Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
diensthabende Arzt schließlich hinaus.
Homerin schüttelte den Kopf. »Die Polizei hat gar nicht mit mir gesprochen. Ich überprüfe nur Ihre Fähigkeit, logische Fragen zu beantworten.«
In den Pausen zwischen Schlaf und schmerzgeplagtem Hin- und Herwälzen hatte ich diese Fähigkeit selbst geprüft, ohne befriedigende Antwort. Vielleicht hatte jemand, der gekommen war, um das Gebäude in Brand zu stecken, gesehen, wie Elena herauskam. Er war ihr gefolgt, hatte gehört, wie sie mich anrief, dann, als sie ins Gebäude zurückging, hatte er sie bewußtlos geschlagen und gewartet, bis er auch mich erwischte, ehe er das Gebäude anzündete. Es konnte so gewesen sein, aber es wirkte ungeheuer umständlich: warum hatte er nicht einfach Feuer gelegt, solange sie draußen war? Vielleicht hatte sie ihn so deutlich gesehen, daß sie ihn wiedererkennen konnte, deshalb meinte er, sie müsse sterben. Aber warum hatte er es dann auch auf mich abgesehen? Mein Kopf löste sich auf. Ich wurde nicht schlau aus dem Ganzen. Ich wollte nach Hause, aber jetzt kam ich mir zu hilflos vor, um auch nur wieder das Bett zu verlassen.
Homerin merkte, wie müde und frustriert ich war, und ging zu einem allgemeinen Verhör über. Ob ich wisse, wer Präsident sei, wer Bürgermeister und so weiter. Ich hätte lieber den Mund gehalten, ratterte aber die Namen herunter. Darauf folgte das Ritual mit den Nadeln an den Füßen, und er hämmerte auf meinen Knien und Ellenbogen herum und tastete meinen Kopf ab – der ganze übliche Medizinerkram, der dem Arzt sagt, ob am schmerzenden Körper noch alles dran ist.
Als er in meine Augen geschaut und meinen Kopf ein paarmal hin und her gedreht hatte, setzte er sich wieder auf den Besucherstuhl. »Ich weiß, daß Sie gehen wollen, Miss Warshawski, aber es wäre besser, wenn Sie noch einen Tag hierblieben.«
»Ich will aber nicht.« Ich war nahe daran, schluchzend zusammenzubrechen.
»Sie leben allein, nicht wahr? Ich glaube einfach nicht, daß Sie sich jetzt schon selbst versorgen können. Soweit ich sehen kann, fehlt Ihnen nichts Ernstes, abgesehen von den Nebenwirkungen der Gehirnerschütterung. Am Mittwochmorgen ist in der Ambulanz eine Computertomographie von Ihrem Kopf gemacht worden, und dabei hat sich nichts Beängstigendes gezeigt. Aber Sie werden besser zurechtkommen, wenn wir uns noch einen Tag um Sie kümmern.«
»Ich hasse es, wenn man sich um mich kümmert, ich kann es nicht ertragen.« Ich wollte nicht wie Tony sein, der so hilflos geworden war, daß er am Ende nicht einmal mehr selbst atmen konnte. Das Geräusch seines rauhen, keuchenden Atems schnitt sich in mein Gehirn, und gegen meinen Willen ertappte ich mich dabei, daß ich weinte.
Homerin wartete geduldig, bis ich mir die Augen getrocknet und die Nase geputzt hatte. Er fragte, ob ich über etwas Bestimmtes mit ihm reden wolle, aber die Erinnerungen an meine sterbenden Eltern waren zu schmerzlich, als daß ich mit einem Fremden darüber gesprochen hätte.
Statt dessen brach es aus mir heraus: »Hat Lotty recht? Werde ich die Alzheimersche Krankheit bekommen?«
Ein Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. »Sie macht sich Sorgen um Sie – deshalb hat sie mich hierhergeschleppt und das Krankenhauspersonal dazu gebracht, daß ich Sie untersuchen darf. Ich bin kein Prophet. Drei Schläge in sieben Jahren – das ist nicht ideal, aber Sie werden nicht regelmäßig so zugerichtet wie beispielsweise ein Boxer. Sie sollten sich jetzt größere Sorgen darüber machen, daß Sie sich bald wieder besser fühlen. Und rufen Sie mich an, wenn Sie ungewöhnliche Symptome haben.«
Er fischte eine Karte aus der Brieftasche und gab sie mir: Mez Homerin, Neurologe, mit einer Adresse in der Michigan Avenue und einer zweiten in der Edgewater Avenue. »Was für Symptome?« fragte ich mißtrauisch.
»Oh, verschwommene Sicht, Schwierigkeiten mit Ihrem Gedächtnis, kribbelnde Finger oder Zehen. Liegen Sie nicht herum und machen sich Sorgen darüber – es würde mich überraschen, wenn Sie solche Symptome zeigten. Konzentrieren Sie sich darauf, Ihre Kraft zurückzugewinnen. Aber rufen Sie mich bitte an, wenn Sie über irgend etwas reden wollen, das Ihnen Sorgen macht.«
Er betonte »irgend etwas« leicht, und mir war blöderweise wieder zum Weinen zumute. Ich sagte so bestimmt, wie ich konnte: »Ich mache mir Sorgen um meine Tante. Wissen Sie, wie es ihr geht?«
»Ihre Tante? Oh, die Frau, die Sie gerettet haben … Sie hat einen Schlag auf den Kopf
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