Brans Reise
wie ein kleines Kind.
Bran riss sich aus der Umklammerung los. Furcht und Wut ließen seinen Körper zittern.
»So will ich dich sehen, Tileder!« Visikal zog das Schwert hinter seinem Rücken. »Geh jetzt und hol deinen Helm, bevor die Vandarer Schlingen um den Bugsteven werfen.«
Bran fasste sich an seinen Gürtel. Weder Schwert noch Axt hingen dort, und den Helm hatte er in den Seesack gepackt. Und die Schiffe waren so schrecklich nah. Er konnte die Krieger an Deck erkennen. Ihre langen Kettenhemden klirrten und ihre Bogen waren gespannt.
»Keiner meiner Tileder hat jemals ohne Waffen gekämpft.« Tarbe stand plötzlich vor ihm. In der einen Hand hielt er das blau geschliffene Schwert und in der anderen die Doppelaxt. Er legte die Waffen in Brans Hände, beugte sich hinunter und nahm den Helm, den er zwischen die Beine geklemmt hatte. »Hier. Ich setze ihn dir auf.«
Bran spürte, wie sich das eiskalte Eisen gegen seine Wangen presste.
»Ein Schild!« Visikal stand am Steuer, während die Männer hinter der Reling knieten.
Bran stieß sein Schwert in die Planken und nahm ein Bronzeschild von der Reling. Die Vandarer hoben ihre Bogen und zielten in den Himmel. Das hatte er zuvor schon einmal gesehen, vor dem Saal des Inselkönigs. Die Männer hielten sich die Schilde über die Köpfe und schlossen die Augen. Bran kniete nieder und schob seinen Unterarm hinter die Riemen.
Da schossen die Vandarer ihre Pfeile ab. Bran senkte den Schild und starrte zu dem Schwarm empor, der von den schwarzen Schiffen aufstieg. Sogar der Wind musste schweigen, als die Pfeile Löcher ins Himmelszelt stachen. Sie schienen gar nicht wieder herunterkommen zu wollen, doch dann senkten sie wie hungrige Falken ihre Eisenschnäbel zum Meer hinab und schossen nach unten. Bran kauerte sich unter dem Schild zusammen und hielt die Luft an. Dann hagelten die Pfeile herab. Der Schild bebte unter den Aufschlägen. Das Deck zitterte, und Schreie waren auf den Langschiffen zu hören.
»Drei Pfeile!«, brüllte Visikal über das Deck.
Die Männer standen auf, nahmen zwei Pfeile in den Mund und legten den dritten an die Sehne.
»In einem Bogen auf das Schiff dort vorne! Jetzt!«
Die Pfeile zischten davon, und jetzt waren es die Vandarer, die schrien. Dreimal schossen die Langschiffe ihre Pfeile auf sie ab, und Bran warf den Schild zur Seite. Die Flotte war nur noch wenige Schiffslängen entfernt, und überall klirrte Eisen. Bran zog sein Schwert aus den Planken. Die Übelkeit kam zurück. Seine Brust verknotete sich.
Die Vandarer ruderten ihre Schiffe auf die Flotte der Arer zu. Die Zweimaster waren höher als die Langschiffe; sie waren mit Teer gestrichen und wurden von zwei übereinander liegenden Ruderreihen angetrieben. Die Steuermänner trieben die schwarzen Rümpfe auf die Langschiffe zu, und als sie dicht genug waren, wurden die Ruder eingezogen. Noch mehr Krieger strömten an Deck. Auch sie trugen Kettenhemden. Sie setzten runde Helme auf ihre kurz geschorenen Köpfe mit den widerspenstigen Haaren, strafften die Riemen unter ihren dunklen, bärtigen Kinnen und schoben ihre Unterarme unter die Schilde. Die Opfer der Pfeile wurden von der Reling weggezogen, denn dort versammelten sich die Vandarer jetzt. Dicke Schlingen wurden über die Bug- und Achtersteven der Langschiffe geworfen. In den Meeren im Süden kämpfte man so, und die Arer machten nicht einmal den Versuch, die Schlingen zu durchschlagen. Auf beiden Seiten warteten die Krieger leise darauf, dass sich die Schlingen strafften. Kein Kriegsgeschrei war jetzt zu hören, keine Befehle. Die Arer und Vandarer starrten sich durch die Löcher in ihren Helmen an und suchten sich ihre Opfer für den ersten Schwerthieb. Bran stand noch immer dort, wo er vor dem ersten Pfeilhagel Schutz gesucht hatte. Er sah auf seine Waffen hinab, hielt sie vor sich und spürte ihr Gewicht in den Händen. Sie fühlten sich so leicht an.
Der Schiffsrumpf der Vandarer schlug an die Reling. Das war das Zeichen, dass der Kampf beginnen konnte. Die Vandarer schlugen mit den Schwertern gegen ihre Schilde, bellten wie Hunde und sprangen auf das Langschiff herab. Die Tirganer wurden zurückgetrieben, und die Vandarer pressten sich weiter auf das Deck vor und machten weiteren Reihen von Kriegern Platz. Visikal brüllte irgendwo zwischen den Schilden, und Bran versuchte, die Tirganer von den Vandarern in ihren Kettenhemden zu unterscheiden. Dort war Keer, der einem knienden Mann in den Rücken schlug. Und
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