Breeds: Tabers Versuchung (German Edition)
die er zur berühmtesten Sängerin Amerikas machen wollte und die ihm eine Abfuhr erteilt hatte. Und an seinem beruflichen Absturz schuld war.
Die Musik kam aus der Eingangshalle. Vielleicht hatte einer der Wachposten das Radio angemacht, auf einen dieser beknackten Lokalsender geschaltet, die zwischen Hundefutterwerbespots alte Singles abnudelten. Welcher richtige Sender würde schon Allegra Ennis bringen?
In dem Sommer damals, vor so langer Zeit …
Zitternd vor Wut blickte Sanderson sich nach etwas um, das Krach machen würde. Schließlich hob er seine Latschen auf und warf sie gegen die Tür. Sie schlugen mit einem dumpfen Geräusch auf.
Der Winter war noch so fern …
Bücher! Zwei dicke Paperbacks und ein gebundenes. Sanderson schleuderte sie an die Tür. Das war schon befriedigender. Bei dem gebundenen brach der Rücken, und es fiel zu Boden wie ein verletzter Vogel.
Wer sollte ahnen, dass es nie mehr Sommer wird …
Diese Schlampe! Zwitscherte vor sich hin wie eine irische Bordsteinschwalbe. Er hatte getan, was er konnte, damit ihre Stimme modern klänge, aber nichts hatte gefruchtet. Sie war eine harte Nuss gewesen, hatte sich ständig widersetzt. Die kleine Fotze wusste einfach nie, was gut für sie war.
Die Tür ging auf, und Alvin schaute herein.
»Mr Sanderson? Brauchen Sie etwas ?« Alvins Ton und sein Auftreten waren respektvoll.
Und so sollte es gefälligst auch sein. Schließlich wusste Alvin, wer Sanderson war und was er für ihn tun konnte.
Alvin war zu groß und zu rothaarig, ein schlaksiger, naiver Typ ohne Stimme, vollkommen unmusikalisch. Aber er wollte ein Star werden, und Sanderson hatte ihm versprochen, den Wunsch wahr werden zu lassen.
Als Gegenleistung sollte Alvin die Ennis beseitigen.
»Alvin, bring mir ein Tonbandgerät .« Sanderson lächelte zu ihm hoch. Lächerlich, dieses lange Gestell, und das dumme, sommersprossige Gesicht fand er abstoßend. »Morgen geht es los. Wenn es erledigt ist, rufe ich ein paar Leute in Kalifornien an. Wir machen dann erst mal ein Demotape mit dir .«
Alvins hässliches Gesicht hellte sich auf, als er loslief, um das Tonbandgerät zu holen. Sanderson wusste genau, was jetzt in Alvins Kopf vorging. Er dachte an schicke Autos und schicke Frauen, die sich darum schlugen, mit ihm ins Bett zu hüpfen, er sah schon sein Foto in der Regenbogenpresse und sich selbst am Pool seiner Villa.
Atemlos kam er zurück und drückte Sanderson einen Rekorder in die Hand. Es war ein billiges Ding, konnte aber bestimmt eine Stimme naturgetreu aufnehmen. Das reichte.
»Gut, Alvin, du kannst jetzt gehen . In einer halben Stunde bringst du Dr. Childers hierher. Und wunder dich nicht über das, was du dann sehen wirst .«
»Ja, Sir .« Alvin entfernte sich. Er würde Serena holen, und dann ginge es los. Alvin hatte nichts weiter zu tun, als Allegra Ennis in den Wahnsinn zu treiben und sie dann so umzubringen, dass es wie Selbstmord aussah. Und Sanderson würde man nie etwas nachweisen können.
Allegra war eine tote Frau.
Kowalski war größer als alle anderen und konnte über die vielen Köpfe hinwegsehen.
Auf der Bühne saß eine rothaarige Frau, eine Schönheit im hauchdünnen grünen Abendkleid, und spielte Harfe. Sie hatte eine Stimme wie ein Engel.
So etwas hatte er noch nicht gehört. Sie klang genauso lieblich wie die Harfe. Das Lied kannte er nicht, Melodie und Rhythmus waren aber so eingängig, dass es ihm sofort vertraut erschien. Als gäbe es einen Platz in seinem Kopf, der nur auf dieses Lied gewartet hatte.
Es ging um irgendeinen Sommer. Ein Lied über einen verlorenen Sommer und eine verlorene Liebe. Die Melodie löste ein Kribbeln aus und ging unter die Haut. Sein Inneres vibrierte geradezu mit den Tönen mit. Etwas so Schönes hatte er noch nie gehört, obwohl er schon sein Leben lang mit Genuss Musik hörte.
Auch die Sängerin war schön. Nicht auf dieselbe Art wie Suzanne oder Claire Parks, sondern auf andere Weise, auf eine bessere Weise. Ihre Haut schimmerte, als wäre sie nicht ganz von dieser Welt. Sie leuchtete von innen heraus, wie eine Perle unter Wasser.
Wenn ihm jemand erzählen würde, sie sei ein echter Engel, würde er es sofort glauben. Es wäre keinerlei Überzeugungsarbeit nötig. Doch sie war eine Frau aus Fleisch und Blut. Die langen, rotbraunen Haare fielen in glänzenden Wellen über ihren Rücken und bewegten sich ab und zu, während die Finger anmutig die Saiten zupften. Mit geschlossenen Augen sang sie die letzte
Weitere Kostenlose Bücher