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Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel

Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel

Titel: Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Zimmer!«
    Braig lief durch die Diele, sah rechter Hand den schmalen, mit einem halbrunden Bogen gekrönten Durchlass, der direkt zur Treppe führte. Er warf einen kurzen Blick auf die aus dunklem Eichenholz gefertigten Stufen, machte einen Schritt zur nächsten Tür, öffnete sie. Ein großzügig geschnittenes Wohnzimmer von etwa sechs auf acht Metern lag vor ihm, postmodern eingerichtet, mit weißem Fliesenboden, einer schmalen, auf silberglänzenden Metallfüßen ruhenden beigefarbenen Ledergarnitur, einem niedrigen Glastisch und zwei kleinen Vitrinen mit Porzellan und Gläsern.
    Braig hielt sich nicht lange in dem wie die Diele intensiv nach Kräutern und Zitrusextrakten duftenden Raum auf, warf einen kurzen Blick in die benachbarte, ebenfalls von weißen Fliesen und silberglänzenden Metallicfronten gezeichnete geräumige Küche. Töpfe, Geschirr, Besteck, alles ordentlich verstaut, nur ein verschmutzter, mit Essensresten überzogener Teller sowie ein entfernt nach Bier riechendes Glas in der Spüle, die darauf hinwiesen, dass sich hier vor kurzer Zeit noch jemand aufgehalten hatte. Braig sah, wie Rössle an dem Glas schnupperte, es dann vorsichtig in die Höhe hielt und es akribisch genau musterte.
    »Wann wurde es benutzt?«, fragte er.
    »Hellsehe sollt ma könne.« Der Kriminaltechniker zog eine kleine Lupe vor, begutachtete das Glas von mehreren Seiten. »Die Ränder sind eitrocknet. Mindeschtens zwoi Tag alt. Eher noch mehr.«
    »Freitag?« Der Tag, an dem der blonde Engel ermordet wurde , lag es unausgesprochen in seiner Frage.
    »Des muss noch genauer untersucht werde. Aber möglich isch es, ja.«
    Dann fuhr Meisner nach der Tat gar nicht mehr nach Hause, sondern machte sich sofort auf und davon, überlegte Braig. Wohin?
    Dolde stand in der Tür, warf einen flüchtigen Blick in die Küche. »Kannst du mal kommen?«
    Braig nickte, folgte dem Kollegen zum Fuß der Treppe, sah die offene Tür. Zwei schlichte, mit Schreibtischen, Computern und Aktenschränken ausgestattete Räume.
    »Das Büro«, erklärte Dolde. Er winkte Braig an den Schreibtisch des hinteren Zimmers, zeigte auf einen Aktenordner, der aufgeschlagen neben der Computer-Tastatur lehnte. »Er lag hier. Allerdings mit geschlossenem Deckel. Ich habe in ihm geblättert.«
    Braig benötigte keine weitere Erklärung, starrte auf das Blatt vor sich, fühlte sich augenblicklich elektrisiert. Der Name, die Bilder, das Gesicht. Es handelte sich um die Bewerbung einer jungen Frau mit kurzem Lebenslauf, Beschreibung ihrer körperlichen Vorzüge und zwei Fotografien: Eine etwa postkartengroße Ganzkörper-Aufnahme in knappem Bikini und ein ebenso großes Porträt. Lisa Haag. Schön wie ein Engel.
    »Sie hat sich bei ihm beworben.«
    »Wofür?«
    »Keine Ahnung. Sieht so aus, als betreibe er irgend so eine Casting-Agentur. Für Werbe-Models oder so.«
    »Casting? Er prüft Leute, ob sie sich als Model eignen und vermittelt sie?«
    »Ich denke, ja.« Dolde zeigte auf den Titel des Aktenordners. »Hier. Das dürfte seine Firma sein.«
    Braig sah das DIN-A4-große farbige Foto einer schlanken jungen Frau in knappem T-Shirt und kurzen Hosen, auf deren Brust in großen Lettern European Angels und darunter, etwas kleiner Meisners Famous Models prangte. Zwischen die Beine eingeschoben die Internetadresse und Telefonnummer seiner Agentur.
    Braig blätterte den Inhalt des Ordners durch, sah, dass er die Fotos junger Frauen samt der Beschreibung ihrer körperlichen Vorzüge sowie bereits erfolgreich abgeschlossener Verträge enthielt. Er überflog mehrere Seiten, musterte Bild auf Bild, wunderte sich über die Ähnlichkeit des Aussehens und der Figur der darauf posierenden jungen Frauen. Fast alle waren auffallend schlank, langbeinig und blond. »Bilde ich mir das ein oder geht es dir genau so: Die sehen aus, als seien sie alle miteinander verwandt«, sagte er.
    Dolde lachte leise auf. »Die sind alle nach demselben Modell genormt«, stimmte er ihm zu. »Nach dem Mainstream gebürstet, industriemäßige Produktion, wie die Werbung es wünscht. European Angels, von den Agenturen geklonte Männerträume. Individualität und eigenständige Persönlichkeit stören da nur.«
    »Und alle im gleichen Alter. Die Jüngste fünfzehn, die Älteste sechsundzwanzig, falls ich das richtig beobachtet habe.«
    »Das wird wohl stimmen. Mit dreißig bist du in diesem Metier weg vom Fenster.«
    Braig blätterte weiter, hatte Lisa Haags Vorstellung vor sich. »Sie war also eines seiner

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