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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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weist mehr als ein Dutzend häßlicher Bißwunden auf, dazu Spuren von Klauen und Reißwunden. Die Kehle, wie Sie selbst gesehen haben, aufgerissen. Die Augen ...«

    »Ja«, sagte Lem, der keine Notwendigkeit sah, sich mit den gräßlichen Einzelheiten länger zu befassen.
    Die Männer aus dem gerichtsmedizinischen Labor zogen die Reißverschlüsse an den Säcken zu; in der heißen Juliluft klang das, als würden Eiszapfen gegeneinanderschlagen.
    Hilfssheriff Bockner sagte:
    »Zuerst glaubten wir, irgendein Verrückter hätte Tranken mit dem Messer erledigt. Man hat es ja hier und da mit Spinnern zu tun, die sich in den Wäldern statt auf den Straßen herumtreiben und es auf Wanderer abgesehen haben. Also dachten wir... zuerst mit dem Messer getötet, und dann müßte all der andere Schaden von Tieren, Aasfressern, angerichtet worden sein, nachdem der Mann schon tot war. Aber jetzt... sind wir nicht mehr so sicher.«

    »Auf dem Boden hier sehe ich aber kein Blut«, sagte Cliff Soames leicht erstaunt.
    »Da müßte doch eine ganze Menge sein.

    »Sie sind nicht hier getötet worden«, sagte Bockner und fuhr dann, ohne sich aus dem Konzept bringen zu lassen, mit seinem Bericht fort.
    »Die Frau, siebenundzwanzig, Ruth Kasavaris, ebenfalls aus Glendale, ebenfalls scheußliche Bißspuren, Reißwunden. Ihre Kehle ...«
    Lem unterbrach ihn erneut und fragte:
    »Wann sind sie getötet worden?«

    »Nun, ich schätze, ohne den Labortests vorgreifen zu wollen, daß sie am späten Abend des gestrigen Tages gestorben sind. Wir glauben, daß man die Leichen hier heraufgetragen hat, weil man sie auf der Kuppe leichter findet. Hier entlang führt ein stark begangener Bergweg. Aber von anderen Bergwanderern sind sie nicht gefunden worden. Es war ein routinemäßiger Flug der Feuerstreife. Der Pilot schaute nach unten und sah sie hier auf dem kahlen Boden liegen.« Das Gelände hier oberhalb des Boulder Canyon lag mehr als vierzig Kilometer Luftlinie nordnordwest von Johnstone Peak, wo die jungen Leute in ihrem Camper vor dem Outsider Zuflucht gesucht und später mit einer .32-Pistole auf ihn geschossen hatten. Das war am 18. Juni gewesen, vor achtundzwanzig Tagen. Der Outsider mußte also, dem reinen Instinkt folgend, nordnordwestliche Richtung eingeschlagen haben und hatte ohne Zweifel häufig kehrtmachen müssen, wenn ihm ein Canyon den Weg versperrte; deshalb hatte er höchstwahrscheinlich in diesem bergigen Gelände zwischen neunzig und hundertdreißig Kilometer zurückgelegt, um die fünfzig Kilometer Luftlinie zu bewältigen. Trotzdem entsprach das nur einer Geschwindigkeit von fünf Kilometern pro Tag, höchstenfalls, und Lem fragte sich, was das Geschöpf während dieser Zeit getan hatte, wenn es nicht unterwegs war, schlief oder Nahrung jagte.
    »Sie werden sehen wollen, wo diese zwei getötet wurden«, sagte Bockner.
    »Wir haben die Stelle gefunden. Und den Bau werden Sie auch sehen wollen.«
    »Bau?«
    »Das Versteck«, sagte einer der Waldhüter. Die Hilfssheriffs, die Waldhüter und die Männer vom gerichtsmedizinischen Labor hatten Lem und Cliff seit ihrer Ankunft mit eigenartigen Blicken gemustert. Das überraschte Lem nicht. Die lokalen Behörden begegneten ihnen stets mit Argwohn und Neugier, weil sie es nicht gewohnt waren, daß eine mächtige Bundesbehörde wie die NSA auftauchte und die Zuständigkeit an sich zog. So etwas war eine Seltenheit. Jetzt aber wurde ihm bewußt, daß ihre Neugierde von anderer Art und anderem Ausmaß war als üblicherweise. Zum erstenmal spürte er ihre Furcht. Sie hatten etwas gefunden - den Bau, das Versteck, von dem sie sprachen -, was ihnen Anlaß zu der Annahme gab, daß dieser Fall noch eigenartiger war, als das plötzliche Auftauchen der NSA normalerweise bedeutete.
    In Anzug, Krawatte und geputzten Straßenschuhen waren weder Lem noch Cliff für einen Fußmarsch in den Canyon passend angezogen, aber keiner von beiden zögerte, als die Waldhüter vorangingen. Zwei Hilfssheriffs, die Laborleute und einer der drei Waldhüter blieben bei den Leichen, so daß die Gruppe, die jetzt den Abstieg begann, aus sechs Personen bestand. Sie folgten einem flachen Flußbett, das der Regen aus dem Boden gewaschen hatte, und bogen dann in eine Art Wildpfad. Nachdem sie bis zum Grunde des Canyons hinabgestiegen waren, wandten sie sich gegen Südosten und gingen einen knappen Kilometer weiter. Bald war Lem verschwitzt und mit einer dünnen Staubschicht bedeckt. Seine Socken und Hosenbeine

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