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Brasilien: Ein Land der Zukunft

Brasilien: Ein Land der Zukunft

Titel: Brasilien: Ein Land der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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riesigen Massen, die dann ein Rohr – der fleißigste Kaffeetrinker der Welt – mächtig ansaugt, die Masse wird Strom und läuft aufwärts und abwärts durch ein Gefäll von Sieben, so daß die größeren Sorten von den kleineren Körnern getrennt werden, an laufenden Bändern picken gleichzeitig flinke braune Frauenhände während des Vorbeiströmens die wertlosen, verkümmerten Körner heraus; so wird die Qualität in einzelne Qualitäten gesondert, die Kaffeevölker werden uniformiert und mit einzelnen Sortennamen bedacht, immer genau fünfzig Kilogramm einer und derselben Art schüttet die selbsttätig wägende und zählende Maschine in einen neuen Sack, der schon Nummer und Qualitätsmarke trägt, und während der eben noch offene und blitzschnell angefüllte Sack weitergestoßen wird auf dem rollenden Band, vernäht eine andere Maschine das obere Ende des Sackes. Nun erst, nach diesen raffinierten und supertechnischen Verteilungen ist der Kaffee wirklich reisefertig und kann auf den wartenden Schiffen in alle Zonen der Erde fahren.
    Aber auch diese letzte Etappe der Reise vom Lagerhaus in das Schiff ist noch erstaunlich anzusehen. Denn nicht mehr wie in verschollenen Zeiten wird Sack für Sack auf einen sonngebräunten Menschenrücken geschwungen und über das Laufbrett an Deck getragen. Nicht wie wir es sonst in Häfen gewohnt sind, reichen Krane in elegant leichter Drehung vom Kai die gehäufte Ware in den Frachtraum des Schiffes hinab, sondern hier wird auf Schienen eine Brücke aus Stahl herangeführt und der Höhe des Bordes angepaßt. Diese Brücke trägt ein Paternosterwerk, einen fließenden Teppich, auf dem nun direkt aus der Tiefe ihres Lagerhauses die Säcke (weit bequemer als die Passagiere) an Bord befördert werden. Es ist schön anzusehen, dieses lautlose, stille, mechanische Fließen; wie eine Lämmerherde auf einem schmalen Pfad Rücken hinter Rücken zu wandern genötigt ist, so zieht hintereinander stundenlang ein weißer Sack nach dem andern erst vom Lagerhaus empor und dann sacht wieder ins Schiff hinein, wobei man eigentlich erst erkennt (denn Zahlen selbst bleiben immer abstrakt), welche phantastische Quantitäten an Ware ein Schiffsbauch für eine zweiwöchentliche Reise in sich einzuschlucken vermag; und da hier Schiff an Schiff täglich wartend steht, ahnt man auch, welche ungeheuren Massen unsere kaffeetrinkende Menschheit in jeder Stunde verbraucht.
    Endlich hat das gefräßige Schiff genug Kaffee in sich geschluckt. Ein Pfiff, und das flirrende Laufband stoppt, ein, zwei Säcke gleiten, von der Geschwindigkeit noch weitergestoßen, saumselig den andern nach. Dann schrillt das Zeichen des Dampfers, die Turbinen wettern los, langsam löst man sich von dem Kaffeestrand. Noch leuchten die Häuser in der Sonne, noch heben sich schlank die Palmen, aber immer ferner schimmert das große Grün dieser tropischen Welt, und bald sieht man nur ungewiß die Hügel mehr und schon ist auch dieses letzte Grüßen entschwunden aus dem Königreich des Kaffees. Vorüber! Vorbei und schon Erinnerung! Aber doch, wenn man daheim eine Tasse trinkt dieses köstlichsten und kunstfreundlichsten aller Getränke, wird man in dem zarten Duft jedesmal wieder all das besinnen, die tropische Sonne, die ihm das heimliche Feuer in den innersten Kern getrieben, das lodernde Licht, in dem hier alle Dinge des Daseins glühen, und jeden Baum und jede Bucht dieser fremden Landschaft, die, solange man in ihr weilt, unwiderstehlich den Sinn zum Träumen erzieht und in der Ferne ein Heimweh weckt nach diesen Zonen der frei und mächtig und unerschöpflich schaffenden Natur.

Besuch bei den versunkenen Goldstädten
    Vila Rica und Vila Real, im achtzehnten Jahrhundert die reichsten und berühmtesten Städte Brasiliens, sind heute auf keiner Landkarte mehr zu finden. Die hunderttausend Menschen, die sie bevölkerten zu einer Zeit, da New York und Rio de Janeiro und Buenos Aires noch unbeträchtliche Siedlungen waren, sind zerstoben, und selbst die prunkreichen Namen längst von ihnen gefallen. Vila Rica, im Volksmund später als Vila Pobre verhöhnt, heißt heute Ouro Preto und ist nichts als ein romantisches Provinzstädtchen mit ein paar Dutzend holprigen Straßen. An der Stelle von Vila Real steht ein armes Dorf, das sich bescheiden in den Schatten der neuen Hauptstadt der Provinz Minas Gerais, des modernen Belo Horizonte drückt. Ihr Glanz und ihre Größe haben knapp ein Jahrhundert gewährt.
    Dieser flüchtige Glanz

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