Bordeuax
erreichten Andy und ich
doch noch eine Einigung: Ich musste ihm eine enorme Prämie zahlen, damit er dem
Vertrag mit den Amerikanern zustimmte und dabei behilflich war, ihn umzusetzen.
Ohne ihn wäre ich die Firma nicht losgeworden, und wenn ihm die Wilberforce
Software Solutions schon »unter den Füßen weggezogen« wurde, wie er dauernd
betonte, ließ er sich seine Beihilfe reichlich entlohnen, ganz zu schweigen
von seinen Aktienoptionen, war der Verkauf erst mal wirklich über die Bühne
gegangen. Aus einer unbeschwerten Freundschaft war eine vergiftete Beziehung
geworden. Einmal lud ich Andy abends ins Al Diwan ein, um unseren Streit
beizulegen. Wir hatten bis spät gearbeitet, um die Offenlegungsliste
zusammenzustellen, eine Dokumentation, die Teil des Vorvertrags war. Die
Einladung war ein Fehler, aus zwei Gründen. Erstens hätte ich mich nicht der
Hoffnung hingeben sollen, dass ich Andy meinen Standpunkt begreiflich machen
könnte. Aus seiner Sicht hatte ich den Verhaltenskodex, wie er zwischen Freunden
üblich war, gebrochen. Ich war ihm in den Rücken gefallen.
Bei einem Glas Cobra und einem
Teller Papadams sagte er: »Ich verstehe einfach nicht, warum du nicht zuerst
mit mir geredet hast, bevor du zu den Amerikanern gegangen bist. Wir hätten
wenigstens einen besseren Preis herausschlagen können. Jetzt verschenken wir
die Firma praktisch. Ich sage dir, in ein oder anderthalb Jahren hätten wir mit
der Vergesellschaftung der Firma den doppelten Preis erzielt.«
»Ja, aber dann hätte ich überhaupt
keine Aktien verkaufen können.«
Andy sah mich an. »Brauchst du
Bargeld, Wilberforce? Was ist los? Du verdienst ein fettes Gehalt, du hast eine
Eigentumswohnung, du brauchst keine Hypothek abzuzahlen, du hast nicht mal
eine Saisonkarte für Newcastle United. Du hast ein schönes Auto, du fährst nie
in Urlaub, du hast nicht mal eine Freundin, soweit ich weiß, und du nimmst
keine Drogen. Wozu brauchst du also das Bargeld?«
»Das würdest du sowieso nicht
verstehen. Deswegen habe ich dich auch nicht eingeweiht.«
Unser Chicken Balti wurde serviert.
Andy lehnte sich zurück, erwischte den Kellner am Arm und bestellte noch ein
Cobra für sich. Dann sagte er: »Du kannst es ja wenigstens versuchen.«
»Ich muss etwas Wein kaufen«, sagte
ich.
Er lachte los, und einige Körnchen
Pilaureis schossen quer über den Tisch und landeten auf meiner Krawatte.
»Entschuldigung«, sagte er. »Ich wisch es gleich weg. Wie viel Wein denn?«
»Eigentlich sogar sehr viel Wein.«
Andy hörte auf zu lachen. Jetzt war
er vollkommen verwirrt. »Ich wusste gar nicht, dass du Wein trinkst,
Wilberforce. Du hast doch auch sonst nie viel getrunken, egal was. Du schaffst
ja nicht mal ein Pint Lagerbier. Das muss ja viel Wein sein, sehr viel Wein.
Rechnen wir mal nach: Eine gute Flasche Tafelwein kriegt man bei Morrison für
vier Pfund. Und für dich kommen bei diesem Deal nach Abzug aller Steuern und
Honorare ungefähr drei Millionen heraus. Du könntest also mit deinem Geld eine
dreiviertel Million Flaschen kaufen, plus/minus.« Er fing wieder an zu lachen,
stellte sich wahrscheinlich vor, wie ich die Flaschen einkaufswagenweise aus
dem Geschäft karrte. Etwas Bier war ihm in die Nase gestiegen. Er schüttelte
den Kopf. Einerseits erheiterte es ihn, gleichzeitig war er sehr wütend, das
war deutlich zu sehen.
»Es sind viel weniger, alles in
allem ungefähr hunderttausend Flaschen. Aber man muss bedenken, dass einzelne
Stücke darunter sind, die in einer Sammlung tausend Pfund oder noch mehr wert
sind.«
Andy hörte wieder auf zu lachen. Er
sah mich neugierig an, als wäre er soeben hinter einem Stein hervorgekrochen.
»Du meinst es ernst, nicht?«
»Ich interessiere mich seit einiger
Zeit für Wein. Ich wollte schon immer ein Hobby haben, aber bis jetzt war ich
dazu viel zu beschäftigt.«
»Einhunderttausend Flaschen?«
»Ungefähr.«
»Nur, damit ich dich recht
verstehe«, sagte Andy. »Du hast eine tolle Firma, die ich mit aufgebaut habe
und die mich literweise Schweiß und Tränen gekostet hat, einfach so abgestoßen;
du hast eine gute Freundschaft zerstört, oder sagen wir, eine Freundschaft, die
ich für gut hielt - und das alles nur, damit du dir etwas Wein kaufen kannst?«
»So könnte man es ausdrücken.«
»Wo willst du denn mit dem ganzen
Wein hin?«
»Nirgendwo. Er bleibt da, wo er jetzt
schon liegt, in einem Keller. Den Keller bekomme ich zu dem ganzen Geschäft
dazu.«
»Und wo ist dieser
Weitere Kostenlose Bücher