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BRAINFUCK

BRAINFUCK

Titel: BRAINFUCK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Berger
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Stimme drang in sie ein, erreichte jede Körperzelle, brachte sie zum Schwingen. Bevor sie antworten konnte, hob er seine tellergroße Hand und berührte leicht ihre Wange.
    Die Berührung war nicht stärker als die eines Schmetterlingsflügels, fühlte sich aber an, wie der Einschlag eines Kometen. Energie strömte in ihren Kiefer, eroberte ihn, wühlte darin, griff nach den Schmerzen und floss in einer gewaltigen Entladung wieder aus ihr hinaus.

    *

    Die Bahn verlangsamte, kurz darauf hielt sie am Stuttgarter Hauptbahnhof. Der Fremde stand wortlos auf und verließ den Zug.
    Melli tastete mit der Zunge nach ihrem Eckzahn, wackelte daran. Das Hämmern war verschwunden, die Schwellung merklich abgeklungen.
    Der Waggon leerte sich und füllte sich mit neuen Fahrgästen. Sie versuchte, durch die hereindrängenden Leute, einen Blick auf den Mann zu erhaschen. Die Bahn ruckte an. Hinter einer Gruppe japanischer Touristen glaubte sie ihn zu sehen, wie er sich in seinem grünen Trenchcoat auf eine Bank zubewegte.
    Wer war das? Und vor allem: Was hatte er getan?
    Die nächste Station: Stadtmitte. Melli sprang auf, drängelte sich zum Ausgang und gelangte, zwischen den sich schließenden Türen hindurch, auf den Bahnsteig. Dreißig Sekunden später fuhr eine Bahn in Gegenrichtung ein.

    *

    Die Dunkelheit des Tunnels wich, das hell erleuchtete Tiefgeschoss des Hauptbahnhofs erschien. Melli spähte aus dem abbremsenden Fahrzeug, dorthin, wo sie den Mann zuletzt gesehen hatte. Beim Aussteigen übersah sie einen Kinderwagen, stolperte und fing sich einen wütenden Fluch der zugehörigen Mutter ein. Sie ignorierte die Frau, suchte weiter die Sitzbänke ab.
    Da saß er, die Ellbogen auf die Knie gestützt, das fleischige Gesicht in den riesigen Händen verborgen. Seine massige Gestalt wirkte wie ein Fels inmitten der ihn umbrandenden Menschenmassen. Die Schöße seines Mantels bewegten sich im Luftzug vorbeieilender Samstagseinkäufer. Touristen und Einheimische bedachten ihn mit missbilligenden Blicken.

    *

    Melli betrachtete ihn forschend. Sie versuchte, in seiner Erscheinung und Ausstrahlung zu lesen. Der Platz links von ihm war frei. Langsam ging sie auf ihn zu und setzte sich neben ihn, so vorsichtig, als könne der Sitz unter ihr abbrechen. Er beachtete sie nicht, schien seine eigene Anwesenheit zu verweigern, so unbeweglich verhielt er sich. Der Kontrast zwischen der Versunkenheit des Mannes und dem geschäftigen Gewimmel wirkte wie ein auf glühender Lava schwimmender Eiswürfel.

    *

    Sie räusperte sich.
    »Hallo … ich …« Eine einfahrende S-Bahn verschluckte ihre Worte.
    Der Mann nahm die Hände vom Gesicht und sah sie an. Aus seinen Augen sprachen Müdigkeit und Schmerz.
    »Ich wollte mich bedanken«, sagte Melli leise.
    Er zog eine Augenbraue hoch.
    »Das tun die Wenigsten.« Seine Stimme schickte kleine Schauer über ihren Rücken.
    »Ich bin Melli.«
    »Ich heiße Patrick«, erwiderte er mit dem Anflug eines Lächelns.
    »Wie hast du das gemacht vorhin?«
    Er wandte sich ab. »Ich mache nichts, die Kraft macht das.« Mit diesen gemurmelten Worten erhob er sich und ging zur Rolltreppe.
    Melli sah ihm nach. Seine geheimnisvolle Antwort stachelte ihre Neugierde mehr an, als dass sie befriedigend wirkte.
    »So leicht kommst du mir nicht davon!«, flüsterte sie.

    *

    Patrick zu folgen, stellte sich als einfach heraus. Er schlurfte mit langsamen Schritten in Richtung Schlosspark. Zielstrebig steuerte er eine abseits stehende Bank an. Ohne zu zögern, ging Melli zu ihm und setzte sich an das freie Ende der Bank.
    Er seufzte. »Du bist penetrant neugierig.«
    »Na, hör mal«, ereiferte sie sich. »Du machst etwas mit mir, das es eigentlich nicht gibt, und wunderst dich, wenn ich neugierig werde?«
    »Und jetzt?« Er lehnte sich zurück. »Dir ist klar, dass es Dinge gibt, die man besser nicht wissen sollte?«
    Melli spürte Ungeduld in sich aufsteigen.
    »Und dir ist hoffentlich klar, dass du mich mit solchen Aussagen nicht zufriedenstellst?«
    Sie schlug die Beine übereinander und blickte ihn erwartungsvoll an. Er schwieg lange. Melli konnte sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete.
    »Es ist lange her«, begann er, »ich war noch ein kleiner Junge, als meine Mutter schwer krank wurde …«
    »Das tut mir …«
    Zischend, mit einem Anflug unterdrückter Wut, unterbrach Patrick: »Wenn du was erfahren willst, solltest du zuhören!«
    Sie schwieg erschrocken.
    Er atmete ein paar Mal tief durch und fuhr fort:

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