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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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Fingerspitzen trommelte.
    »Bevor ich zum Eigentlichen komme, möchte ich kurz etwas zum Anlass unseres Gesprächs sagen.« Willeke legte die Hände übereinander.
    Eine Sache wie diese war ihm noch nie untergekommen, und das wollte etwas heißen. In zwanzig
Jahren als Strafverteidiger hatte er weiß Gott viel erlebt, aber so was? Der Umschlag war vor drei Tagen gekommen. Per Einschreiben mit Rückschein. Es hatte einen Moment gedauert, aber dann hatte Willeke sich erinnert, wer dieser Thomas Rohrbach war, der ihm zweihundert Euro schickte und ihn bat, das beiliegende Schreiben für kurze Zeit in Verwahrung zu nehmen. Erst war Willeke verärgert und entschlossen gewesen, Geld, Brief und Umschlag zurückzuschicken. Für eine Mandatsübernahme gab es schließlich Regeln. Geschriebene und ungeschriebene.
    Aber dann hatte er sich anders entschieden.
    Er hob den Umschlag hoch, behielt ihn aber noch in der Hand.
    »Thomas Rohrbach hat mich beauftragt, Ihnen dieses Schreiben nach seinem Tod auszuhändigen. Noch ist zwar nichts offiziell, aber die zuständige Staatsanwältin war bereit, mir zu bestätigen, dass er der Tote ist, den man heute Morgen bei Groß Zicker gefunden hat.«
    Willeke reichte das Kuvert über den Schreibtisch.
    An »Herrn Heiner Thiel« hatte Rohrbach es mit klarer, fester Schrift adressiert.
    Thiel brachte es noch fertig, den Arm auszustrecken und den Umschlag entgegenzunehmen, dann saß er bewegungslos da. Angst und Hoffnung mischten sich zu einem Gebräu, das ihm den Atem nahm. Wenn er die Augen schloss, tanzten Flammen hinter seinen Lidern.
    Er starrte auf den Umschlag. Hätte ihn gern aufgefetzt und wollte ihn behutsam öffnen. Hatte es eilig und konnte sich nicht überwinden.
    Willeke wandte als Erster den Blick ab. Betrachtete seinen Siegelring und strahlte überraschend viel Geduld aus.
    Pieplow sah aus dem Fenster. Kein Mensch mehr auf dem Teich. Die letzten Schlittschuhläufer mussten gegangen sein, obwohl der Schnee auf dem Eis noch hell in der Dämmerung leuchtete.
    Neben sich hörte er, wie Thiel schwer atmete. Fast stöhnte.
    Dann kam das Geräusch reißenden Papiers.
    Thiel zog die eng beschriebenen Blätter heraus. Seine Augen jagten über die erste Seite, über die Rohrbach in großen Buchstaben »Geständnis« geschrieben hatte.
    Für einen Augenblick sah es aus, als wollte er schreien. Er ließ sich gegen die Stuhllehne fallen, warf den Kopf hin und her, riss den Mund auf wie ein Ertrinkender. Aber dann sprang er hoch und begann so plötzlich zu toben, dass Pieplows Reaktion zu spät kam. Er konnte nicht verhindern, dass Thiel seinen Stuhl mit einem Fußtritt durchs Zimmer schleuderte. Dass er sein Wasserglas gegen die Wand schmiss und einen der Aktenstapel vom Tisch auf den Boden vorm Fenster fegte.
    »Ich bring ihn um!«, brüllte er. »Ich bringe dieses verdammte Schwein um!« Erst als Pieplow ihn an beiden Armen packte, hörte er auf zu schreien.
    Schwer atmend sammelte Willeke die Blätter mit Rohrbachs Geständnis auf, setzte seine Brille zurecht und fing an zu lesen, ließ die Seiten aber bald darauf wieder sinken.
    »Wir haben ein Problem«, sagte er. »Ein ganz gewaltiges sogar. Und wir werden uns sehr gut überlegen müssen, was wir jetzt tun.«

27
    Der Diensthabende am Eingang der Polizeidirektion musterte sie eingehend, bevor er zum Telefon griff.
    »In der Mordsache Rohrbach?« Eine gewisse Skepsis war unüberhörbar.
    »Genau«, sagte Willeke. »Man erwartet uns bereits.«
    Pieplow nickte bestätigend.
    Thiel blickte finster drein. Die Handschellen fühlten sich bleischwer an und schienen ihm die Arme nach unten zu ziehen. Präventionsgewahrsam. Er hatte gar nicht gewusst, dass es so etwas gab.
    Das Telefongespräch dauerte keine Minute.
    »Erster Stock rechts, Zimmer 107.« Der Diensthabende machte eine Handbewegung in Richtung Treppe.
    Thiel schaffte nur die erste Stufe.
    Es ging nicht.
    Er würde dieses Gebäude nicht betreten. Weil seine Beine versagten, weil er keinen Schritt mehr tun konnte. Wenn er weiterging, würde sein Herz aussetzen. Es lag wie erfroren in seiner Brust und tat entsetzlich weh.
    Aus einer Höhle tief in ihm, dort, wo der Verstand nichts mehr ausrichtete, sprang die Gewissheit ihn an,
dass er hier nicht wieder herauskam. Nicht als freier Mann. Von hier führte der Weg in einen Raum mit Bett und Tisch und Stuhl und einem Klosett in der Ecke. Seine Kleider rochen plötzlich wieder nach Rauch, sein Gesicht war blutig, sein Körper von Tritten und

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