Bote des Todes
gern, und alte Freunde sehe ich noch lieber“, erwiderte Dan. Er hob den Bierkrug, den Eamon ihm hingestellt hatte, und brachte einen gälischen Trinkspruch aus: „Sláinte! Auf alte Zeiten und alte Freunde.“
„Und auf die alte Heimat!“ rief Eamon.
„Ja, auf die alte Heimat“, stimmte Dan leise zu.
Der Himmel war bedeckt, als Moiras Maschine zum Landeanflug in Boston ansetzte. Sie sah aus dem Fenster, um aus der Vogelperspektive einen Blick auf die Stadt zu werfen, in der sie aufgewachsen war und die sie noch immer so sehr liebte. Sie war auf dem Weg nach Hause. Und sie war aufgeregt. Auch wenn sie sicher war, dass ihre Familie völlig verrückt war, liebte sie jeden Einzelnen von ihnen. Sie war glücklich darüber, dass sie sie bald alle wiedersehen würde.
Wenn … wenn da nicht die Sache mit Danny gewesen wäre.
Die Maschine setzte auf dem Rollfeld auf. Moira öffnete langsam den Gurt und stand ohne besondere Eile auf. Niemand wartete am Flughafen auf sie. Sie hatte sich in letzter Minute entschlossen, einen früheren Flug zu nehmen als das Drehteam. Sie wartete, bis die Passagiere aus den Reihen hinter ihr vorgegangen waren, dann nahm sie ihre Reisetasche und ging zum Ausgang. Im Vorbeigehen dankte sie der Stewardess und den Piloten für den angenehmen Flug, die warteten, bis alle von Bord gegangen waren, damit sie die Maschine ebenfalls verlassen konnten.
Vor dem Ausgang des Logan-Airport winkte sie ein Taxi zu sich. Nachdem sie auf dem Rücksitz Platz genommen hatte, bemerkte sie, dass der Fahrer – ein junger Mann Anfang zwanzig, mit schmalem Gesicht und bernsteinfarbenen Augen – sie im Rückspiegel anstarrte.
„Sie sind Moira Kelly!“ sagte er und lief rot an, als sie seinem Blick begegnete.
„Ja.“
„In meinem Taxi! Ich fass es nicht! Sie fliegen mit einer ganz normalen Maschine? Und Sie steigen in ein ganz normales Taxi ein?“
„Ich finde, dass man so ganz gut reisen kann“, erwiderte sie und lächelte.
„Heißt das, auf Sie warten kein Privatjet und keine Limousine?“ fragte der Mann ungläubig.
Sie musste auflachen. „Ich habe überhaupt keinen Privatjet. Aber manchmal mieten wir eine Limousine, das ist richtig.“
„Und niemand erkennt Sie? Keiner bestürmt Sie?“
„Ich fürchte, nicht ganz Amerika schaltet den Leisure Channel ein. Und selbst wenn, sehen sich die Leute nicht unbedingt unsere Sendung an.“
„Das sollten sie aber!“
„Danke sehr.“
„Was machen Sie denn in Boston?“
„Ich bin von hier.“
„Wow. Wahnsinn. Sie sind Irin, richtig? Sind Sie hier, um Ihre Familie zu besuchen, oder filmen Sie hier?“
„Beides.“
„Wow. Irre. Das ist eine richtige Ehre für mich. Wenn Sie wieder ein Taxi brauchen, solange Sie hier sind, dann rufen Sie mich an. Ich habe den saubersten Wagen in der ganzen Stadt. Ich bin auch hier aufgewachsen. Ich kenne die Stadt in- und auswendig. Ich fahre Sie sogar kostenlos, ehrlich.“
„Ich würde niemals jemanden um seinen Lebensunterhalt bringen wollen“, sagte Moira. „Aber Sie können mir Ihre Karte geben. Wenn wir irgendwohin gefahren werden müssen, rufen wir Sie an!“
Der Mann schien wirklich ein guter Fahrer zu sein. Der Verkehr in Boston war so nervenaufreibend wie üblich. Immer gab es irgendwo eine Baustelle, und auf dem Freeway ging es wie meist im Schritttempo vorwärts. Als sie den Tunnel verlassen hatten und vom Highway abgebogen waren, wurden die Straßen eng und führten in ein Gewirr aus Einbahnstraßen. Dieses Altertümliche machte den Charme dieser Stadt mit aus, war zugleich aber auch hinderlich.
Der junge Mann hielt das Lenkrad mit der linken Hand fest und gab ihr mit der rechten seine Visitenkarte.
„Heh, ich stamme auch aus Irland.“
„Sie heißen Tom Gambetti?“ fragte sie, nachdem sie die Karte gelesen hatte.
Er reagierte mit einem Grinsen. „Meine Mutter ist Irin, mein Vater ist Italiener. Aber wir sind ja auch in Boston. Viele von uns ernähren sich sowohl von Nudeln als auch Kartoffeln! Sind beide Elternteile irisch?“
„O Gott, ja“, gab Moira lachend zurück.
„Geradewegs vom guten alten Kartoffeldampfer, wie?“
„So was in der Art“, sagte sie, dann beugte sie sich vor und streckte die Hand aus. „Da ist es – Kelly’s Pub.“
Das Lokal lag in einer schmalen Straße. Zwar bildeten moderne Bürobauten die Eckgebäude, doch der Rest des Blocks hatte noch viel von seinem alten Charme. Das Haus, in dem sich der Pub befand, hatte zwei Stockwerke, einen Keller
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