Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)
ein Büschel von Ingers Haaren und zieht dessen Gesicht damit zu sich heran. In diesem Moment erkenne ich das BREATHE-Signet auf seiner Uniformjacke.
»Wenn du uns nicht augenblicklich verrätst, wo die Rebellen ihr Hauptquartier haben, werde ich dir eigenhändig den Kopf abreißen, du jämmerlicher kleiner Bastard.« Die Stimme des Generals ist schneidend und eiskalt, und ich bezweifle keinen Moment, dass er es ernst meint.
»Der Krieg hat begonnen. Wir haben Premiums auf unserer Seite. Und ihr seid am Ende«, sagt Inger. Und dann spuckt er dem General mitten ins Gesicht. Dieser lässt Inger los und rammt ihm sein Knie in den Hals. Inger kippt um und stöhnt. Der General steigt auf einen kleinen Schutthügel und hält sich ein Megafon vor den Mund.
»Wir haben deinen Freund. Wenn du rauskommst, tun wir ihm nichts«, verkündet er, obwohl er Inger bereits zu Brei getreten hat. »Ich wiederhole: Wir haben deinen Freund.«
Jetzt, wo ich die Megafonansage höre, kann ich definitiv sagen, dass ich die Stimme kenne.
»Vergiss es«, meint Inger. »Der ist längst über alle Berge.«
»Captain, holen Sie unseren Zaubersaft«, befiehlt der General.
Der Captain flitzt zum nächststehenden Panzer und kommt mit einer Monsterwaffe zurück, die er auf einen mageren, halb von Schnee bedeckten Flecken Vegetation richtet. Schwarzer Schaum schießt aus der Düse und kurz darauf ist der dürre Grasflecken eine dunkle, verdorrte Matte.
»Selbst wenn es euch gelingen sollte, irgendetwas anzupflanzen …«, höhnt der General, »… nun ja, ich denke, der Captain hat hinreichend demonstriert, was damit passieren würde.«
»Also stimmt es: Pflanzenvernichtungsmittel. Und was ist die nächste Formel, an der ihr arbeitet? Vergiftetes Wasser?«
»Na, jetzt werde mal nicht dramatisch, mein Sohn«, grinst der General.
Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Jeder Zweifel ausgeschlossen. Ich beginne am ganzen Körper zu zittern. Das kann doch nicht wahr sein! Aber doch, das ist es. Ich warte darauf, dass er noch etwas sagt, etwas, das mir zeigt, dass ich falschliege. Doch stattdessen setzt er seinen Helm ab und rückt seine Atemmaske und die Schläuche an seiner Uniform zurecht. Und als er sich umdreht, wird mir eiskalt, denn ich sehe, dass ich nicht falschliege: Der General ist mein Vater.
Für einen Moment schnürt es mir den Atem ab. Ich schaue auf die Anzeige meiner Sauerstoffflasche: Der Level ist zwar tödlich niedrig, aber ein winziger Rest Luft ist noch drin. Ich starre meinen Vater an, pressemeine Fäuste in die Augenhöhlen und versuche, möglichst flach und gleichmäßig zu atmen. Dann springe ich auf, weil ich nach draußen rennen und Inger retten will, aber eine Hand zieht mich wieder runter.
Es ist Silas. »Was zum Teufel hast du vor? Die knallen dich ab.«
»Der Typ ist mein Vater«, krächze ich.
Silas versteht kein Wort. »Sei still und duck dich.«
»Das ist mein Vater«, flüstere ich noch einmal.
Jetzt starrt mich Silas fassungslos an.
Das ist mein Vater , denke ich. Der Mann, der da draußen das Kommando hat. Mein eigener Vater. Und ich dachte, er würde Papierstapel auf seinem Schreibtisch hin- und herschieben. Ich dachte, er würde etwas zwar Sterbenslangweiliges, aber Sinnvolles machen.
»Was ist mit Inger?«, wispere ich.
Silas kauert sich neben mich, so dicht, dass ich sein Zittern spüre. Wir spähen über den Rand des Aktenschrankes. Draußen läuft mein Vater auf und ab. Das macht er immer, wenn er nachdenkt. Das kenne ich von ihm. Jetzt bleibt er stehen, kratzt sich am Kopf und schaut seinen Gefangenen an, als würde der ihm gleich sagen, was zu tun sei. Mir wird immer flau im Magen, wenn mein Vater diesen Blick aufsetzt, denn er bedeutet meistens, dass ich einen Anschiss kriege. Jetzt ist mir nicht nur flau im Magen, sondern speiübel, denn ich ahne, dass Inger weit Schlimmeres als ein Anschiss erwartet.
»Der Präsident hat sehr klare Anweisungen erteilt«, sagt mein Vater mit leiser Stimme. »Ich kann dich nichtverschonen. Ich könnte dich vermutlich nicht mal retten, wenn du mein eigener Sohn wärst.«
Silas blickt mich entsetzt an.
Mit diesen Worten dreht sich mein Vater um und klettert auf den Geschützturm des Panzers.
»Captain«, ruft er und schnipst mit den Fingern. »Kümmern Sie sich um den Jungen.« Dann verschwindet er im Inneren des Gefährts.
Der Captain nickt den Soldaten zu, die neben Inger stehen, woraufhin diese seine Sauerstoffflasche entfernen und auf den Boden
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