Braut wider Willen
sind Altweibermärchen«, sagte Cato ungeduldig. »Ich wollte nur sagen, dass du dir wegen des Wetters keine Sorgen machen sollst.«
»Aber es regnet noch immer«, wandte sie ein.
»Ja«, antwortete er, um Geduld bemüht, »du wirst aber mit dem Wagen zur Kirche fahren und daher nicht nass werden.«
»Ach … danke, Mylord. Aber wenn Ihr jetzt bitte gehen wollt.«
Cato zögerte stirnrunzelnd, um dann mit einem kurzen Kopfschütteln den Salon zu verlassen.
»Ich sehe schrecklich aus«, stöhnte Phoebe. »Warum musste er hereinkommen und mich so sehen? Ausgerechnet heute?«
Olivia sah Phoebe erstaunt an. »Aber so siehst du am Morgen immer aus. Warum sollte es von Bedeutung sein?« Als ihre Worte nicht den beabsichtigten Trost bewirkten, fügte sie aufmunternd hinzu: »Vermutlich wird er meist lange vor dir auf den Beinen sein und das Haus verlassen … f-falls es dich ernsthaft bekümmern sollte.«
»Ich bin mit den Nerven am Ende«, lieferte Phoebe eine matte Erklärung. »Natürlich ist es völlig einerlei, wie ich aussehe.«
»Aber jetzt solltest du dich beeilen«, drängte Olivia. »Es ist fast neun Uhr, und du musst noch b-baden und dein Haar waschen.«
Als Bekräftigung ertönte wieder ein Klopfen, und die Haushälterin Mistress Bisset trat ein. »O Gott, Lady Phoebe, Ihr seid noch im Nachthemd? Kommt jetzt. Das Bad ist fertig.« Unter missbilligenden Lauten dirigierte sie Phoebe den Korridor entlang zum Schlafgemach, wo die Zofe Lavendel und Rosenblätter in das dampfende Badewasser vor dem Kamin tat.
Phoebe überließ sich nun den Handreichungen von Zofe, Haushälterin und Näherin. Sie folgte deren Anweisungen völlig unbewusst und nahm das ununterbrochene Geschwätz um sie herum kaum wahr. Ihr ganzer Körper prickelte, ihre Haut war so empfindlich, als hätte man sie Zoll um Zoll mit einer Austernschale bearbeitet.
Als sie zusah, wie ihre Zofe ihr dichtes braunes Haar über weiche Röllchen wickelte, kämpften in ihr Hoffnung mit Verzweiflung. Vielleicht würde alles gut werden, und sie würde in dieser Nacht alles entdecken, was es zu entdecken gab. Und auch Cato würde vielleicht entdecken, was er an seiner Braut hatte.
Vielleicht aber auch nicht.
»Nun, Lady Phoebe, seht Euch an.« Die Haushälterin trat zurück, nachdem sie ihr die Perlenkette ihrer Mutter, die zuvor Diana gehörte, um den Hals gelegt hatte. Sie deutete auf den Spiegel.
Phoebe warf nur einen flüchtigen Blick auf ihr Spiegelbild. Eine genauere Betrachtung hätte ihre quälende Angst nur gesteigert. Sie ging rasch zur Tür. »Ich bin fertig. Ist es schon Zeit, hinunterzugehen? Olivia, wo bist du?« Ein Anflug von Panik schlich sich in ihren Ton ein.
»Ich bin da«, sagte Olivia ruhig und kam hinter den Bettdraperien hervor. »Wo ich die ganze Zeit über war.«
»Ach, ich wünschte, du könntest immer bei mir bleiben.« Phoebe ergriff Olivias Hand in einer krampfhaften Geste. »Wenn ich mich am Ende nicht den Händen der Tanten überlassen müsste. Wärest du da, würde ich mich nicht so als Opferlamm fühlen.«
Olivia drückte Phoebes Hand. »Ein schreckliches Ritual«, sagte sie mitfühlend. »Aber es geht rasch vorüber … wenn du erst einmal die Halle verlässt.«
»Ja, vermutlich.« Phoebe ergriff Olivias Hand so fest, dass diese zusammenzuckte, aber kein Wort der Klage hören ließ.
Lord Carlton erwartete seine Tochter in der Halle, wo er schon ungeduldig auf und ab lief. Da der Bräutigam das Haus bereits verlassen hatte, ehe man die erste Gruppe von Gästen zur Kirche fuhr, war der alte Earl des Alleinseins überdrüssig.
»Ach, da bist du ja.« Er trat an den Fuß der Treppe, als Phoebe herunterkam. »Du hast aber lange gebraucht … aber eine Braut darf sich Zeit lassen«, fügte er mit dem Versuch eines Lächelns hinzu. »Sehr schön siehst du aus, meine Liebe«, sagte er nicht ganz überzeugt. »Sonderbar, als Diana das Kleid … Aber komm, wir müssen gehen.«
Phoebe, die kein Wort herausbrachte, knickste. Als sie ihre Hand auf den Arm ihres Vaters legte, spürte sie, dass ihr Gesicht plötzlich taub und wie erstarrt war.
»Ich glaube, der Regen hat aufgehört«, ließ sich Olivia von der Tür her vernehmen, die von einem Diener geöffnet worden war. »Ein gutes Omen, Phoebe.« Sie blickte ihre Freundin beklommen an. Phoebe sah ganz fremd aus, und daran waren nicht nur die kunstvolle Frisur und die steife Förmlichkeit ihres unpassenden Kleides schuld.
»Ja«, erwiderte Phoebe mit starrem Lächeln. Sie
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