Bote des Todes
dem Beifahrersitz Platz nahm, lehnte sie sich erschöpft zurück. Sie hatte Angst gehabt, Todesangst. Es hatte sich alles so schnell abgespielt. Wenn es überhaupt geschehen war … Die Ungeheuer im Geisterhaus sollten sich den Besuchern nicht nähern, aber eines von ihnen hatte es gemacht. Oder hatte sie sich alles nur eingebildet? Dieser Kobold mit dem gehässigen Grinsen hatte sie aus der Fassung gebracht. Vielleicht …
Nein! Jemand hatte ihr absichtlich Angst eingejagt.
Nun, ihr war nichts geschehen. Er hatte ihr Angst gemacht, aber dann losgelassen. Er hätte ihr nicht wirklich etwas antun können, zu viele Besucher hatten sich dort aufgehalten, und jeden Moment hätte einer von ihnen dazukommen können. Andererseits hätte er ihr rasch die Kehle aufschlitzen können …
Und jetzt saß sie hier, allein mit Michael. Was, wenn er es war? Was, wenn er irgendeinen bizarren Grund hatte, sie zu töten? Sie war mit ihm allein im Wagen. Es war dunkel, er saß am Steuer. Er konnte mit ihr hinfahren, wohin er wollte …
Aber er hatte den Motor nicht gestartet.
Stattdessen sah er in den Rückspiegel.
„Da kommen sie“, sagte er leise.
„Wenn sie unterwegs den Anschluss verpassen, kümmere dich nicht darum.“
„Das wird schon nicht passieren.“
Er fuhr los, bog an der nächsten Ecke ab. Moira blickte aus dem Fenster. Sie kamen an dem Restaurant und dem Geisterhaus vorbei. Dann sah sie an der nächsten Kreuzung eine Gruppe Kinder, darunter einen Jungen, der auf der Haube eines geparkten Wagens saß und etwas in der Hand hielt. Es blitzte im Schein der Straßenlampe. Ein Messer. Aber nicht irgendein Messer, sondern genau das Messer, das ihr der Tod in der Geisterbahn an die Kehle gesetzt hatte
Sie setzte sich aufrecht hin und starrte den Jungen an, als sie vorüberfuhren. Es war nicht Adam, sondern der Junge, der den Vampir gespielt hatte.
„Halt an!“ rief sie.
„Was?“
„Halt sofort an! Fahr rechts ran!“
„Ist dir schlecht?“ fragte er, während er bremste.
Moira sprang aus dem Wagen und rannte über die Straße, ohne auf den Verkehr zu achten, während Michael ihr nachlief und versuchte, sie aufzuhalten. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, dass auch Patrick anhielt.
Sie erreichte die Gruppe Jugendlicher und stürmte mit einem so wilden Blick auf den Jungen auf der Wagenhaube zu, dass der entsetzt weglaufen wollte. Sie bekam ihn aber noch zu fassen und riss ihn zurück.
„Du!“
Sie
war
verrückt geworden. Er hielt immer noch das Messer in der Hand. Und es war echt.
„Du kleiner Drecksack“, fauchte sie ihn an.
Seine Freunde standen um ihn herum; sein Gesicht war schneeweiß, und die anderen Jugendlichen gaben keinen Laut von sich. „Warum hast du mir das angetan? Und versuch gar nicht erst, es abzustreiten. Ich weiß genau, dass du es warst!“
„Ich habe Ihnen nichts getan. Ich sollte Ihnen nur einen Schreck einjagen!“
Er war vielleicht sechzehn, und auch wenn er auf der High School eine große Nummer sein mochte, war ihm davon nichts mehr anzumerken.
„Wer hat dir das gesagt?“
„Ein Mann … ich konnte das Geld gebrauchen. Er kam ins Geisterhaus, kurz nachdem ich Sie gesehen habe. Lady, er hat mir einen Hunderter gegeben, und den kann ich gebrauchen.“
„Wer war dieser Mann?“
In dem Moment war Michael bei ihnen und legte seine Hände auf ihre Schultern. „Moira …“
„Lass mich los, Michael“, fuhr sie ihn an und wandte sich wieder dem Jungen zu. „Sag mir, wer dieser Mann war!“
Die anderen waren nun auch eingetroffen. Danny packte den Jungen an den Schultern und riss ihn herum: „Sie hat dich was gefragt!“
„Ich werde meine Mutter anrufen.“
„Nur zu. Dann kann sie mit uns zur Polizei gehen.“
„Hey, es ist nicht mal ein echtes Messer. Okay, es ist ein Messer, aber es ist ein Trickmesser. Die Klinge ist aus Stahl, aber sie gibt nach. Bitte, Mann, Sie dürfen nicht die Cops rufen, bitte nicht!“
„Dann beantworte die Frage, die die Lady dir gestellt hat!“ fuhr Danny ihn an. Vor Moira hatte der Junge Angst gehabt, auf Danny hingegen reagierte er fast panisch.
„Wer war der Mann?“ wiederholte Moira etwas ruhiger.
Der Junge schüttelte den Kopf. „Er hat mir keinen Namen genannt. Und es war dunkel … er hat mich im Geisterhaus angesprochen. Er war groß, glaube ich. Etwas größer als ich. Er …“ Er sah sich um und blickte Josh, Patrick, Danny und Michael an. Dann schluckte er. „Er … o Mann, ich weiß nicht. Er war ungefähr so
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