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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ergriffen. Das Tier würde immer in einem Käfig sein, stets eine Mißgeburt, allein in dieser Welt, wie kein anderes Geschöpf, nicht einmal Weatherbys Hund, es je gewesen war. Das Erlebnis hatte ihn so tief berührt, daß ihm fast jedes >Wort< des in Zeichen geführten Dialogs zwischen dem Outsider und Yarbeck in Erinnerung geblieben war. Und jetzt drängte sich ein bestimmter Teil jener unheimlichen Konversation wieder in sein Bewußtsein: 
    An einem Punkt hatte der Outsider signalisiert: Deine Augen ausreißen.
    Du willst meine Augen ausreißen ?
    Jedem die Augen ausreißen.
    Warum ?
    Damit mich nicht sehen können.
    Warum willst du nicht gesehen werden ?
    Häßlich.
    Du denkst, du bist häßlich ?
    Viel häßlich.
    Woher hast du die Idee, daß du häßlich bist?
    Von Leuten.
    Was für Leute?
    Jeder, der mich erstes Mal sieht.
    Wie dieser Mann, der heute bei uns ist? signalisierte Yarbeck und deutete auf Lem. Ja. Alle denken, ich häßlich. Mich hassen.
    Niemand haßt dich. Alle. Niemand hat dir je gesagt, daß du häßlich bist. Wie weißt du, daß sie das denken ? Ich wissen. Woher weißt du das ?
    Ich wissen, ich wissen, ich wissen! Das Monstrum rannte in seinem Käfig herum, rüttelte an den Stangen, kreischte und kehrte dann zurück, um Yarbeck anzustarren. Meine eigenen Augen ausreißen.
    Damit du dich selbst nicht anzuschauen brauchst?
    Damit ich Leute nicht anschauen muß, die mich anschauen, hatte das Geschöpf signalisiert, und da hatte es Lem zutiefst leid getan. Doch durch dieses Mitleid wurde seine Furcht vor ihm nicht kleiner.
    Jetzt stand er in der heißen Juninacht da und erzählte Walt  Gaines von jenem Vorfall in Yarbecks Labor, und der Sheriff schauderte.

    »Jesus!« sagte Cliff Soames.
    »Er haßt sich selbst, sein Anderssein, also haßt er seinen Schöpfer um so mehr.«

    »Jetzt, wo du mir das sagst«, ließ Walt sich vernehmen,  »überrascht mich, daß keiner von euch je verstanden hat, weshalb er den Hund so leidenschaftlich haßt. Dieses arme, verdammte, verdrehte Ding und der Hund sind im wesentlichen die zwei einzigen Kinder des Francis-Projekts. Der Hund ist das geliebte Kind, das vorgezogene Kind, und das hat der Outsider immer gewußt. Der Hund ist das Kind, mit dem die Eltern prahlen wollen, der Outsider das Kind, das sie am liebsten im Keller unter Verschluß halten würden. Und deshalb ist er dem Hund böse, kocht vor Wut seinetwegen, und das jede Minute eines jeden Tages.«

    »Natürlich«, sagte Lem,
    »du hast recht. Natürlich.«

    »Das erklärt jetzt auch die zwei zerschlagenen Spiegel in den Badezimmern im Obergeschoß des Hauses, in dem Teel Porter getötet wurde«, sagte Walt.
    »Das Ding konnte seinen eigenen Anblick nicht ertragen.«
    In der Ferne, jetzt schon sehr weit entfernt, kreischte etwas  - etwas, das keine Schöpfung Gottes war.

SIEBEN
    Während der restlichen Junitage malte Nora ein wenig, verbrachte viel Zeit mit Travis und versuchte Einstein das Lesen beizubringen. Sie und Travis waren beide nicht sicher, ob es möglich sei, den Hund trotz seiner Klugheit so etwas zu lehren; aber den Versuch war es wert. Wenn er gesprochene Sprache verstand, wie es der Fall zu sein schien, dann folgte daraus, daß man ihn auch lehren konnte, das gedruckte Wort zu lesen. Natürlich konnten sie nicht absolut sicher sein, ob Einstein tatsächlich gesprochenes Englisch verstand, obwohl seine Reaktionen darauf passend und durchaus spezifisch waren. Es bestand die entfernte Möglichkeit, daß der Hund nicht die präzise Bedeutung der Wörter selbst verstand, sondern mittels einer schwach ausgeprägten Form von Telepathie die Wortbilder im Bewußtsein der Personen lesen konnte, wenn diese die entsprechenden Worte aussprachen.
    »Aber ich glaube nicht, daß das der Fall ist«, sagte Travis eines Nachmittags, als er und Nora auf seiner Terrasse saßen, Eiswein tranken und Einstein dabei zusahen, wie er um den Rasensprenger herumtollte.
    »Vielleicht sage ich das nur, weil ich es nicht glauben will. Die Vorstellung, daß er so klug ist wie ich und telepathische Fähigkeiten hat, ist mir einfach zuviel. Wenn das der Fall wäre, dann sollte vielleicht ich das Halsband tragen und er die Leine halten.« Ein Spanisch-Test schien zu ergeben, daß der Retriever tatsächlich auch nicht andeutungsweise über telepathische Kräfte verfügte. Auf der Oberschule hatte Travis drei Jahre lang Spanisch gelernt. Als er sich später für die militärische Laufbahn und dort für die legendäre

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