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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Paris. Auf der nächsten trennten sich unsere Wege. Vati ging durch einen langen, gekachelten Korridor, ich durch einen anderen. Ich paßte wie ein Luchs auf die blauen Schilder auf, legte zehn Centimes in den Hut eines blinden Bettlers, ging durch die grüne Sperre und fand den richtigen Bahnsteig. An der Place de la Concorde mußte ich umsteigen, und dann ging es weiter nach St-Lazare, wo ich den Zug nach Colombes nahm. Ich schaute auf die Uhr.
    Es waren sieben Stunden vergangen, seit wir von zu Hause weggegangen waren. Wie kann man doch in sieben Stunden müde werden!
    Später habe ich verstanden, woher das kam. Ein Mensch, der Großstädte und Großstadtverkehr gewöhnt ist, ist auch gewöhnt, sich zwischen Autos, Menschen und Straßenlärm zu bewegen. Er wird sicher auch nicht so schnell müde. Aber ich armes, kleines Dummchen vom Lande! Es war nicht nur die fremde Sprache und das Bewußtsein, daß ich jetzt Paris erlebte, was mich so anstrengte. Es war einfach die große, unruhige Stadt, mit Automobilen, Tauben, Kirchen, Museen, Geschäften und Cafés, wo man vier Francs für ein Stück schlechte Torte bezahlte.
    Mir wurde klar, daß man Paris in kleinen Dosen genießen mußte, sonst würde es mir gehen wie heute. Ich war in Notre-Dame gewesen, hatte das weltberühmte, herrliche Bauwerk gesehen, und was für ein Eindruck war in mir geblieben? Ein kühles Halbdunkel, hohe Spitzbogen über meinem Kopf und müde Füße.
    Nein, ich mußte mich hier auf eine andere Weise einrichten. Die Kunstwerke, die Museen und die Parks, die ich sehen wollte, wollte ich verteilen, auf viele, viele Tage verteilen. Denn man braucht ein ausgeruhtes Hirn und einen ausgeruhten Körper, um Kunstgenüsse auswerten zu können. Soviel wußte ich. Ich wußte es, weil ich meines Vaters Tochter war.
    Und weil meine Beine in Notre-Dame so maßlos geschmerzt hatten.

Ein unverhofftes Telegramm
    Ich lernte viel in den nächsten Tagen:
    Erstens, daß eine Hausfrau sich selber den schlechtesten Dienst erweist, wenn sie den Abwasch stehen läßt und beim Heimkommen dann, müde von neuen Eindrücken und reif für einen ausgiebigen Mittagsschlaf, eine unaufgeräumte Küche vorfindet.
    Zweitens lernte ich, mir meine Einkäufe für den Haushalt lange und gründlich zu überlegen. Ich durfte nicht auf Kalbskotelette zeigen und sagen: „Ein halbes Kilo“, wenn das Kilo dreizehn Francs kostete und daneben Hammelzungen zu vier Francs lagen.
    Ich lernte, auf dem Markt einzukaufen, statt im Laden. Zweimal wöchentlich war Markt in Colombes. Das eine Mal merkwürdigerweise am Sonntag! Auf dem Markt konnte man alles kaufen, von Schuhen bis zu Austern, von Unterkleidern bis zu Hackbraten, von Milchkannen bis zu Haarklammern, Nagellack und Tomaten.
    Außerdem lernte ich täglich neue französische Wörter.
    Aber was ich lernte, war nichts im Vergleich zu dem, was Rajah und Bajadere lernten. Sie machten nämlich die Erfahrung, daß Katzen großartig gedeihen können, auch wenn sie ein einfacheres Essen als Eigelb und Kalbsleber kriegen. Sie bekamen reichliches und frisches Essen, aber es war Schluß mit Kalbsleber zu zwölf Francs das Kilogramm und rohem Eidotter. Wenn ich für uns einkaufte, sagte ich immer: „Quelque chose pour les chats, s’il vous plaît!“ und der Metzger und der Fischhändler fanden immer etwas Brauchbares für die Katzen. Außerdem hatte ich für alle Fälle ein paar Dosen Katzenfutter gekauft, so daß ich nie ratlos war. Und meine Pflegekinder fraßen mit Begeisterung Fischhaut und Schinkenschwarten, ja es kam sogar vor, daß sie Brot fraßen, wenn ich es in einem Suppenrest von Mittag eingeweicht hatte.
    Ich glaube fast, daß sie die Veränderung in der Kost direkt mochten, und daß sie sich - in siamesischer Katzensprache - sagten, daß das neue Kindermädchen wirklich etwas von Katzenmenüs verstand!
    Im Anfang war es ein bißchen schwierig, mit diesen verwöhnten kleinen Tieren neue Sachen auszuprobieren, die ich ihnen vorsetzte; aber ein Zufall zeigte mir, wie ich es am besten tun könnte. Es hatte mittags gute deutsche Kartoffelklöße mit Schinkenspeck gegeben.
    Ich war ja darauf bedacht, möglichst billig zu kochen! Ich hatte alle Reste in die Küche rausgeschafft und saß und plauderte mit Vati und graute mich vor dem Abwasch. Da hörte ich draußen Lärm und sprang auf wie ein Blitz. Auf dem Küchentisch stand Rajah und schleckte die Fettreste von den Tellern, und am Boden saß Bajadere und verzehrte genießerisch einen

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