Bote des Todes
zu helfen. Er hatte nichts von alledem in Gang gesetzt, aber es gab nichts, was er dagegen hätte tun können.
Moira kam nach Hause. Er hatte gestern mit Katy Kelly telefoniert, und sie hatte im siebten Himmel geschwebt, weil die ganze Familie an diesem besonderen Tag zusammenkommen würde. Sie war auch ein wenig nervös gewesen. „Sie ist mit einem Mann zusammen. Ihr Dad und ich haben ihn noch nicht kennen gelernt“, hatte Katy ihm erzählt und sich bemüht, nicht abfällig zu klingen.
„Er ist bestimmt ein großartiger Kerl“, hatte Dan erwidert. „Sie ist eine kluge Frau, Katy, das weißt du. Du solltest stolz auf sie sein.“
„Er arbeitet auch fürs Fernsehen. Er ist bei ihr und Josh angestellt“, hatte Katy seufzend gesagt. „Dieser Josh … der ist ein guter Mann.“
„Ein feiner Kerl.“ Danny konnte leicht so etwas sagen. Er mochte Moiras Geschäftspartner. Der Kerl war verheiratet, er war ein echter Freund, und er hatte nie etwas Ernstes mit Moira gehabt.
„Der Neue ist Ire.“
„Ja? Wie heißt er denn?“
„Michael. Michael McLean.“
„Na, bitte. Was willst du mehr?“
Katy hatte erneut geseufzt. „Wahrscheinlich … dass ihr beide geheiratet hättet, Danny.“
„Ach, Katy. Wir sind jeder unsere eigenen Wege gegangen. Außerdem tauge ich nicht für die Ehe.“
„Das finde ich schon.“
Dann hatte sie ihm erklärt, es würde ihr nichts ausmachen, dass Moira mit ihrer Crew käme. Der hintere Raum im Pub gehöre natürlich ihm, so wie immer, wenn er nach Boston kam. Und Moira wisse, dass er da sein würde.
Ein sonderbares Gefühl von Nostalgie überkam ihn. Dieser Ort war für ihn wirklich so etwas wie ein Zuhause. Seine frühen Jahre schienen eine sehr lange Zeit zurückzuliegen. Er hatte bei seinem Onkel gelebt und war viel gereist. Brendan O’Toole, der Bruder seiner Mutter, der eine Cousine von Katy Kelly geheiratet hatte, war Sachverständiger für antiquarische Manuskripte gewesen. Er hatte ihn mit der Literatur vertraut gemacht, seiner ersten großen Liebe, mit dem geschriebenen Wort und der Macht, die es innehatte. Er war ein Geschichtenerzähler gewesen, und auch diese Begabung hatte er an Dan weitergegeben. Sein Haus in Dublin war sein Heim, aber sie waren immer nur unterwegs gewesen. Dan hatte viele ferne Länder gesehen und einen Großteil seiner Zeit in Amerika verbracht. Er liebte die Staaten.
Ganz gleich, wie lange er sich woanders aufhielt, dieser Ort hier fehlte ihm fast augenblicklich.
Es war Zeit, wieder hier zu sein. Er könnte jetzt in den Pub gehen, aber er hatte gesagt, er würde erst am Morgen ankommen. Er würde warten. Es gab keinen Grund, den Leuten zu sagen, dass er bereits seit einiger Zeit in Boston war.
Ja, er würde warten.
Während er gegen die Hauswand gelehnt stand, bemerkte er einen anderen Mann, der sich dem Pub näherte. Er trug einen weiten Mantel und hatte seinen Hut tief ins Gesicht gezogen, was an sich nichts Ungewöhnliches war. Um diese Jahreszeit konnte es in Boston sehr kalt sein.
Aber der Mann ging auf seltsame Weise auf den Pub zu. Dann blieb er – so wie zuvor auch Michael – stehen und beobachtete die Fenster.
Der Mann spähte in den Pub, um zu sehen, wer sich im Lokal aufhielt.
Offenbar konnte er den oder die Gesuchten nicht ausmachen, da er nach einem Moment kehrtmachte und in die Richtung ging, aus der er eben gekommen war.
Daran war auch nichts auszusetzen. Ein Mann sucht in einem Pub nach seinen Freunden, sieht, dass sie nicht da sind, und geht wieder.
Daran war wirklich nichts auszusetzen.
Nur dass der Mann in Hut und Mantel Patrick Kelly war, der Sohn des Mannes, dem Kelly’s Pub gehörte.
Dan zündete eine weitere Zigarette an und verspürte eine erneute Anspannung.
Er wartete noch eine Zeit lang, dann schlug er den Kragen seines Mantels hoch und brach ebenfalls auf.
Moira nahm sich nur selten die Zeit für einen Schaufensterbummel. Üblicherweise war sie geschäftlich unterwegs und hatte keine Zeit. Und zudem lebte sie schon seit langem in New York und wusste, wohin sie gehen musste, wenn sie etwas Bestimmtes benötigte. Aber sie liebte es, wenn für die Feiertage so wunderschön dekoriert wurde. Und sie wusste es zu schätzen, dass sie in der Stadt, in der sie lebte und arbeitete, nahezu alles kaufen konnte. Sie mochte schöne Kleidung, und es machte ihr Spaß, sich einen Tag lang die Zeit zu nehmen und dutzende Kleidungsstücke und unzählige Paar Schuhe anzuprobieren, wobei sie regelmäßig das
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