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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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hinauf.
    Durch die geschlossene Tür zum Wohnzimmer drangen immer noch gedämpfte Schnarchlaute. Ich kochte eine Kanne Kaffee und nahm eine Tasse mit ins Bad. Weil ich entschlossen war, die Wohnung so schnell wie möglich zu verlassen, zog ich Jeans und eine weiße Bluse an und ging in die Küche, um etwas zum Frühstück zu finden.
    Elena saß bereits am Tisch. Sie hatte einen gesteppten, schmuddeligen Morgenmantel über das violette Nachthemd gezogen. Ihre Hände zitterten leicht; sie nahm beide, um die Kaffeetasse zum Mund zu führen.
    Sie ließ ein beflissenes Lächeln sehen. »Du kochst wunderbaren Kaffee, Baby. Genauso gut wie deine Mutter.«
    »Danke, Elena.« Ich öffnete die Kühlschranktür und bilanzierte den mageren Inhalt. »Tut mir leid, daß ich nicht auf einen Schwatz bleiben kann, aber ich will versuchen, was aufzutreiben, wo du heute nacht schlafen kannst.«
    »Ach, Vicki – Victoria, meine ich. Renn doch nicht so herum. Das ist gar nicht gut fürs Herz. Laß mich hierbleiben, wenigstens ein paar Tage lang. Damit ich über den Schock wegkomme. Daß ich dieses Inferno von gestern nacht erleben mußte. Ich versprech dir, ich falle dir nicht zur Last. Ich könnte in der Wohnung ein bißchen saubermachen, während du bei der Arbeit bist.«
    Ich schüttelte unnachgiebig den Kopf. »Ausgeschlossen, Elena. Ich will nicht, daß du hier wohnst. Nicht eine Nacht mehr.«
    Ihr Gesicht zuckte. »Warum haßt du mich, Baby? Ich bin die Schwester deines Vaters. Die Familie muß zusammenhalten.«
    »Ich hasse dich nicht. Ich will mit keinem Menschen zusammenleben, und dein Leben und meines passen besonders schlecht zueinander. Du weißt so gut wie ich, Tony hätte dasselbe gesagt, wenn er noch da wäre.«
    Es war zu einem schmerzlichen Zwischenfall gekommen, als Elena ihre Unabhängigkeit von meiner Großmutter erklärt hatte und in eine eigene Wohnung gezogen war. Als sie nämlich feststellte, daß die Einsamkeit nicht nach ihrem Geschmack war, kam sie an einem Wochenende in unser Haus nach Südchicago. Drei Tage blieb sie. Es war nicht meine temperamentvolle Mutter, die sie hinauswarf – Gabriella gelang es, in ihre Liebe zu armen Teufeln auch Elena einzubeziehen. Aber als mein immer gelassener Vater nach der Nachtschicht zum Montag nach Hause gekommen war und Elena sinnlos betrunken am Küchentisch gefunden hatte, ließ er sie in die Ausnüchterungszelle im Countygefängnis stecken und weigerte sich ein halbes Jahr lang, mit ihr zu reden, nachdem sie wieder draußen war.
    Auch Elena erinnerte sich offenbar an diesen Vorfall. Das zuckende Schmollen wich aus ihrem Gesicht. Sie sah tieftraurig aus und irgendwie klarer.
    Ich drückte ihr sanft die Schulter und bot ihr an, Eier zu braten. Sie schüttelte wortlos den Kopf und beobachtete mich schweigend, während ich Sardellenpaste auf eine Toastscheibe strich. Ich aß schnell und ging, bevor das Mitleid mein Urteilsvermögen lahmlegen konnte.
    Jetzt war es schon weit nach neun. Der Morgenstau löste sich auf, und ich kam rasch über die Belmont Avenue auf die Schnellstraße. Als ich mich dem Loop näherte, drängte sich der Verkehr jedoch durch ein Labyrinth von Baustellen. Die sechseinhalb Kilometer auf dem Ryan Expressway zwischen Eisenhower Expressway und Thirty-first Street, vermutlich die verkehrsreichsten acht Spuren im bekannten Universum, waren schließlich doch unter der Last der Sattelschlepper zusammengebrochen. Die Fahrspuren Richtung Süden waren gesperrt, solange die Bundesbehörden die Brücke wiederaufbauen ließen.
    Mein kleiner Chevy, eingeklemmt zwischen einigen Fünfundfünfzigtonnern, schlängelte sich mit dem langsamen Verkehrsstrom um die Absperrungen herum. Rechts von mir sah man durch die abgetragene Fahrbahn hindurch das Netzwerk der Stützpfeiler, wie zugeknäulte Vipernnester wirkten sie, hier und da hob sich ein rostiger Kopf, zum Zubeißen bereit.
    Die Ausfahrt zum Lake Shore Drive war so geschickt getarnt, daß ich sie erst sah, als ich schon neben der Tonne war, die die gesuchte Abbiegespur versperrte. Mit meinem Weggefährten, dem Fünfundfünfzigtonner, an der Stoßstange, konnte ich schlecht die Bremse durchtreten und um das Blechding herumfahren. Ich biß die Zähne zusammen und fuhr bis zur Thirty-fifth Street, dann über Nebenstraßen zurück zur Cermak Road.
    Elenas Pension hatte sich immer ein paar Häuser nördlich von der Kreuzung mit der Indiana Avenue befunden. Als ich gegenüber anhielt, verschwand spurlos der Zweifel,

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