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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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sich ihnen hinterhergeträumt und nach ihnen Ausschau gehalten, sobald im Frühjahr der Südwestwind die erste Wärme über das Wasser wehte.
    Aber jetzt türmten sich Eisschollen am Ufer, als wären mannshohe Wellen erstarrt, bevor sie den Strand erreichten. Weit draußen, jenseits der weißen Ebene hinter den zerklüfteten Wällen musste das Wasser sein. Am Tag war es als schimmernder Streifen zu sehen, jetzt war es im Dunkel der Nacht verschwunden.
    Wenn er es bis dorthin schaffte, würde alles ganz schnell gehen. Das Wasser würde ihn aufnehmen und ihn betäuben, bis sein Herz aufhörte zu schlagen.
    Als Thomas Rohrbach sich auf den Weg machte, begann es zu schneien. Scharf und schneidend und so dicht, dass er nichts sah als den Eiswall, der wie ein bizarres Bollwerk vor ihm aufragte.
    Als der erste Schlag ihn traf, verlor er den Halt und stürzte vornüber.
    Den zweiten spürte er kaum noch und sah auch nicht mehr, wie schnell sich das Eis unter seinem Gesicht rot färbte.

26
    »Sind Sie denn komplett verrückt geworden?« Pieplow rang um Fassung. Er wäre am liebsten auf Thiel losgegangen, schlug sich aber stattdessen gegen die eigene Stirn. Hinter der war schließlich die aberwitzige Idee entstanden, sich wieder mal in Dinge einzumischen, die ihn nichts angingen.
    »Ich wollte nur …«
    »Es interessiert mich einen feuchten Kehricht, was Sie wollten! Fakt ist, dass Sie mein Auto geklaut und sich wie ein Berserker aufgeführt haben. Fakt ist auch, dass irgendjemand in der vergangenen Nacht diesen Lehrer umgebracht hat. Da frage sicher nicht nur ich mich, was das eine mit dem anderen zu tun hat.«
    »Nichts«, sagte Thiel. »Letzte Nacht war ich hier. Dafür gibt es Zeugen.« Er zwang sich, Pieplows Blick nicht auszuweichen. Ruhig zu bleiben, einen klaren Kopf zu behalten. Sich nicht schon wieder in den Strudel von Angst und Wut hineinreißen zu lassen. Es würde sich alles klären.
    »Prima. Sie haben also Zeugen dafür, dass Sie hier in dieser Wohnung gewesen sind. Jetzt müssten Sie mir nur noch verraten, wer das sein soll.«
    »In der Wohnung war ich allein, aber dass ich mit der letzten Fähre um halb acht gekommen bin, dafür gibt es Zeugen. Werner Dröge zum Beispiel. Der weiß bestimmt noch, dass er mich am liebsten nicht an Bord gelassen hätte.«
    »Das können Sie nachher alles bei den Kollegen von der Kripo zu Protokoll geben. Ziehen Sie sich was an und kommen Sie mit.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ganz einfach«, sagte Pieplow. »Wir fahren nach Stralsund und machen beide unsere Aussagen. Sie über alles, was gestern passiert ist, und ich, dass ich davon bis vor einer halben Stunde nichts wusste.«
    »Und wenn ich das nicht will?« Thiels Stimme klang scharf. Weil er den Kopf hob und den Rücken ganz gerade machte, schien er ein paar Zentimeter zu wachsen.
    »Lassen Sie den Unsinn, Thiel. Aussagen müssen Sie sowieso. Schon allein wegen der Nummer, die Sie vor Möhles Haus abgezogen haben. Und es macht sich besser, wenn Sie das freiwillig tun, bevor die Kripo Sie abholt. Also beeilen Sie sich – ich warte draußen im Auto.«
    Die 16-Uhr-Nachrichten wiederholten die Meldung, bei der Pieplow eine Stunde zuvor die Luft angehalten und das Radio auf seinem Schreibtisch angestarrt hatte.
    46-jähriger Lehrer … am Morgen vermisst gemeldet … fanden Suchtrupps gegen Mittag … die Polizei
geht von einem Gewaltverbrechen aus … aus ermittlungstechnischen Gründen keine weiteren Einzelheiten.
    Kein Name.
    Nur die unwahrscheinliche Möglichkeit, dass es nicht Rohrbach war, den sie tot am Strand von Groß Zicker gefunden hatten.
    Scheiße.
    Die Hupe gab einen kurzen Ton, als Pieplow mit der flachen Hand aufs Lenkrad schlug.
    Verdammte Scheiße.
    Wenn einer der Zeugen zu knacken gewesen wäre, dann Rohrbach.
    Man hätte ihn nur lange genug unter Druck setzen müssen. Ihn im Wechselbad von Angst und Ungewissheit sieden lassen, bis der Wunsch übermächtig wurde, die Schinderei möge ein Ende haben.
    Aber umbringen?
    Das ergab zumindest für Thiel wenig Sinn.
    Pieplow sah ungeduldig zur Uhr. In zehn Minuten ging das Nachmittagsschiff. Wenn Thiel nicht bald aufkreuzte, würden sie es verpassen.
    »Es gibt eine Planänderung«, verkündete Thiel, kaum dass er im Wagen saß. »Wir fahren nicht zur Kripo.«
    »Das werden wir sehr wohl«, knurrte Pieplow. »Notfalls nehme ich Sie vorläufig fest. Wenn Sie Ihre Aussage gemacht haben, können Sie meinetwegen Ihre Pläne ändern, sooft Sie wollen.«
    »Das

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