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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Uhr früh zu Bett, weil Jim Keene berauscht war, nicht von Bier, Wein oder Whisky, sondern von schierer Freude über Einsteins Intelligenz.
    »Ja, wie ein Mensch, aber trotzdem ein Hund, ein Hund, auf wunderbare Art dem Denken eines Menschen ähnlich und doch auch wunderbar anders, wenn man von dem Wenigen ausgeht, das ich gesehen habe.« Aber Jim drängte nicht mehr auf mehr als einem Dutzend Beweisen seines Verstands. Er war der erste, der sagte, daß sie ihren Patienten nicht ermüden dürften. Trotzdem war er so erregt, daß er kaum an sich halten konnte. Travis wäre nicht zu sehr überrascht gewesen, hätte der Tierarzt plötzlich durchgedreht.
    In der Küche drängte sie Jim, ihm einige der Geschichten über Einstein zu erzählen: die Sache mit der >Modernen Braut< in Solvang; wie er es angestellt hatte, dem ersten heißen Bad, das Travis ihm verordnete, kaltes Wasser hinzuzufügen, und vieles andere mehr. Jim selbst erzählte einige der Geschichten ein zweites Mal, als würden Travis und Nora sie noch nicht kennen. Aber die beiden freuten sich und ließen ihn gewähren. Dann schnappte er sich mit großer Geste das Flugblatt vom Tisch, riß ein Streichholz an und verbrannte das Blatt im Ausguß. Er spülte die Asche hinunter.
    »Zur Hölle mit den mickrigen Geistern, die ein solches Geschöpf einsperren möchten, um an ihm herumzustochern und ihre Studien zu treiben. Mag sein, daß sie genial genug waren, Einstein zu machen, aber sie begreifen nicht, was sie getan haben. Begreifen nicht, welche Größe es hat, denn wenn sie es begriffen, würden sie ihn nicht in einen Käfig sperren wollen.« Als Jim Keene am Ende widerstrebend zugab, daß sie alle Schlaf brauchten, trug Travis Einstein - der bereits schlief ins Gästezimmer hinauf. Sie richteten ihm auf dem Boden neben dem Bett eine Liegestatt aus Decken. Und dann, in der Dunkelheit, mit Einsteins leisem Schnarchen im Hintergrund, hielten Travis und Nora einander unter der Decke umfangen.
    »Jetzt wird alles gut werden«, sagte sie.
    »Einiger Ärger steht uns noch bevor«, sagte er. Dem Fluch frühen Todes war durch Einsteins Genesung Halt geboten worden. Aber daß der Fluch völlig von ihm genommen sei, wagte Travis noch nicht zu glauben. Irgendwo dort draußen war immer noch der Outsider... rückte näher.

ZEH N
    Als sie am Dienstag, dem 7. Dezember, am Nachmittag mit Einstein den Heimweg antraten, wollte Jim Keene sie nicht gehen lassen. Er folgte ihnen nach draußen zu ihrem Pick-up und schärfte ihnen, neben dem Wagen auf der Fahrerseite stehend, noch einmal ein, daß sie die Behandlung die nächsten paar Wochen fortsetzen müßten, erinnerte sie daran, daß er Einstein bis zum Monatsende einmal die Woche sehen wolle, und drängte sie, ihn nicht nur wegen der Behandlung des Hundes aufzusuchen, sondern auch auf einen Drink, zum Abendessen oder einfach, um zu plaudern.
    Travis wußte, daß der Tierarzt damit meinte, er wolle ein Teil von Einsteins Leben bleiben, wolle an dem Zauber teilhaben.
    »Jim, glauben Sie mir, wir kommen wieder. Und noch vor Weihnachten müssen Sie uns besuchen und einen Tag bei uns verbringen.«

    »Das würde mich sehr freuen.«

    »Uns auch«, sagte Travis aufrichtig.
    Auf der Fahrt nach Hause hielt Nora den in eine Decke gehüllten Einstein im Schoß. Er hatte immer noch nicht seinen alten Appetit zurückgewonnen, und er war schwach. Sein Immunsystem hatte schwer gelitten, er würde eine Weile für alle Arten von Krankheiten sehr anfällig sein. Jim Keene hatte gesagt, daß sie ihn so viel wie möglich im Haus festhalten und gut betreuen müßten, bis seine alte Lebenskraft wiederhergestellt wäre - und das werde wahrscheinlich bis ins neue Jahr dauern.
    Auf dem verschrammten, zerbeulten Himmel blähten sich regenschwangere dunkle Wolken. Der Pazifische Ozean war so hart und grau, daß er nicht aussah wie Wasser, sondern wie Milliarden von Scherben und Brocken aus Schiefer, die ununterbrochen von unterirdischen Beben durcheinandergewirbelt wurden.
    Aber das rauhe Wetter konnte ihrer Stimmung keinen Abbruch tun. Nora strahlte, und Travis ertappte sich beim Pfeifen. Einstein studierte die Szenerie mit großem Interesse, offenkundig bereitete selbst die düstere Schönheit dieses beinahe farblosen Wintertages ihm Freude. Vielleicht hatte er nicht damit gerechnet, die Welt außerhalb von Jim Keenes Praxis jemals wiederzusehen, und in diesem Fall war selbst eine See aus Schieferplatten und ein von Wunden entstellter Himmel ein

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