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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Seepocken und Kalkablagerungen abplatzten.
    »Fa Ton.« Sie streckte es ihm entgegen. Der Schaft und die Glocke waren mit Algen bedeckt, doch die Klinge glänzte blank. »Ich bin Tir Fa Ton, und das ist das Schwert meines Vaters. Der Verwundete erhielt seine Wunden, als er mich und die Ehre meiner Familie verteidigte. Muss ich zu meinem Onkel gehen, damit ich diesen Mann zum Turm hinaufbringen kann?«
    »Nein, aber… Er kann die Pest haben, und…« Nakkar wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Hat Visikal nicht gehört, was mit Fa Ton geschehen ist?«
    Nakkar sah den Seemann an, der die Hand vor seinen Bauch hielt und sich vor ihr verbeugte.
    »Visikal trauert nun bereits ein Jahr«, sagte Nakkar. Er sah sich zu den Soldaten um und bemerkte, dass diese sich wie der Seemann verbeugten. Da drehte er sich wieder zu Tir um, kniete nieder und sagte mit gesenktem Haupt: »Wir alle wissen, was mit der Insel geschehen ist. Aber wir glaubten, es hätte niemand überlebt. Ich bitte dich um Vergebung, Tir.« Er stand auf und zeigte zur Stadt hinauf. »Ich werde euch sofort zum Turm führen. Und ich bitte euch alle, dieses Missverständnis zu verzeihen.«
    Dielan und Hagdar starrten die Sklavin an. Ihre Augen zeigten jetzt einen anderen Ausdruck. Sie war nicht mehr die gefügige Gestalt unter dem Segeltuch, sondern eine Frau mit Abstammung und Ehre.
    »Bist du eine Königstochter?«, fragte Hagdar.
    Tir löste ihren Umhang und wickelte ihn um das Schwert. »Vater war der Bruder von Visikal, und das ist der Skerg von Tirga.«
    »Skerg?« Hagdar sah zu den Steinhäusern auf. »Ist das eine Art Häuptling?«
    Tir gab keine Antwort, denn in diesem Moment setzte sich der Hafenmeister mit seinen Soldaten in Bewegung.
     
    Dielan und Tir folgten dem Hafenmeister durch die Straßen von Tirga. Dielan starrte die Menschen an, die scheinbar überall waren, und vergaß beinahe den schweren Körper auf seinen Armen. Die ganze Stadt war auf den Hang gebaut worden, aber die Arer hatten es geschafft, die Häuser senkrecht aufzurichten, obgleich der Boden anstieg. Es sah aus, als stünden drei oder vier Hütten übereinander. An manchen Ort starrten Männer und Frauen aus den Fenstern hoch oben unter dem Dach auf sie herab. Die Gassen, die kreuz und quer zwischen diesen gewaltigen Bauten hindurchführten, waren mit Steinplatten gepflastert, die wie die Lappen einer Pelzjacke ineinander passten. Zum Trocknen aufgehängter Tang hing an Pfosten, die unter den ausladenden Dächern aus den Wänden ragten. An manchen Orten hing er so dicht, dass das Licht kaum mehr die Gassen zwischen den Häusern erreichte. Neben den breitesten Wegen waren Säulen errichtet worden, auf denen brennende Krüge standen, und auch Fackeln steckten in eisernen Halterungen an den Hauswänden. Über dem Ganzen lag der Geruch von Pferdemist, gesalzenem Fleisch, Tang und Menschen. Aber es gab auch Gerüche und Geräusche, die Dielan noch nie zuvor wahrgenommen hatte; süße und bittere Gerüche, das Klingen von Eisen, knisternde Feuer und Zauberei.
    Von allem, was er sah, erschreckten ihn die Türme am meisten. Denn sie waren genauso hoch wie die Felsen daheim in den Lanzenbergen. Er konnte nicht glauben, dass Menschen so etwas bauen konnten, und dann mussten es doch die Namenlosen selbst sein, die sie errichtet hatten.
    Der Hafenmeister führte sie auf einen breiteren Weg, von dem aus Dielan zum Hafen zurückblicken konnte. Gwen und die anderen wirkten dort unten auf dem hintersten Anleger wie Ameisen, und er sah, wie groß die Schiffe waren. Ein Reiter lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf den Weg vor ihm, auf dem Männer und Frauen in beide Richtungen unterwegs waren. Einige traten aus gepflasterten Pfaden, die zwischen den Häusern hindurchzuführen schienen, während andere hinter den Buden standen, die den Weg an beiden Seiten säumten. Es gab Körbe und Leder, und die Sonne glänzte auf Schilden und Waffen. Doch er achtete nicht weiter auf die Buden, denn am Ende des Weges hatte er ein Gebäude erblickt, das noch größer war als die anderen. Krieger mit eisernen Rüstungen bewachten die Tore. Sie trugen mannshohe, glänzende Äxte. Sein Blick folgte der glatten Steinmauer nach oben zum Himmel, bis sie drei Mastlängen über den Dächern endete. Und er bekam Angst, denn er begriff, dass das der Turm der Galuenen war. Hier sollte er seinen Bruder den fremden Trollmännern übergeben, damit diese ihn ihrem Gott preisgaben, damit er wieder gesund wurde.
    Als sie am

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