Bradshaw Gillian - Artus 02
erzählt, weil ich Angst gehabt hatte, sie könnten vielleicht Witze reißen, und das in Gegenwart der falschen Leute.
Auf der Straße zügelte sie ihr Pferd, und die Stute kaute auf dem Gebiß und tänzelte am Straßenrand. Elidan tätschelte ihr die Schulter mit einer schmalen Hand.
›Du gehst also‹, sagte sie.
›Ja, ich gehe‹, erwiderte ich, wütender als je zuvor, weil sie so schön war und so mutig. ›Befehl deines Bruders.‹
Sie senkte den Blick und spielte mit den Zügeln. Dann schaute sie wieder auf. ›Dann geh mit Gott, mein Falke‹, sagte sie.
Es tat mir weh, daß sie mich so nannte. Ich hatte sie einmal darum gebeten, es nicht zu tun. Meine Mutter pflegte mich immer so zu nennen, und die Erinnerung daran war bitter. Sie ist sehr schrecklich und fürchterlich, meine Mutter Morgas. ›Mag sein, daß Gott mit mir geht‹, sagte ich, ›denn mit Sicherheit bleibt er nicht hier, bei der Ungerechtigkeit, die in Ebrauc herrscht‹. Darüber errötete auch sie vor Zorn. Morfran schaute sie an und meinte, wir sollten sie als Geisel nehmen, und da richtete Elidan sich auf und starrte uns alle an. Ich schüttelte den Kopf.
›Ach, wirklich‹, sagte Elidan, ›ich werde keine Geisel sein, mit Verlaub, Herr. Kommt, ich weiß, es wird einen Krieg geben, Gawain ap Lot. Mein Bruder will ihn ja. Es wäre besser, wenn ich als Geisel so etwas verhindern könnte, aber niemand kann einen Krieger daran hindern zu töten. Ihr liebt das Blut zu sehr.‹ Ich wußte nicht, woher sie solche Worte nahm, und ich starrte sie erstaunt an. Sie drängte ihr Pferd dichter an mich heran, und dann beugte sie sich vor, ergriff meine Hand und preßte sie an ihre Stirn. ›Aber ich liebe dich, und ich liebe meinen Bruder, Gawain. Kämpf nicht gegen ihn. Versprich mir, daß du ihm nicht weh tun wirst. Versprich mir, daß du mit deinem Herrn, dem Kaiser, über ihn sprechen wirst. Sag Artus, daß Bran ap Caw, wenn er Frieden schwört, auch Frieden halten wird. Aber versprich mir, daß du Bran nicht umbringen wirst. Das mußt du mir versprechen‹.
Ich riß meine Hand weg. Ich war aufgebracht darüber, daß sie um ihren Bruder so sklavisch bettelte. ›Wenn dein Bruder den verräterischen Narren spielen will, dann ist das seine Sache. Und er muß bereit sein, die Konsequenzen zu ziehen‹, sagte ich. ›Mein Herr weiß viel besser als ich, wie man mit Rebellen fertig wird.‹ Aber als Elidan bleich wurde und mich mit einem seltsamen, kalten Blick anschaute, fügte ich wie zwanghaft hinzu: ›Was mich betrifft, so werde ich ihn nicht umbringen. Ich schwöre bei der Sonne und dem Wind, ich schwöre den Eid meines Volkes, daß ich ihn nicht töten werde. Und… mein Herr Artus ist gnädig.‹
Sie preßte eine Hand auf ihre Stirn, schob das Haar beiseite, als ob sie Kopfschmerzen hätte, und nickte. ›Gott und seine Heiligen mögen dich schützen, Gawain.‹ Wir schauten einander noch einen langen Augenblick an, und ich versuchte, Worte zu finden, die die Trennung leicht machten. Aber mir fielen keine ein. Also nickte ich nur und drängte Ceincaled weiter, und er fiel in einen kurzen Galopp, und wir ließen sie stehen. An der ersten Kurve der Straße schaute ich zu ihr zurück, zu der stillen Gestalt in Blau auf dem stillen braunen Pferd, und ich dachte daran, was es für eine Frau bedeutete, wenn sie sich so bloßstellte, um Lebewohl zu sagen. Ich wünschte mir, ich wäre freundlicher gewesen.
›Was war denn das für eine Geschichte?‹ fragte Morfran, während er sein Pferd neben mich trieb. Ich schüttelte den Kopf, und er lächelte mich wissend an. ›Ihren Falken nennt sie dich? Die Tochter des Caw, die Schwester des Königs. Sieh mal einer an. Das wäre aber wirklich ein Stein im Schuh unseres Freundes Bran. Du goldenzüngiger Falke, warum hast du uns das nicht gesagt? Das ist so toll, darüber würde ich gern ein Lied machen. Ein Lied über die Gastfreundschaft des Königs Bran von Ebrauc!‹ Und er fing an, Witze über Elidan zu reißen. Mir war das peinlich. Ich war zornig, und nach einer Weile lachte ich auch.«
Gawain hatte mit einem Stück Feuerholz gespielt. Er warf es plötzlich ins Feuer und preßte sich die Handballen auf die Augen. Mein Vater stellte die Tasse hin, legte sein Messer weg und stand auf. Er tat einen Schritt auf unseren Gast zu. »Gawain«, sagte er sanft, »du brauchtest uns diese Geschichte nicht zu erzählen.«
Gawain blickte auf. »Es ist gut, daß ich sie erzählt habe. Es ist richtig, daß meine Schande
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