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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sich eine Vorgangsweise überlegen, bei der er nicht auf den Gedanken kam, einen Annäherungsversuch zu machen, für den Fall, daß er tatsächlich so geartet war wie Streck.
    Als ein paar Minuten vor fünf das Telefon klingelte, war Travis gerade damit beschäftigt, eine Dose Alpo in Einsteins Schüssel zu leeren. Der Retriever beobachtete ihn interessiert, leckte sich die Lefzen, wartete aber; bis die letzten Reste aus der Dose gekratzt waren, um zu zeigen, wie sehr er Zurückhaltung zu üben verstand.
    Travis ging ans Telefon, und Einstein machte sich über sein Fressen her. Als sich am anderen Ende niemand meldete, sagte Travis noch einmal Hallo, und der Hund blickte von seiner Schüssel auf. Als Travis noch immer keine Antwort bekam, fragte er, ob jemand in der Leitung sei, was Einstein offensichtlich neugierig machte, denn er trottete durch die Küche und blickte zum Hörer auf, den Travis in der Hand hielt.
    Travis legte auf und drehte sich um. Aber Einstein blieb ste hen und starrte das an der Wand befestigte Telefon an.
    »Wahrscheinlich die falsche Nummer.« Einstein schaute zuerst ihn, dann wieder das Telefon an.
    »Oder Kinder, die sich einen Spaß machen wollten.« Einstein winselte unglücklich.
    »Was ist dir über die Leber gelaufen?« Einstein stand beim Telefon wie angewurzelt. Seufzend meinte Travis:
    »Nun, die Überraschungen, die ich  erlebt habe, reichen mir für einen Tag. Wenn du weiter rätselhaft sein willst, dann ohne mich.«
    Er wollte sich die Nachrichten ansehen, bevor er das Abendessen bereitete, also holte er ein Diät-Pepsi aus dem Kühlschrank, ging ins Wohnzimmer und ließ den Hund allein zurück, der immer noch vom Telefon fasziniert zu sein schien. Er schaltete den Fernseher ein, setzte sich in den großen Lehnsessel, riß den Verschluß seiner Pepsi-Dose auf und hörte, wie Einstein in der Küche irgendwelches Unheil anrichtete.

    »Was machst du denn dort drüben?« Ein Klirren, ein Klappern. Das Geräusch von Krallen, die an etwas Hartem scharrten. Ein dumpfer Knall, dann noch einer.

    »Was du auch anrichtest«, warnte Travis,
    »du wirst dafür bezahlen müssen. Und wie willst du das Geld verdienen? Vielleicht schick' ich dich nach Alaska, dort kannst du dann als Schlittenhund arbeiten.« In der Küche wurde es still. Aber nur einen Augenblick lang. Dann neuerlich ein paar dumpfe Geräusche, ein Klappern, ein Rascheln und wieder das Scharren von Krallen. Travis war jetzt gegen seinen Willen neugierig geworden. Er schaltete mit der Fernbedienung den Ton des Fernsehers aus. Etwas fiel mit einem Knall auf den Küchenboden. Travis wollte gerade nachsehen, was passiert sei, aber bevor er sich vom Stuhl erhob, tauchte Einstein auf. Der Hund trug das Telefonbuch im Maul. Er mußte ein paarmal an der Küchentheke hochgesprungen sein, wo das Buch lag, mußte mit den Pfoten daran gekratzt haben, bis er es schließlich heruntergeholt hatte. Jetzt trottete er quer durch das Wohnzimmer und ließ das Buch vor dem Lehnsessel fallen.
    »Was willst du denn?« fragte Travis. Der Hund stieß das Telefonbuch mit der Schnauze an und schaute Travis dann erwartungsvoll an.
    »Du willst, daß ich jemanden anrufe?«
    »Wuff.«
    »Wen?« Wieder stieß Einstein das Telefonbuch an. Travis sagte:
    »Also, wen soll ich anrufen? Lassie, Rin Tin Tin, Pluto?« Der Retriever starrte ihn mit seinen dunklen, gar nicht hundegemäßen Augen an, die jetzt ausdrucksvoller waren denn je, was aber nicht ausreichte, das mitzuteilen, was das Tier mitteilen wollte.

    »Hör zu, mag ja sein, daß du meine Gedanken lesen kannst«, sagte Travis,  »aber ich nicht die deinen.« Enttäuscht winselnd trottete der Retriever hinaus und verschwand um die Ecke in den kurzen Flur, der zum Bad und den beiden Schlafzimmern führte. Travis überlegte, ob er ihm folgen sollte, beschloß dann aber, abzuwarten, was als nächstes geschehen würde. In weniger als einer Minute kehrte Einstein zurück. Er trug eine goldgerahmte Fotografie im Format 18 x 24 im Maul. Er ließ sie neben dem Telefonbuch fallen. Es war das Bild Paulas, das Travis auf seinem Nachttisch stehen hatte. Es war an ihrem Hochzeitstag aufgenommen worden, zehn Monate vor ihrem Tod. Sie sah sehr schön aus auf dem Bild - und trügerisch gesund.
    »Geht nicht. Junge. Die Toten kann man nicht anrufen.« Einstein schnaubte, als wolle er sagen, Travis sei schwer von Begriff. Er ging zu einem Zeitungsständer in der Ecke, stieß ihn um, so daß alle Zeitschriften

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