Breeds: Harmonys Spiel (German Edition)
sie hätte schicken können.
»Whiskey.«
»Als Shot oder im Glas?«, fragte der Hüne hinter der Bar.
»Im Glas, ohne Eis.«
»Kommt sofort, Süße.«
Mit ihrem Drink in der Hand drehte sie dem Tresen den Rücken zu und ließ den Blick noch einmal durch den Raum schweifen.
Was zur Hölle hatte sie nur dazu bewogen, in die Staaten zurückzukehren? Egal, wie wichtig der Job war.
Kinder waren ihre Schwäche. Ein ehemaliger Kunde hatte sie gebeten, einem Freund zu helfen, seine gekidnappte Tochter wiederzufinden. Ein kleines Mädchen, gerade mal fünf Jahre alt, mit großen braunen Augen und einem frechen Lächeln. Harmony war verrückt gewesen, sich darauf einzulassen. Sie hatte gewusst, dass Jonas ihr schon seit fast sechs Monaten auf der Spur war. Sie hätte niemals zurückkommen dürfen, denn sie wusste, worauf er es abgesehen hatte. Und sie wusste auch, er rechnete fest damit, dass sie bei dieser Chance, die er ihr gegeben hatte, um dem Breed-Gesetz zu entkommen, versagen würde.
Ihr Bruder war in den letzten zehn Jahren übermäßig schnell gealtert. Seine Bitterkeit und die kalte Entschlossenheit in seinen Augen hatten weiter zugenommen.
Sein französischer Akzent war, genau wie bei ihr, seit seiner Flucht aus den Labors vollkommen verschwunden, sein Englisch inzwischen flüssig und fehlerfrei. Sie waren darauf trainiert worden, sich anzupassen, wohin auch immer sie geschickt wurden.
Sie hob den Drink an die Lippen und ignorierte die anzüglichen Blicke der Männer im Raum. Im Augenwinkel nahm sie plötzlich an der Tür eine Bewegung wahr. Harmony wandte den Kopf. Eine äußerst männliche Gestalt betrat die Bar.
Sie bezweifelte stark, dass es sich um ihren Beschatter handelte – obwohl sie nichts dagegen einzuwenden gehabt hätte, sich an seine Fersen zu heften. Mindestens einen Meter siebenundachtzig groß, breit und muskulös, bewegte er sich mit lässiger Eleganz.
Er trug Jeans und ein dunkelblaues Denimshirt, das die kantigen Konturen seines gebräunten Gesichts betonte. Er besaß hohe Wangenknochen, eine volle, sinnliche Unterlippe und Augen von tiefem Marineblau, die aufzuleuchten schienen, als sich ihre Blicke trafen. Er musterte sie ebenso aufmerksam wie sie ihn. Und es war offensichtlich, dass ihm gefiel, was er sah. Ebenso wie ihr.
Hatte sie eigentlich je zuvor einen Mann derart bewusst wahrgenommen? Er verströmte puren Sex, von der Ausbuchtung in seinen engen Jeans bis zu seinen breiten, muskulösen Schultern. Dichtes, halblanges schwarzes Haar umspielte seine selbstsicheren Gesichtszüge, was ihn einigermaßen zugänglich wirken ließ.
Harmony hatte sich längst damit abgefunden, dass sie trotz einiger ihrer animalischen Gene sexuell nicht unbedingt besonders erregbar war. Aber dieser Mann weckte die Katze in ihr und ließ sie innerlich brüllen. Sie spürte, wie ein seltsames Gefühl durch ihre Adern schoss und sich in ihren Brustwarzen und ihrem schwellenden Schoß sammelte.
»Hey, Lance, Kumpel. Wurde auch Zeit, dass du mal wieder vorbeischaust«, rief der Barmann zur Begrüßung, während der Cowboy sich auf den Barhocker neben sie schob. »Bier?«
»Bier klingt gut, Stan«, antwortete Lance mit einem gedehnten Südstaatenakzent, der Harmony einen Schauer über den Rücken jagte.
Ihr gefiel diese Stimme. Sie war so weich und dunkel wie ihr Whiskey.
Harmony drehte sich auf dem Barhocker um und sah zum Barmann, während sie ihr Glas vorschob, um es noch einmal füllen zu lassen.
»Ich lade die Lady ein, Stan.«
Harmony hätte das Angebot beinah überhört, so sehr waren ihre Sinne plötzlich erfüllt vom Geruch nach mitternächtlichen Stürmen und dunklen Wüstennächten. Vom Geruch des Mannes neben ihr. Stark. Pur. Nein, das war nicht ihr Beschatter, aber einen Augenblick lang stellte sie sich vor, wie er hinter ihr stand, während seine Hände über ihren Po strichen, sie dann umfassten und ihre Schenkel auseinanderzogen.
»Danke.« Sie atmete tief ein, drehte den Kopf und bemühte sich um ein unbekümmertes Lächeln, wobei sie darauf achtete, dass ihre scharfen Eckzähne nicht aufblitzten.
Sie waren kleiner als die der meisten Breeds und wurden selten als Fangzähne erkannt, trotzdem stellte sie sie lieber nicht zur Schau.
»Gern.« Das leicht schiefe Lächeln, das er ihr zuwarf, löste in ihrer Magengrube ein Flattern aus. Verdammt, das war ihr in ihrem ganzen Leben noch nie passiert.
»Ich bin Harmony.« Sie streckte ihm die Hand entgegen und neigte den Kopf, um sein
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