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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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verdanke ich dieses Anerbieten. Es wäre also hart gewesen, abzulehnen.“
    „Du hast doch wohl nicht abgelehnt?.“
    „Ich sollte übermorgen endgültig Bescheid geben.“
    „Hurra. Mach, daß du fort kommst, wir schreiben an Ellen.“ „.telegrafieren an Ellen“, verbesserte Vati.
    „Wir telegrafieren Ellen und engagieren sie als ,Kindermädchen’ für mich. O Paps, ich bin ja so froh, so froh.“
    „Weil du den alten Brummbär los bist, was?“
    „Weil der alte Brummbär Gelegenheit bekommt, zu zeigen, was er kann, und weil der alte Brummbär das Angebot seines Lebens nicht ausschlagen muß.“
    „Und weil der alte Brummbär auch Geld verdienen wird - du, Britta, hier riecht es so komisch, hast du etwas auf dem Feuer?“ „Hilfe“, schrie ich, „die Hammelzungen!“
    Die Zungen lagen wie verbrannte schwarze Klumpen in Frau Aubels feinstem Emaillekessel, und die Küche war voller Rauch.
    „Vati“, sagte ich, „wenn du jetzt einen deiner bekannten RasereiAnfälle bekommst und mich durchhaust, dann erzähle ich es Ellen, und dann kommt sie nicht.“
    „Raserei? Durchhauen?“ Vati lachte über das ganze Gesicht. „Wirf die Zungen in den Abfalleimer, zieh dein bestes Kleid an! Wir gehen auswärts essen; das wird unser feinstes Abendessen im Leben!“
    „Und unterwegs gehen wir auf das Telegrafenamt!“
    „Das kann ich dir sagen! Schnell, spring in die Schale!“
    Und ob ich sprang! Ich war so überglücklich, daß ich nicht ein einziges böses Wort zu Rajah sagte, der auf einem Stoß reiner Unterwäsche lag (die ich natürlich in die Schublade hätte legen sollen), und keines zu Bajadere, die ein zusammengerolltes Paar Strümpfe als Spielzeug benutzt hatte. Sie sahen danach aus -
    „Pfeif drauf“, sagte Vati. „Wir kaufen neue Strümpfe. Sechs Paar sollst du haben.“
    „Sei froh, daß ich ein anständiger Mensch bin“, lachte ich, „in der Stimmung, in der du jetzt bist, könnte ich dich bestimmt dazu kriegen, mir eine Nerzstola zu kaufen!“
    „Ich werde dich benerzen, du Teufelskind! Bist du fertig, hast du ein sauberes Taschentuch?“
    „Ja. Und Kleingeld für ,Damen’ und einen Taschenkamm in der Tasche, und einen Hunger, der dich mindestens einen Tag Wandschmieren kosten wird!“
    Dann bekam ich einen Klaps hintendrauf, daß ich in die Höhe hüpfte.
    Und Vati und ich zogen los nach Paris.
    Auf dem Telegrafenamt verfaßte mein genialer und sparsamer Vater folgendes Telegramm:
    „Liebe kleine Ellen, Du bist willkommener als Du ahnst. Kannst Du Dich beeilen und schon am zwanzigsten März hier sein? Wir schreiben morgen. Tausend Grüße Onkel Benno und Britta.“
    Als Vati mit seinem Produkt zum Schalter gehen wollte, riß ich es ihm aus der Hand, ergriff ein neues Formular und schrieb:
    „Herzlich willkommen, möglichst schon am zwanzigsten März, Brief unterwegs, Benno.“
    „So“, sagte ich, „nun haben wir neunzehn Worte eingespart. Das reicht sicher für zwei Paar Strümpfe. Wie würde es dir wohl ergehen, leichtsinniger Paps, wenn du mich nicht hättest?“
    Es wurde ein herrlicher Abend. Wir gingen in ein Restaurant, das Vati aus einem Führer von Paris herausgesucht hatte. Er hatte es deshalb gewählt, weil dort stand: „Pittoresque“ - malerisch!
    „Pittoresk“, ja es war „pittoresk“. Es befand sich in einem Keller, der Eingang war mit feuerroten Vorhängen behangen, die vom Boden bis zur Decke reichten. Die Kellnerinnen hatten festliche Landestrachten an, und die Tische und Stühle, die aus dunklem, blankgescheuertem Holz waren, standen an der Wand, da, wo diese in Deckenwölbungen überging. Das Essen war gut, so gut, daß es nicht mehr wahr war. Es war meine erste Begegnung mit der wirklich raffinierten französischen Küche. Ich aß Froschschenkel und nachher ein himmlisches Gericht, das „Cordon bleu“ hieß. Dieses wunderbare Gericht bestand aus Kalbsfilet, das halb durchgeschnitten und mit Schinken und Käse gefüllt war. Dann aß ich flambierte Pfirsiche. Es war furchtbar aufregend, daß ein weißgekleideter Koch an unseren Tisch kam, eine Spiritusflamme anzündete und das Gericht vor unseren Nasen bereitete.
    Das Lokal war voller Touristen. Überall wurde englisch gesprochen. Hinter mir saßen einige dunkelhaarige und schwarzäugige Leute, die spanisch sprachen, oder vielleicht war es griechisch, was weiß ich? Etwas Unbegreifliches auf jeden Fall. Dann kamen neue Gäste und setzten sich an den Tisch hinter uns. Sie begannen sich zu unterhalten. Vati und

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