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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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kehrtgemacht und ist auf Südkurs gegangen.«
    »Scheiße!« sagte Cliff.
    »Und dort ist er abgesprungen«, sagte Lem.
    »Draußen an der Spitze des Wellenbrechers. Ohne Gummiboot. Geschwommen ist er, bei Gott.«
    »Dafür ist er zu alt«, protestierte Cliff.
    »Offenbar nicht. Er ist um die Spitze herum auf die andere Seite geschwommen und jetzt zu einer Telefonzelle an einem der öffentlichen Strande im Norden unterwegs. Wir müssen ihn aufhalten, und zwar schnell.« Cliff schrie durch seine zum Trichter geformten Hände die Vornamen der vier Agenten, die auf anderen Booten entlang der Piers verteilt waren. Seine Stimme trug trotz des Windes weit und hallte flach vom Wasser wider. Männer kamen gerannt, und noch während Cliffs Schreie über dem Hafen verhallten, sprintete Lem zu seinem Wagen auf dem Parkplatz. Das Schlimmste passiert dann, wenn man am wenigsten damit rechnet. Travis war damit beschäftigt das Geschirr zu spülen, als Nora sagte:
    »Sieh dir das an.«
    Er drehte sich um und sah, daß sie bei Einsteins Schüsseln stand. Das Wasser war weg, aber das halbe Abendessen hatte er stehenlassen.

    »Hast du je erlebt, daß er auch nur ein Stück übrigläßt?« fragte sie.

    »Nein.« Travis runzelte die Stirn und trocknete sich die Hände an einem Küchenhandtuch ab.
    »Die letzten paar Tage... Ich dachte immer, er hätte sich vielleicht erkältet, aber er sagt, es geht ihm gut. Und heute hat er nicht mehr so geniest oder gehustet wie die letzten Tage.«
    Sie gingen ins Wohnzimmer, wo der Retriever mit Hilfe seiner Umblättermaschine ein Buch las. Sie knieten neben ihm nieder, er blickte auf, und Nora sag te:
    »Bist du krank, Einstein?« Der Retriever bellte einmal, leise: NEIN.
    »Bist du auch sicher?« Ein schnelles Schweifwedeln: JA.
    »Du hast dein Abendessen nicht aufgegessen«, sagte Travis. Der Hund gähnte ausgiebig.
    »Willst du damit sagen, daß du etwas müde bist?« fragte  Nora.
    JA.
    »Wenn du dich krankfühlst«, sagte Travis,  »dann sagst du uns das doch gleich, nicht wahr. Pelzgesicht?« JA. Nora bestand darauf, Einsteins Augen, Maul und Ohren nach Spuren einer Infektion zu inspizieren, sagte aber zu guter Letzt:
    »Nichts. Er scheint in Ordnung zu sein. Ich schätze, selbst Superhund hat das Recht, hin und wieder müde zu sein.« Der Wind war schnell aufgekommen. Er war kalt und peitschte die Wellen höher auf als am Tag. Vor Kälte scheppernd, erreichte Garrison das Ende des Wellenbrechers. Er war erleichtert, endlich die harten und manchmal scharfkantigen Steine verlassen und wieder sandigen Strand betreten zu können. Er war sicher, daß er sich beide Füße zerschunden hatte; sie fühlten sich heiß an, und sein linker Fuß tat bei jedem Schritt weh, so daß er hinkte. Zuerst hielt er sich dicht an der Brandung, abseits von dem von Bäumen gesäumten Park, der hinter dem Strand begann. Drüben, wo die Wege von Parklampen beleuchtet waren und einzelne Scheinwerfer Palmen anstrahlten, wäre er von der Straße aus leichter zu sehen gewesen. Er rechnete nicht damit, daß jemand ihn suchte; er war sicher, daß sein Trick funktioniert hatte. Aber falls doch jemand nach ihm Ausschau hielt, wollte er jetzt nicht auf sich aufmerksam machen. Der böige Wind fetzte Schaum von den hereinrollenden Brechern und warf ihn Garrison ins Gesicht, so daß er das Gefühl hatte, dauernd durch Spinnennetze zu laufen. Das Zeug brannte in den Augen, die jetzt endlich aufgehört hatten, vom Salzwasser zu brennen, und er sah sich schließlich gezwungen, die Brandungsfront zu verlassen und weiter den Strand hinaufzugehen, wo der weichere Sand langsam in Rasen überging, aber immer noch außerhalb der Reichweite der Lichter war.
    Junge Leute waren am dunklen Strand, für die Kühle der Nacht gekleidet: Paare auf Decken, aneinandergeschmiegt, kleine Gruppen, die haschten und Musik hörten. Acht oder zehn Halbwüchsige hatten sich um zwei Geländefahrzeuge mit Ballonreifen versammelt, die tagsüber am Strand nicht erlaubt waren und wahrscheinlich nachts auch nicht. Sie tranken Bier neben einer Grube, die sie in den Sand gebuddelt hatten, um ihre Flaschen zu verstecken, falls ein Polizist herannahen sollte; sie führten laute, prahlerische Reden über Mädchen und alberten herum. Niemand würdigte Garrison mehr als eines Blickes, während er vorbeieilte. In Kalifornien waren Gesundheitsfanatiker ein etwa ebenso vertrauter Anblick wie Straßenräuber in New York, und wenn ein alter Mann im kalten Meer schwimmen

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