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Boys Dont Cry

Boys Dont Cry

Titel: Boys Dont Cry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malorie Blackman
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verlieren war, als hätte man mir ins Herz geschossen.«
    »Wie hast du es dann fertiggebracht?«
    »Was?«
    »Du erinnerst dich, wie es war, Mum zu verlieren, und trotzdem möchtest du Dad und mir das Gleiche antun? Du wolltest uns zurücklassen, und wir hätten ohne dich auskommen müssen?«
    Adam starrte mich an, während die Worte zu ihm durchdrangen.
    »Es tut mir leid«, sagte er leise und blickte wieder auf seine Hände.
    »Adam, sieh mich an.« Ich wartete, bis er den Kopf hob und mir in die Augen sah. »Adam, du bist mein Bruder und ich habe dich lieb. Sehr lieb. Ich will dich nicht verlieren. Das würde ich nicht überstehen.«
    Adam sackte vor Staunen die Kinnlade herunter. Er starrte mich an, als sähe er mich zum ersten Mal.
    »So viel bedeutet es dir?«, fragte er verwundert. »So viel bedeute ich dir?«
    »Klar tust du das, du dummes Riesenarschloch!«
    »Sprich lieber ein bisschen leiser, sonst kommt Dad noch rauf, weil er meint, er müsste eingreifen«, sagte Adam. Der Hauch eines Lächelns umspielte seine Lippen. »So ein schmutziges Mundwerk!«
    »Das ist nicht witzig, Adam«, sagte ich.
    »Ich weiß. Es tut mir leid, Dante. Ich werde es nicht wieder tun.«
    »Versprich es mir.«
    »Ich verspreche es. Du wirst mich nicht verlieren.« Adam lächelte. Seine Hände näherten sich meinem Gesicht. Er strich mir mit den Fingern über die Wangen. Als er die Hände wegnahm, waren seine Fingerspitzen nass.
    »Weißt du denn nicht, dass ein Junge nicht weint?« Adam grinste.
    »Dann sag ich dir jetzt mal, was ich erst vor Kurzem herausgefunden habe«, gab ich zur Antwort. Dabei rannen mir die Tränen unablässig über die Wangen, aber ich schämte mich nicht das geringste bisschen dafür. »Ein Junge weint vielleicht nicht, aber ein richtiger Mann schon.«
    Mein Bruder und ich umarmten einander. Spontan folgten wir dem gleichen Impuls. Echt ein gutes Gefühl.
    »Jetzt geh ich lieber runter und helfe beim Kochen«, seufzte ich. »Ist das in Ordnung?«
    Adam nickte.
    »Und du kommst dann auch runter zu uns?«
    »Ich … morgen vielleicht.«
    »Morgen ganz bestimmt. Okay?«
    »Okay«, willigte mein Bruder ein.
    »Ich bring dir ein Tablett mit Essen rauf«, bot ich an.
    »Danke«, sagte Adam.
    Ich bewegte mich zur Tür, zögerte aber zu gehen.
    »Adam, ich …«
    »Dante, ich tu es nicht wieder. Versprochen«, sagte Adam. »Du wirst mir vertrauen müssen.«
    »Das tue ich.«
    Mein Blick fiel auf den Badezimmerspiegel, der immer noch an Adams Wand lehnte. »Aber den nehm ich mit.«
    »Nein, lass ihn hier«, sagte Adam.
    Einen Augenblick später verließ ich das Zimmer und schloss leise die Tür hinter mir.

49 ADAM
    Kaum war er zur Tür hinaus, streckte ich mich, um Joshs Brief unter dem Kissen hervorzuziehen. Ich hatte Dante nicht angelogen – ich hatte ihn wirklich weggeworfen. Als ich den Absender sah, hatte ich ihn ungelesen in den Papierkorb gestopft. Aber ein, zwei Minuten danach hatte ich ihn wieder herausgefischt. Und ihn gelesen und noch mal gelesen, in der Hoffnung, dass die Worte irgendwann nicht mehr wehtun würden.
    Aber vergeblich.
    Jetzt war mein erster Impuls, ihn wieder zu lesen, aber als ich ihn in der Hand hielt, widerstrebte es mir, ihn auch nur auseinanderzufalten. Lesen wollte ich ihn nicht mehr, aber wegwerfen konnte ich ihn auch nicht, wenigstens jetzt noch nicht. Am Ende vergrub ich ihn ganz hinten in meiner untersten Schublade, unter einem Stapel Pullover, die ich seit Jahren nicht getragen hatte. Wie viele Gedanken und Gefühle dieser Brief aufgewühlt hatte, die ich längst überwunden geglaubt hatte.
    Zu viele.
    Anfangs hatte ich jeden Tag die Schlaftablette genommen, die Dad mir gab, doch dann meinte ich, sie nicht mehr zu brauchen. Ich war ja schon immer dagegen, Pillen zu schlucken, also sammelte ich sie einfach in Seidenpapier und versteckte sie hinten in einer Schublade. Aber Joshs Brief und Emmas Besuch waren zu viel für mich gewesen. Nicht, dass ich einen von ihnen verantwortlich machen würde, Emma sowieso nicht.
    Sie war so allerliebst. Und als sie mich umarmte, merkte ich, dass es das erste Mal seit Monaten war, dass jemand mich in den Arm nahm. Dafür konnte niemand was außer mir selber, aber in diesem Augenblick fühlte ich mich unglaublich allein. So, als hätte man mich lebendig begraben, unter einer Tonne Einsamkeit, die mich erstickte und erdrückte. Ich vermisste meine Freunde, ich vermisste die Schule, ich vermisste mein Leben. Die Welt drehte sich weiter,

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