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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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mehr geholfen hatte.
    Meine Rettung war ein Kochbuch, das sie in meinen Koffer gesteckt hatte. Ohne dieses Buch hätten wir ausschließlich von Kartoffelklößen und süßer Suppe gelebt. Jetzt wagte ich doch wenigstens, die herrlich billigen Zungen zu kaufen. Ich kaufte auf dem Sonntagsmarkt fertiges Hackfleisch und briet es mit Zwiebeln als Sonntagsessen.
    Außer den paar Worten, die ich für das Einkaufen brauchte, konnte ich ja nichts. Wenn ich so allein in Colombes rumpusselte und auf den Straßen und in die Geschäfte ging, war ich geradezu neidisch auf alle anderen, die mit den Verkäuferinnen schwatzten, die zusammen lachten und ihre Babys im Kinderwagen gegenseitig bewunderten. Ich war so schrecklich allein, wenn ich mit dem Einkaufsnetz herumlief.
    Aber dann kamen einige Regentage, und das war einfach herrlich! Denn dann konnte Vati nicht draußen sitzen und malen. Dann gingen wir in den Louvre, und ich sah die Venus von Milo im Original. Ich bekam die wunderbare Nike von Samothrake zu sehen, ich sah Tizian und Rembrandt und selbstverständlich die Mona Lisa. Als wir gerade mit den Modernen anfangen wollten, wurde das Wetter schön, und Vati hatte wieder ein neues Bild im Kopf.
    Wäre ich nicht von meiner eigenen teuren Person und von den geliebten Katzenviechern, die ehrlich gesagt mein Trost und mein Lichtblick waren, in Anspruch genommen worden, so hätte ich gemerkt, daß Vati mehr und mehr nachdenklich wurde. Erst später wurde mir klar, wie er oft in Gedanken versunken dasaß und hie und da mit einem nachdenklichen und bekümmerten Ausdruck von seinen geliebten Büchern über romanische Kirchenkunst aufblickte.
    Von zu Hause kam Post. Omi fragte, ob ich daran dächte, mich in der scharfen Winterluft warm anzuziehen. Und ob ich nur bestimmt alle Hähne und Gasleitungen zudrehte, ehe ich aus dem Haus ging. Tante Birgit erinnerte mich daran, daß ich immer einen Zettel mit meinem Namen und meiner Adresse in Colombes in meine Tasche stecken sollte. Von meiner Freundin Inken bekam ich einen langen Brief und ein Buch. Ja natürlich, von ihrer Lieblingsverfasserin Edda Callies! Inken besaß deren sämtliche Bücher, die übrigens reizend waren, sehr unterhaltende Jungmädchenbücher, lustig und spannend geschrieben.
    „Dieses mußt Du wirklich lesen“, schrieb Inken, „ich war so toll begeistert von dem Buch, daß ich an Edda Callies schrieb. Erinnerst Du Dich, daß wir sie letztes Jahr im Radio hörten, als sie erzählte, daß sie so viele Leserbriefe bekommt? Ich dachte, daß ich es auch wagen könnte, ihr zu schreiben. Und was meinst Du: ich bekam Antwort! Pfundig! Sie ist sicherlich genauso reizend wie ihre Bücher. Ich weiß nicht, wie alt sie ist, aber ich möchte wetten, daß sie höchstens fünfundzwanzig ist. Und toll schick. Dieses Buch kannst Du gerne für eine Zeit haben. Aber denke daran, mir es zurückzuschicken. Ich kann mir vorstellen, daß es für Dich ganz abwechslungsreich ist, zwischen den französischen Lehrbüchern etwas Deutsches zu lesen.“
    Darin hatte Inken wahrhaftig recht! Ich legte das Buch auf den Nachttisch, um es als Abendlektüre zu benutzen. Aber abends war ich immer so müde, daß ich nicht richtig zum Lesen kam.
    Nun, es eilte ja nicht.
    Die Tage vergingen, Vati und ich pendelten zwischen Colombes und Paris hin und her. Und wir waren soweit gekommen, daß wir unseren nächsten Nachbarn zunickten. Aber zu mehr als „Bonjour, Madame“ kam es nicht, denn mein Wortschatz reichte nicht einmal aus, um zu sagen: „Was für ein herrlicher Tag heute!“
    Aber eines Tages geschah etwas. Es kam ein Brief von Kusine Ellen. Eigentümlich genug: an Vati. Sonst schrieb sie ja an mich.
    Ich war zum Platzen neugierig.
    Als Vati nachmittags nach Hause kam, mußte er den Brief sofort lesen, und ich trippelte vor Ungeduld. Während Vati las, verschwanden die Falten von seiner Stirn, seine Augen wurden fröhlich, er strahlte. Und dann reichte er mir den Brief.
    „Lieber Onkel Benno!
    Etwas muß ich Dir zu allererst sagen: Du darfst gern mit Nein antworten, auf das, worum ich Dich jetzt bitten will. Es ist nämlich schrecklich frech von mir, aber ich kann der Versuchung nicht widerstehen, Dich wenigstens zu fragen.
    Ich bin in der seltsamen Lage, jetzt meinen Sommerurlaub zu bekommen. Du weißt vielleicht, daß in unserer Firma im Sommer Hochbetrieb ist, und dann kann der Chef mich nicht entbehren. Aber jetzt haben wir die tote Zeit, und wenn ich mich bereit erkläre, jetzt Urlaub zu

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