Brans Reise
legte ihre Hand auf den Bauch und schloss die Augen. Sie wusste nicht, wie sie sich fühlen sollte. Ein Teil von ihr fühlte sich jetzt geborgener, doch es gelang ihr nicht, sich zu freuen. Und ganz sicher durfte sie sich auch noch nicht sein.
Die Treppe endete vor einer schmalen Holztür. Tir schob sie auf und kam in einen Raum, den Fackeln und das Mondlicht, das durch große Fenster hereindrang, erhellten. Licht fiel über den Steinboden und die drei Betten. Das mittlere Bett war leer, die Laken waren blutbefleckt. Eine junge Frau saß auf der Bettkante. Sie hatte ein rundes Gesicht und breite Hüften. Als Tir die Tür hinter sich schloss, sah die Frau von ihren Händen auf und schüttelte den Kopf.
»Er hat es nicht geschafft.« Sie stand auf und zog das Bett ab. »Ich habe es dir gesagt, Tir. Er hat auf dem Weg hierher zu viel Blut verloren.«
Tir blieb einen Moment an der Tür stehen. Sie fasste sich an die Stirn und senkte den Kopf, bevor sie sich wieder aufrichtete und die Spange löste, die ihren Umhang vor dem Hals zusammenhielt.
»Wir wussten, dass das geschehen würde.« Sie legte ihren Umhang auf eine Truhe neben der Tür, auf der auch eine Schüssel Wasser stand. Tir krempelte ihre Ärmel hoch, kniete nieder und tauchte ihre Hände in das kalte Wasser. »Wir müssen jetzt an die anderen denken.«
Die andere Frau gab ihr einen Schwamm, und Tir wusch sich die Hände, die Unterarme und das Gesicht. Dann bekam sie einen trockenen Leinenlappen, mit dem sie sich abtrocknete.
»Ich finde, du siehst müde aus.« Die andere Frau streichelte ihr über den Arm. »Geh nach Hause und schlaf dich heute Nacht aus. Ich bleibe für dich hier.«
Tir lächelte und legte sich den Leinenlappen über die Schulter. »Es geht schon, Kianna. Ich bin nicht müde.« Sie trat zum Fenster, das nach Westen zeigte, und schloss die Läden. Dann drehten sie sich zu den Betten um. Die zwei Männer lagen reglos unter den Decken. Das Fieber hüllte sie in einen ewigen Dämmerschlaf, und nur selten bewegten sie den Kopf und sahen sich um.
»Wie geht es ihm?« Tir setzte sich auf die Bettkante des ersten Bettes und legte dem Mann die Hand auf die Stirn. Sein einer Arm lag auf der Decke. Die Hand war in Höhe des Handgelenks abgetrennt und der Stumpf in blutige Verbände gewickelt.
»Nesm geht es besser.« Kianna legte ihre Hand auf die bärtige Wange des Verwundeten. »Sein Stumpf blutet nicht mehr. Gib ihm zu trinken und wasch ihn, dann wird er wohl bald aufwachen.«
Tir rieb sich die Augen, stand auf und ging ein paar Schritte weiter. Kianna sah ihr mit besorgtem Blick nach. Tir ging um das mittlere Bett herum und setzte sich vorsichtig auf die Kante des dritten Bettes.
»Um ihn steht es schlechter.« Kianna sammelte die blutigen Verbände auf dem leeren Bett zusammen. »Die Wunden wollen nicht verheilen.«
Tir streichelte dem bärtigen Mann über die Stirn. Er brannte unter seiner Haut.
»Ich werde auf ihn aufpassen.« Sie ging zur Tür hinüber und nahm den grünen Umhang von einem Haken. Sie reichte ihn Kianna, die sich Stiefel anzog und einen Schal um den Hals wickelte.
»Bist du sicher, dass…« Kianna sah sie eindringlich an. »Du siehst so traurig aus. Bist du sicher, dass ich heute Nacht nicht hier bleiben soll?«
Tir half ihr mit der Kapuze.
Kianna öffnete die Tür, doch da nahm Tir ihre Hand. »Danke«, sagte sie. »Dass du mir mit Bran geholfen hast.«
Kianna lächelte und tätschelte ihre Wange. »Ich bin eine Galuene wie du, Tir. Und es war doch meine Schwester, die dich in Seinem Turm getroffen hat. Sie kommt morgen früh mit frischem Wasser und Suppe hierher. Möge Cernunnos mit dir sein, heute Nacht.«
Tir schloss die Tür hinter ihr und löste einen Lederbeutel von ihrem Gürtel. Sie legte ihn auf das niedrige Tischchen unter dem Nordfenster und holte eine Bronzeschüssel aus dem Regal an der Ostwand. Dann öffnete sie den Beutel und leerte die Kräuter in die Schüssel. Es war Minze vom Rand der Ebene. Die Pflanzen waren getrocknet und gehackt, doch ihr frischer Duft war jetzt noch stärker. Sie ging zum Wasserfass hinüber und holte eine Kelle Wasser. Sie trank einen Schluck und schüttete den Rest über die Kräuter. Dann verrührte sie die Minze mit dem Wasser, bis sie zu einem dünnen Brei wurde, und nahm die Schüssel mit zu Nesm hinüber. Anschließend holte sie eine zweite Schüssel, füllte sie mit Wasser und stellte sie auf das mittlere Bett.
Nesm stöhnte, als sie seinen Arm in ihren Schoß
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