Botschaft des Schreckens
jetzt noch fertigbrächtest, dich bei ihnen bemerkbar zu machen…«
Er sah mich einigermaßen ratlos an, nickte aber dann. »Natürlich. Es muß doch irgendwo eine Glock geben… Augenblick mal… hmm… nichts. Auf Besucher ist man offenbar hier nicht eingestellt. Aber irgendeinen Weg werden wir finden. Wir könnten ja schreien.«
»Bitte, versuch’s doch noch mal«, sagte ich. »Ich muß unbedingt mit den Leuten sprechen!«
Zu meiner großen Erleichterung fand er endlich die Glocke. Aber bevor er läutete, sah er mich mit ernstem Blick an. »Sieht aus, als kämst du doch in die Hacienda hinein. Aber warum willst du eigentlich hinein, wenn du sie gar nicht kennst?«
»Ich will nicht, ich muß«, erwiderte ich. »Ich kann’s nicht erklären, ehe ich mit den Monteras gesprochen habe. Nimm mir das bitte nicht übel. Ich muß es für jemand anderen tun. Du hast mir wirklich sehr geholfen, Bob. Morgen werde ich dir alles erzählen.«
»Okay«, nickte Bob. »Allerdings werde ich mich eine Woche gedulden müssen. Gleich am Morgen fahre ich weg; ich habe in Albuquerque zu tun. Paß auf dich auf; diese Hacienda ist verdammt groß – da könntest du leicht verlorengehen. Das nächstemal findest du vielleicht keinen freundlichen jungen Mann, der dir hilft…«
Ich weiß nicht, warum mir ein Schauder über den Rücken lief. Natürlich scherzte er nur. Außerdem – wenn jemand in Gefahr war, dann die Monteras, nicht ich. Und die Gefahr lag außerhalb der Hacienda, nicht drinnen. Dennoch hatte ich fast unüberwindliche Angst davor, diese eisernen Tore zu durchschreiten. Eigentlich wollte ich nur eines: Mit Bob Ellison nach Santa Fe zurück. »Ich werde nicht so lange bleiben, daß ich verlorengehen kann.« Ich lächelte ihn an.
»Warum sollte ich dann nicht auf dich warten?«
»Nein«, sagte ich. »Fahr bitte nach Hause. Wenn du wieder zurück bist, werde ich dir alles erklären. Dann wirst du verstehen.«
»Das bezweifle ich«, entgegnete Bob stirnrunzelnd. »Jedenfalls mußt du unbedingt kommen. Dann werden wir unsere alte Freundschaft auffrischen, Red.«
Im nächsten Augenblick klemmte er sich schon in seinen putzigen, roten Wagen. Würde er vielleicht den »Gilas« begegnen, schoß es mir plötzlich durch den Kopf. Trotz Father Valas Verbot mußte ich ihn wohl warnen. Andererseits, was würde es nützen, wenn er den Rest der Geschichte nicht kannte? Außerdem war es sowieso schon zu spät. Die große Vordertür der Hacienda öffnete sich langsam, und Bob war schon um die erste Kurve verschwunden. Ein alter Hausdiener stapfte über den Hof und musterte mich durch das Eisengitter des Tores. »Wer sind Sie?« fragte er. »Und was wollen Sie?«
Befremdet über diesen frostigen Empfang, starrte ich ihn an. Dann versuchte ich, ihn zu verstehen. Er ging wohl schon auf die Achtzig zu; vielleicht hatten Alter und Krankheit ihn so schroff gemacht. »Ich bin Miss Terrill«, sagte ich. »Ich muß mit Dona Isabella oder ihren Enkeln sprechen – sofort.«
Er schüttelte den Kopf. »Ihre Enkel sind nicht da; sie sind auf dem Rancho. Und da es bald Essenszeit ist, darf ich Dona Isabella nicht stören.«
Ich sah auf die Uhr. Essenszeit? Nach neun Uhr abends? Ach ja, diese reichen Spanier – die wenigen noch übriggebliebenen Abkömmlinge der alten, mächtigen ricos – aßen sehr spät in ihren großen Haciendas. Spät – und auch endlos! »Das Essen kann warten«, rief ich beschwörend, »aber das, was ich den Monteras zu sagen habe, nicht. Also, machen Sie mir auf…«
Widerwillig gehorchte er. Als wir die Eingangstür durchschritten hatten, fand ich mich in dem größten Zimmer wieder, das ich jemals gesehen hatte. Ohne mich aufgefordert zu haben, Platz zu nehmen, stapfte er davon, um mich Dona Isabella zu melden. Sicher hoffte er zutiefst, daß sie sich weigern würde, mich zu empfangen.
Ich sah mich um. Das Weiß der gekalkten Mauern wurde von Wandteppichen und geschnitzten Heiligenfiguren unterbrochen und eingerahmt von schweren, dunklen Deckenbalken und einem gefliesten Boden in Spanischrot. Die schweren Tische und Stühle waren aus dunklem Holz, und ein paar lange Truhen erinnerten mich unangenehm an Särge. Der Kontrast war beeindruckend: Klösterliche Strenge verbunden mit Farbflecken von so wilder Intensität, daß sie zu rufen schienen: »Freu dich des Lebens, denn das Leben ist kurz. Singe, tanze und liebe, solange du kannst!« Aber insgesamt machte alles den Eindruck von etwas
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