Brandzeichen
herunterfielen, und kam mit einer Ausgabe von Times zurück, die er neben das gerahmte Foto fallen ließ. Mit den Vorderpfoten scharrte er an dem Magazin, bis er es offen hatte, und blätterte dann darin herum, wobei ein paar Seiten in Fetzen gingen. Travis beugte sich in seinem Sessel nach vorn und sah interessiert zu. Einstein hielt einige Male inne, um die aufgeschlagenen Seiten des Magazins zu studieren, und blätterte dann weiter. Schließlich kam er zu einer Automobilanzeige, die im Vordergrund ein attraktives brünettes Mädchen zeigte. Er blickte zu Travis auf, dann hinunter auf die Anzeige, blickte wieder zu Travis auf und wuffte.
»Das versteh' ich nicht.« Einstein machte sich erneut über das Magazin her und fand schließlich eine Anzeige mit einer lächelnden Blondine und einer Zigarette. Er schnaubte Travis an.
»Autos und Zigaretten? Du möchtest, daß ich dir einen Wagen kaufe und ein Päckchen Virginia Slims?« Wieder trottete Einstein zu dem Zeitungsständer und kehrte mit einem Immobilien-Anzeigenblatt zurück, das die Post immer noch jeden Monat brachte, obwohl Travis bereits vor zwei Jahren aus dem Geschäft ausgestiegen war. Jetzt machte sich der Hund darüber her, bis er eine Anzeige fand, die eine hübsche brünette Immobilienmaklerin in einer Century-21-Jacke zeigte. Travis musterte Paulas Foto, dann die Blondine mit der Zigarette, schließlich die Century-21-Maklerin und erinnerte sich an die andere Anzeige mit der Brünetten und dem Auto und sagte:
»Eine Frau? Du möchtest, daß ich ... eine Frau ... anrufe?« Einstein bellte.
»Wen?« Einstein griff mit den Zähnen sachte nach Travis' Handgelenk und versuchte ihn aus dem Sessel hochzuziehen.
»Okay, okay, laß los. Ich komm' ja schon.« Aber Einstein ging kein Risiko ein. Er ließ Travis' Handgelenk nicht los und zwang ihn, halbgebückt durch Wohnzimmer und Eßzimmer in die Küche zu gehen, zum Telefon. Dort ließ er Travis schließlich los.
»Wen?« fragte Travis erneut. Aber plötzlich begriff er. Es gab nur eine einzige Frau, deren Bekanntschaft er und der Hund gemacht hatten.
»Doch nicht die Dame, die wir heute in Park kennengelernt haben?« Einstein begann mit dem Schweif zu wedeln.
»Und du meinst, die hat uns gerade angerufen?« Der Schweif wedelte schneller.
»Wie willst du wissen, wer es war? Sie hat kein Wort gesagt. Und außerdem - was hast du eigentlich vor? Willst du uns verkuppeln?« Der Hund wuffte zweimal.
»Nun, hübsch war sie, aber nicht mein Typ, mein Bester. Ein bißchen sonderlich, fandest du nicht auch?« Einstein bellte ihn an, rannte zur Küchentür und sprang zweimal an ihr hoch, drehte sich zu Travis um und bellte wieder, rannte um den Tisch herum, bellte dabei die ganze Zeit hastete zur Tür, sprang sie wieder an, und mit der Zeit wurde offenkundig, daß ihn irgend etwas in höchstem Grade beunruhigte. Etwas, das mit der Frau zu tun hatte. Sie hatte am Nachmittag im Park irgendwie Schwierigkeiten gehabt. Travis erinnerte sich an den widerwärtigen Burschen in Turnhosen. Er hatte der Frau seine Hilfe angeboten, und sie hatte abgelehnt. Dann hatte sie es sich anders überlegt und ihn vor ein paar Minuten angerufen, nur um festzustellen, daß sie nicht die Courage hatte, ihm ihr Leid zu klagen?
»Und du meinst wirklich, daß sie es ist, die angerufen hat?« Der Schweif fing wieder zu wedeln an.
»Nun ... selbst wenn sie es war, ist es wahrscheinlich nicht klug, sich da in etwas hineinziehen zu lassen.« Der Retriever sprang ihn an, packte sein rechtes Hosenbein und zerrte wie wild an dem Jeansstoff, so daß Travis fast das Gleichgewicht verlor.
»Schon gut, ist ja schon gut! Ich tu's ja. Bring mir das verdammte Telefonbuch.« Einstein ließ los und rannte aus der Küche, so schnell, daß er auf dem glatten Linoleum ins Rutschen kam. Im nächsten Augenblick kehrte er mit dem Telefonbuch zwischen den Zähnen zurück. Erst als Travis das Buch in Empfang nahm, wurde ihm klar, daß er vom Hund erwartet hatte, er werde verstehen, was er ihm auftrug. Die außergewöhnliche Intelligenz und die Fähigkeiten des Tieres nahm Travis jetzt schon als selbstverständlich hin. Und dann wurde ihm blitzartig klar, daß der Hund ihm das Telefonbuch nicht ins Wohnzimmer gebracht hätte, wenn er nicht verstünde, welchen Zweck ein solches Buch hatte.
»Mein Gott, Pelzgesicht, dein Name paßt wirklich zu dir, oder nicht?«
Obwohl Nora gewöhnlich nie vor sieben zu Abend aß, war sie hungrig. Der Spaziergang am Vormittag
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