Brans Reise
Tirga zurückkommen, werde ich mir eine Frau suchen, die gut Feuer machen kann. Ich werde über meine Hand jammern, so dass die Skerge mich das nächste Mal zu Hause lassen, wenn sie in den Krieg ziehen. Und dann werde ich mich bis zu meinem letzten Tag an ihrem Feuer wärmen.«
In der Dämmerung kletterten die zwei Männer auf einen Berg im Norden des Moores und hielten Ausschau. Bran hatte gehofft, das Meer sehen zu können, doch jetzt erkannte er, dass sie sich weit im Landesinneren befanden. So weit das Auge reichte, schien dieses gefrorene Land in allen Richtungen nur aus schneebedeckten Hügeln zu bestehen. So verbargen sie ihre Hände vor dem Frost, senkten die Köpfe und wanderten nach Norden.
Jeder Anstieg, jeder Tag war gleich. Sie stapften durch den tiefen Schnee zwischen den Bäumen der Talsohlen, wo die Vögel im Chor zwitscherten und sich gegenseitig warnten. Hier unten lag eine Art von Wärme, als ob die Sonne ihre Strahlen um die Baumstämme wickelte. Jedes Mal, wenn sie nach oben auf einen Hügel kamen, spähten sie nach Norden, Osten und Westen. Doch das Hügelland schien kein Ende zu nehmen.
An diesem Tag rasteten sie zeitig in einem Wacholdergebüsch.
»Bogen«, sagte Keer und zeigte auf die Bäume. »Wir können Bogen machen und Krähen schießen.«
»Keine Krähen.« Bran hatte noch nie einen Vogel getötet, denn es gehörte nicht zu den Sitten seines Volkes, heilige Tiere zu jagen. »Hasen«, erwiderte er. »Wir können Hasen und Eichhörnchen jagen. Vielleicht finden wir draußen an der Küste Spuren von Hirschen.«
»Irgendetwas brauchen wir auf jeden Fall.« Keer beugte einen der dicken Äste, die aus dem Schnee herausragten, hin und her. Dann schlug er mit seinem Schwert die Seitenzweige ab und hackte ihn am Stamm los.
Auch Bran suchte sich einen elastischen Zweig, der sich unter einem Pelz aus Nadeln versteckte. Seit er ein kleiner Junge war, schnitzte er sich Bogen aus Wacholderzweigen, und er begann sogleich, die Rinde vom Holz zu schaben.
Bis tief in die Dämmerung widmeten die zwei Männer den Bogen ihre ganze Aufmerksamkeit. Sie waren beide erdverbundene Menschen, und sie wussten, welche Stärke ihnen die Bogen geben würden. Mit solchen Waffen wären sie in diesem Land nicht mehr verloren, sondern Jäger.
Bran war als Erster fertig. Der Bogen reichte vom Boden bis zu seiner Brust. An den Enden hatte er das Holz dünner geschnitzt und zwei Kerben mit der Axt geschlagen, damit die Sehne nicht rutschte. Aber er hatte keine Sehne.
Er steckte den Bogen in den Schnee und watete ins Dunkel hinein, um Brennholz zu finden. Keer war noch damit beschäftigt, die Rinde abzuschälen. Der Tirganer hielt das Holz mit seinen drei Fingern fest und zog mit ungeschickten Bewegungen an der Rinde.
Etwas später saßen sie am Feuer. Sie rollten sich die Bogen über die Oberschenkel und bogen sie ab und zu, um mit ihrer Spannung vertraut zu werden. Bran hielt seine langen Haare ins Licht des Feuers. Er dachte darüber nach, sie sich abzuschneiden, um sich einen Strang für den Bogen zu flechten. »Morgen werden wir das Meer erreichen«, sagte Keer. »Ich habe hier oben so ein Gefühl.« Er deutete auf seine Stirn.
»Ein Gefühl?« Bran warf einen Fichtenzweig aufs Feuer.
»Ich spüre, dass die Reise bald zu Ende geht.« Keer krümmte seine drei Finger um das Holz des Bogens. »Wie ich es spüre, wenn die Langschiffe durch die Inseln im Norden von Tirga segeln. Eine Art Ruhe.«
»Aber wir sind noch weit vom Winterlager entfernt. Wir können doch noch nicht so weit nach Osten gekommen sein?«
»Nein, aber es wird leichter werden, am Meer entlangzuwandern.« Keer blickte ins Dunkel. »Vielleicht stoßen wir auch auf die Old-Myrer oder einen von den unseren.«
Bran drehte sich auf die Seite. So wie Keer redete, konnte man fast glauben, sie wären bald wieder in Tirga. Er wusste jedoch, dass er weiter von sicherem Land entfernt war als jemals zuvor.
»Hast du den großen Höhenzug gesehen?« Keer spuckte ins Feuer.
Bran hatte keine Erhebung gesehen, die höher als die übrigen war. Jeder Hügel sah aus wie der andere, vom Wind kahl gefegt und weiß von Schnee. Er schüttelte den Kopf.
»Als wir zum letzten Mal nach Norden geschaut haben, ist mir ein Höhenzug aufgefallen, der sich im Norden vor den Horizont schob.« Keer deutete auf den Hügel in Brans Rücken. »Dort, glaube ich, liegt das Meer. Und das kann stimmen, denn wir sind eineinhalb Tage lang ins Landesinnere marschiert.
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