geld
ich haben will, und ich habe es ihnen gesagt.«
»Was hast du? Ohne dich vorher mit
mir abzusprechen? Was für eine Summe hast du ihnen genannt?«
Ich sagte sie ihm.
»Du liebe Güte, Wilberforce! Die
Firma ist das Doppelte wert!« Er warf die Hände überm Kopf zusammen.
»Es ist doch nur eine Hausnummer«,
sagte ich. Mir tat auf einmal der Kopf weh, als hätten sich Andys eingebildete
Schmerzen auf mich übertragen. Ich war absolut nicht in Stimmung für solche
Gespräche.
»Ich fasse es einfach nicht«, sagte
Andy. »Ich habe dir die zehn besten Jahre meines Lebens geopfert, um die Firma
mit dir aufzubauen. Und dann hintergehst du mich, als wäre es nichts. Du
machst dir nicht mal die Mühe, mich über deine Pläne zu informieren, mich,
deinen Finanzleiter. Ich dachte, wir wären Freunde, sogar gute Freunde. Was für
ein Irrtum!« Er wandte sich ab und verließ das Büro, seinen Kaffee ließ er
stehen.
»Vergiss deine Tasse nicht«, sagte
ich.
Er kam zurück, nahm die Tasse, sah
mich verächtlich an und sagte dann plötzlich: »Hast du schon was
unterschrieben?«
»Nur eine Absichtserklärung - nichts
rechtlich Bindendes.«
»Nur eine Absichtserklärung - hast
du dir Rechtsbeistand geholt?«
»Den brauche ich nicht. Ich habe es
auch so verstanden, ohne dass mir ein Rechtsanwalt alles erklären muss. Und es
heißt, dass es rechtlich nicht bindend ist.«
»Glaub mir«, sagte Andy und stellte
die Tasse wieder ab, »alles, was man mit einem
amerikanischen Unternehmen schriftlich vereinbart, ist rechtlich bindend. Die
verklagen dich bis aufs letzte Hemd, wenn du das nicht bis zu Ende führst, das
heißt, sie würden auch uns verklagen, die Firma. In mancher Hinsicht bist du
ein intelligenter Mensch, Wilberforce, aber was du dir da geleistet hast, ist
das Unvernünftigste, was mir je in meinem Beruf untergekommen ist.«
Es war das zweite Mal innerhalb von
wenigen Tagen, das mich jemand intelligent nannte, obwohl er eigentlich fand,
ich sei dumm. Es war auch beim zweiten Mal nicht angenehm. Andy verließ erneut
das Büro, knallte die Tür hinter sich zu, worauf sich an den Schreibtischen im
Raum nebenan einige Hälse reckten. Seinen Kaffee hatte er auch wieder
vergessen.
Es war der schwierige Auftakt zu
einigen schwierigen Wochen.
Zum Schluss
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