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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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sich den Verwundeten am Mast zu. Wenn sie bis morgen überlebten, würde er sie vor die Wahl stellen, Ar zu dienen oder zu sterben. Er verzog bei diesem Gedanken den Mundwinkel. Es war rechtschaffend, ihnen einen solchen Vorschlag zu machen. Wer stolz war, wer die Bronzeaxt dem Leben in Ar vorzog, würde mit Ehre sterben. Und die anderen würden leben.
    Der Skerg trat zurück in den Bug. Die Männer hatten dieses Mal gut gekämpft. Kengbers Krieger hatten mehr Köpfe als jemals zuvor genommen, doch nicht einmal sie hatten sich mit Bran messen können. Er hatte dem Nordmann zugerufen, als das zweite Schiff anlegte und die Vandarer über die Reling regneten. Doch Bran hatte sich zwischen ihnen erhoben und seine Waffen mit einer Kraft benutzt, wie sie Visikal niemals zuvor gesehen hatte. Nicht einmal Ylmer konnte sich mit ihm messen. Visikal fürchtete nicht mehr, einen Fehler begangen zu haben, als er Bran zum Tileder machte. Er hatte sich als tauglich erwiesen, sowohl auf Aard als auch hier, und wenn er den Krieg überlebte, würde Tir die seine werden.
    Visikal fasste sich an den Bart, der, seit die Flotte Arborg verlassen hatte, länger geworden war, als es ihm lieb war. Jetzt tauchten die ersten Hausdächer hinter den Hügeln auf. Wenn die Vandarer diese Stadt noch immer bewohnten, würde er das jetzt sehen. Es war wohl so, wie er es befürchtet hatte. Die Gerüchte aus Aard waren über das Meer getrieben. Diese dreißig Schiffe, die hier gelegen hatten, waren sicher nur ein Teil der Streitmacht, die sie an der Küste zusammengezogen hatten. Es würde ein schwieriger Krieg werden. Doch noch wussten die Vandarer nichts von den Old-Myrern.
     
    Mit der ersten Dämmerung erreichten die Schiffe den Strand. Ein Trampelpfad im Schnee schlängelte sich über die Hügel. Die Spuren im Sand verrieten, wo die Flotte der Vandarer abgelegt hatte. Die Arer ruderten die Langschiffe an Land und folgten dem Pfad die Hügel hinauf. Die Siedlung war eher ein Dorf als eine Stadt, obgleich sich die steinernen Häuser über eine Fläche ausbreiteten, die sich über mehrere Speerwürfe erstreckte. Die Gebäude waren niedrig und lang und boten viel Platz für Tiere und Heu.
    Die Tirganer wanderten zwischen den Häusern hindurch, während die Arborger bei den Schiffen blieben. Abgesehen von den Spuren im Schnee gab es kein Zeichen von Leben. Aus den Dachluken stieg kein Rauch, und in den Ställen fanden sie lediglich trockenen Tang.
    »Sie haben alles mitgenommen«, sagte Nangor, als Brans Männer das erste Langhaus untersuchten. Ein Topf lag umgestürzt auf der Feuerstelle inmitten des Raumes. Ein paar andere waren achtlos im Halbdunkel an den Wänden abgestellt worden, und der Brei in den Töpfen verriet, dass diese Menschen ihre Häuser Hals über Kopf verlassen haben mussten.
    Bran sog den Geruch der Menschen ein. Sie waren noch nicht lange fort. Er begann zu begreifen, warum sich die Vandarer so schnell aus der Schlacht zurückgezogen hatten. Frauen und Kinder waren an Bord ihrer Schiffe gewesen. Und auch die Haustiere mussten sie mitgenommen haben, denn der Trampelpfad hinunter zum Strand war voller Kot gewesen.
    Die nächsten Häuser waren wie das erste. Als sie sich dem Ende der Siedlung näherten, ließ Bran seinen Blick nach Süden schweifen. Eine breite Ebene erstreckte sich vor den kahlen Höhenzügen. Das war kein gutes Land für die Jagd, und während der Ernte in Tirga hatte er einiges über Böden gelernt. Wer hier gewohnt hatte, musste die Flächen bewirtschaftet und wie in Tirga Korn geerntet haben.
    Er ließ seine Männer die letzten Häuser durchsuchen und ging auf die Felder zu. War es möglich, dass die Vandarer alle Kornsäcke an Bord der Schiffe geschafft hatten?
    Die Antwort loderte ihm hinter dem letzten Haus entgegen. Eine Grube, breit und lang wie zwei Pferde, war hier ausgehoben worden. Sie war mit Getreide oder den Resten davon gefüllt. Bran sprang in die Glut hinunter und befühlte die Asche. Sie wärmte ihn wie das Wasser im Sommer. »Ein Tag«, sagte er zu sich selbst. Dann kniete er nieder und grub sich in die Tiefe. Und schließlich, zwei Handbreit unter der verkohlten Oberfläche, berührten seine Finger kühle Getreidekörner. Er drückte seine Hand so weit wie möglich nach unten. Die Grube war mindestens eine Armlänge tief.
    »Hierher!« Tarba stand unmittelbar hinter ihm und rief: »Wir haben das Getreide gefunden!«
    Die Tirganer kamen zwischen den Häusern angerannt. Sie umringten die Grube und

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