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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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seine großen Geheimnisse gehütet, seine Träume von Macht und Unsterblichkeit vor der Welt verborgen. Aber seine Sehnsucht, von seiner Größe zu reden, war seit dem Fiasko mit Danny Slowicz nicht geringer geworden. Es war, als hätte er alles, was er den Leuten hatte sagen wollen, in sich aufgestaut, es auf unzählige Spulen geistigen Tonbands aufgezeichnet und spielte es jetzt mit hoher Geschwindigkeit ab. Und er spie alle diese Verrücktheiten aus, und Nora wurde übel dabei. Er erzählte ihr, wie er von Einstein erfahren hatte, von der Ermordung der Wissenschaftler, die im Rahmen des FrancisProjekts bei Banodyne die verschiedenen Forschungsprogramme geleitet hatten. Er wußte auch über den Outsider Bescheid, hatte aber keine Angst vor ihm. Er stehe, so erklärte er, an der Schwelle der Unsterblichkeit, und eine der letzten Aufgaben, die er erfüllen müsse, um seine Bestimmung zu erreichen, bestehe darin, sich in den Besitz des Hundes zu setzen. Ihm und dem Hund sei es bestimmt, zusammen zu sein, weil jeder von ihnen in dieser Welt einmalig war, ein Wesen ganz besonderer Art. Und sobald er, Vince, seine Bestimmung erfüllt habe, sagte er, könne nichts ihn aufhalten - nicht einmal der Outsider.
    Die Hälfte der Zeit verstand Nora nicht, was er sagte. Wenn sie es verstanden hätte, so vermutete sie, würde sie ebenso wahnsinnig sein wie er.
    Aber obwohl sie nicht immer mitbekam, was er meinte, wußte sie doch, was er mit ihr und Travis vorhatte, sobald er den Retriever in seine Gewalt gebracht haben würde. Zuerst hatte sie davor Angst, über ihr Schicksal zu sprechen, als würde sie es damit unwiderruflich machen. Aber zuletzt, als sie nur noch knappe acht Kilometer von dem Feldweg entfernt waren, der vom Highway zu ihrem Haus führte, sagte sie:
    »Sie werden uns doch nicht laufen lassen, wenn Sie den Hund haben, oder?«
    Er starrte sie an, und sein Blick war wie eine Liebkosung.
    »Was meinst du denn, Nora?«

    »Ich denke. Sie werden uns töten.«

    »Natürlich.«
    Es überraschte sie, daß diese Bestätigung ihrer Ängste sie nicht mit noch größerem Schrecken erfüllte. Seine selbstgefällige Antwort machte sie nur wütend, dämpfte ihre Furcht und steigerte gleichzeitig ihre Entschlossenheit, seine Pläne zunichte zu machen.
    In diesem Augenblick wußte sie, daß sie eine radikal veränderte Frau war, die fast nichts mehr gemein hatte mit jener Nora vom vergangenen Mai, die durch die arrogante Selbstsicherheit dieses Mannes zu einem zitternden Häufchen geworden wäre.

    »Ich könnte den Wagen von der Straße lenken und das Risiko eines Unfalls eingehen«, sagte sie.

    »In dem Augenblick, in dem du am Steuer reißt«, sagte er,  »würde ich dich erschießen müssen und dann versuchen, die Kontrolle über den Wagen zurückzubekommen.«

    »Vielleicht könnten Sie das nicht. Vielleicht würden Sie auch sterben.«

    »Ich? Sterben? Vielleicht. Aber ganz bestimmt nicht bei etwas so Belanglosem wie einem Verkehrsunfall. Nein, nein. Ich habe zu viele Leben in mir, um so einfach abzutreten. Und außerdem glaube ich nicht, daß du es versuchen wirst. Tief im Herzen glaubst du nämlich, daß dein Mann es irgendwie schaffen wird, dich und den Hund und sich zu retten. Da liegst du natürlich falsch. Aber du kannst einfach nicht aufhören, an ihn zu glauben. Dabei wird er gar nichts tun, weil er Angst haben wird, dir zu schaden. Ich werde mit einer Kanone hineingehen, die ich dir an den Bauch halte, und das wird ihn lange genug lahmen, daß ich ihm den Schädel runterblasen kann. Deshalb habe ich auch nur den Revolver. Er ist alles, was ich brauche. Seine Fürsorge für dich, seine Angst, dir zu schaden, wird ihn das Leben kosten.« Nora erkannte, daß es sehr wichtig war, ihre Wut nicht zu zeigen. Sie mußte verängstigt wirken, schwach, ihrer selbst völlig unsicher. Wenn er sie unterschätzte, machte er vielleicht einen Fehler, der ihr einen kleinen Vorteil verschaffte.
    Sie nahm nur eine Sekunde lang den Blick von der nassen Straße, schaute zu ihm hinüber und sah, daß er sie nicht amüsiert oder vielleicht voll kranker Wut anstarrte, wie sie das eigentlich erwartet hatte, auch nicht mit der ihr schon vertrauten kuhartigen Gleichmut, sondern eher mit einem Ausdruck der Zuneigung, ja vielleicht sogar der Dankbarkeit.
    »Ich träume seit Jahren davon, eine schwangere Frau zu töten«, sagte er, als handele es sich dabei um ein um nichts weniger lohnendes Ziel, als ein Wirtschaftsimperium aufzubauen, die

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