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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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solange wir nicht rächen, was sie mit Fa Ton gemacht haben. Ich bin verpflichtet, diejenigen zu töten, die meinen Bruder und dessen Frau ermordet haben.«
    »Es ist mehr als zwei Winter her, dass wir in den Kampf gezogen sind.« Vare deutete auf die Türme. »Wir haben die Stämme im Landesinneren besiegt und sind dabei so weit vorgedrungen wie kein Reiter vor uns, und unsere Türme sind voller Gold. Aber unsere Frauen sind fruchtbar und der Boden trocknet aus. Wir sollten unsere Männer zu Hause behalten, meine ich, damit sie ihre Kräfte in den Fischerbooten austoben können. Und was soll ich tun, wenn es zu regnen anfängt und unsere Männer im Krieg sind, wenn sich die Äcker golden färben? Wer soll dann das Korn einholen, das wir so dringend brauchen?«
    »Wir sollten das jetzt noch nicht entscheiden.« Visikal kratzte sich unter seinem Brustschild. »Redet mit den Fremden und hört, was sie wollen und wo sie herkommen. Danach halten wir noch einmal Rat und entscheiden, ob Ars Männer zu Schwert oder Pflug greifen.«
    »Schwert oder Pflug«, wiederholte Vare.
    Ylmer zog seinen Umhang enger um sich, und die drei Männer stiegen die Treppe hinunter.
     
    Die erste Nacht in Tirga verbrachte das Felsenvolk in den Booten. Sie hatten Angst vor diesem fremden Ort und starrten voller Ehrfurcht und Misstrauen zu den Türmen hoch. Denn kein Mensch konnte diese gewaltigen Häuser errichtet haben, und keiner der Götter, die sie kannten, zeigte seine Größe mit Bauwerken. Die Hälfte der Männer hielt auf dem Anleger Wache und beobachtete die Krieger und Fischer, die sich im Hafen zu schaffen machten. Sie sahen Kaufleute, die Säcke einluden und Fisch und Fleisch in Tangblätter einwickelten, und sie hörten, wie sie ihre Waren einem jeden, der vorbeiging, feilboten. Als sich das Dunkel der Nacht über den Hang legte und die Gassen schwarz wie Falten im Land waren, entzündeten gerüstete Krieger Kohlelampen, die an der steinernen Mole befestigt wurden. Die Kaufleute entfachten ihre Feuer und fuhren mit ihrem Handel bis tief in die Nacht fort, während die Berge getrockneten Tangs glühten und sich wie brennende Riesenaugen im schwarzen Wasser spiegelten. Der Geruch von Rauch und gebratenem Fisch lag wie eine Decke über dem Hafen.
    Als die Sonne noch am Himmel stand, war Dielan die Straßen heruntergelaufen. Er hatte Gwen umarmt und erzählt, dass Tir eine Trollfrau war und dass Bran auf einer Steinplatte unter dem Bild eines geweihtragenden Riesen lag. Dielan gefiel nicht, was er gesehen hatte, und glaubte, Kragg würde sie verlassen, wenn sie zu lange hier blieben. »Das ist das Land eines fremden Gottes«, sagte er. »Wir sind zu weit nach Süden geraten und wir müssen hier weg, ehe dieser Gott uns fängt!« Doch vielleicht war es bereits zu spät, denn als der Morgen anbrach, wurden sie von starkem Wind und einer sturmgepeitschten See geweckt. Der Himmel hing voller dunkler Wolken und hohe Wellen klatschten an die Mole.
    Als es zu regnen begann, suchten sie unter den Segeltüchern Schutz. Deshalb sahen sie nicht, dass die Bürger von Tirga auf die Straßen rannten und ihre Arme in den Himmel reckten, und bei dem Platschen des Regens auf dem Meer hörten sie auch den Jubel nicht. Erst als der Hafenmeister zu ihnen nach unten kam, begriffen sie, welche Freude das für Tirgas Einwohner bedeutete. Er pries sowohl sie als auch alle ihre zukünftigen Kinder und bat Dielan, ihm zu einem Platz zu folgen, an dem sie ihre Zelte aufschlagen konnten. Sie brauchten nicht einmal die Segeltücher von den Booten zu nehmen, denn die Männer des Hafenmeisters hatten alles Notwendige mitgebracht. So verließ das Felsenvolk die Boote und folgte dem Hafenmeister und seinen Männern. Sie nahmen die erste Gasse nach links, die zu einem Acker gleich hinter den Hauswänden führte. Hier waren die Krieger bereits damit beschäftigt, Zelte aufzubauen. Sie hatten Rinnen ausgehoben, damit das Regenwasser ablief, und getrockneten Tang als Brennmaterial unter einem hölzernen Regenschutz aufgestapelt.
    Bald darauf hatte das Felsenvolk Decken, Pelze und Waffen in dieses neue Lager gebracht. Nur Nangor ging einen anderen Weg.
    »Ich bin Seemann«, sagte er. »Und ich habe es mir immer gewünscht, mit den Arern zu segeln.«
    Er drehte ihnen den Rücken zu und verschwand zwischen den Häusern. Aber das Felsenvolk dachte jetzt nur wenig an ihn, denn der Regen rann in dicken Strömen über die gepflasterten Wege. Sie krochen in ihre Zelte, die aus

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