Bova, Ben - Asteroiden-Trilogie 3
Stirn auf die Abbildung des sich nähernden Frachters mit dem angeflanschten Besatzungsmodul.
»Unsere Vorräte gehen zur Neige«, sagte Nodon mit leiser Stimme, die fast schon ein Flüstern war.
»Sie werden auch nicht viel dabeihaben«, murmelte Fuchs.
»Aber vielleicht genug, dass wir und der Rest der Besatzung für ein paar Wochen über die Runden kommen.«
»Vielleicht. Wir könnten uns dann noch mehr Vorräte von einem Versorgungsschiff holen.«
Nodon senkte leicht den Kopf. »Ja, das stimmt.«
Trotz seines Namens ist der Asteroidengürtel eine breite Schneise der Leere zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter. Sie wird von Millionen kleiner, kalter und dunkler Metall- und Gesteinsbrocken ausgefüllt, die um die Sonne taumeln: Überreste von der Entstehung des Sonnensystems. Der größte Körper, Ceres, durchmisst kaum tausend Kilometer. Die meisten Asteroiden haben aber nur die Größe von Felsbrocken, Kieselsteinen und Staubflocken. Schutt, sagte Fuchs sich. Materiebrocken, die sich nie zu einem Planeten vereinigt hatten. Überreste. Der Müll Gottes.
Der ›Müll‹ war jedoch ein Schatz für die verzweifelte, Not leidende Menschheit. Die Erde war vom Klimakollaps schwer getroffen worden, einem Treibhauseffekt, der seit ein paar Jahrzehnten verheerende Auswirkungen hatte. Gletscher schmolzen, der Meeresspiegel stieg an, weltweit wurden Küstenstädte überflutet, die globale Stromversorgung brach zusammen, Hunderte Millionen Menschen verloren ihre Heimat, ihre berufliche Existenz und sogar das Leben. Ackerland wurde durch anhaltende Dürre zur Wüste; Wüsten verwandelten sich durch Wolkenbrüche in Sümpfe, und schwere Stürme suchten überall die verängstigten und verhungernden Flüchtlinge heim.
Im fernen Asteroidengürtel gab es Metalle und Mineralien im Überfluss. Rohstoffe, die den Förderungsausfall auf der Erde ausglichen. Die im Erdorbit und auf dem Mond erbauten Fabriken waren von diesen Rohstoffen abhängig. Die Rettung der geschundenen Erde lag in den Ressourcen und der Energie des Weltraums.
Fuchs verschwendete jedoch kaum einen Gedanken an all das. Er konzentrierte sich vielmehr auf den Frachter, der durch den Gürtel pflügte und gemächlich Kurs aufs innere Sonnensystem nahm, in Richtung der Erde.
»Wenn eine Besatzung an Bord ist, wieso fliegen sie dann auf einer Hohmann-Bahn? Wieso zünden sie nicht das Fusionstriebwerk und beschleunigen in Richtung Erde?«
»Vielleicht sind die Triebwerke ausgefallen«, sagte Amarjagal, ohne von der Steuerkonsole aufzuschauen.
»Sie senden aber keinen Notruf.«
Darauf sagte die Pilotin nichts.
»Wir könnten das Schiff anfunken«, schlug Nodon vor.
»Und es auf uns aufmerksam machen?«, knurrte Fuchs.
»Wenn wir sie sehen, sehen sie uns auch.«
»Dann funken wir sie eben an.«
»Sie senden nichts außer den normalen Telemetriedaten und ID-Signalen«, sagte Amarjagal.
»Wie lauten Name und Kennung des Schiffs?«
Die Pilotin machte eine paar Tastatureingaben auf der Konsole, und die Daten überlagerten die Abbildung des Schiffs: John C. Fré mont , Eigner und Betreiber Humphries Space Systems.
Fuchs holte tief Luft. »Wir müssen von hier verschwinden«, sagte er und packte mit seiner großen Hand die Schulter der Pilotin. »Das Schiff ist eine Falle.«
Amarjagal warf einen Blick auf den Bordingenieur, der auf dem Sitz rechts neben ihr saß, und nahm wie geheißen eine Kursänderung vor. Der Schub der Fusionstriebwerke des Schiffs erhöhte sich, und die Nautilus tauchte tiefer in den Gürtel ein.
An Bord der John C. Frémont beobachtete Dorik Harbin den Radarschirm auf der Steuerkonsole; die eisblauen Augen waren auf das Bild von Fuchs’ Schiff gerichtet, das in der riesigen Leere des Asteroidengürtels verschwand.
Sein Gesicht war das eines klassischen Kriegers: hohe Wangenknochen, schmale Auger, ein schwarzer Vollbart und dichtes schwarzes Haar, das ihm ins Gesicht fiel. Sein grauer Overall trug das HSS-Logo über der linken Brusttasche und Rangabzeichen an den Ärmeln; er trug den Overall wie eine Militäruniform – nicht nur sauber, sondern rein und mit messerscharfen Bügelfalten. Aber es lag ein gehetzter, gequälter Ausdruck in diesen gletscherkalten Augen. Er schlief nur, wenn er sich partout nicht mehr wach zu halten vermochte, und selbst dann brauchte er noch Beruhigungsmittel, um die Albträume zu vertreiben, die ihn verfolgten.
Doch nun lächelte er – fast. Er hatte früher schon ein paar Mal die Klingen mit
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