Brenda Joyce
als an den Jungen zu denken, der er einst
gewesen war. Der Junge, der insgeheim davon ausgegangen war, dass er eines
Tages erwachsen sein und Elysse O'Neill heiraten würde. »Ich habe andere
Pläne, Vater.«
Gerade
jetzt aber war eine Heirat das Letzte, was er wollte. Er sehnte sich nur
danach, all dieser Verwirrung und dem Verlangen zu entkommen. Er konnte es
nicht erwarten, nach China zurückzusegeln, eine weitere Ladung Pekoe zu holen
und gegen die Zeit und seine Rivalen nach Großbritannien zurückzufahren.
Aber er
konnte dies jetzt nicht auf sich beruhen lassen.
Cliff
verließ das Speisezimmer. Montgomery sagte sehr ernsthaft: »Eine Lady wie
Elysse O'Neill verdient alles, was das Leben zu bieten hat.« Abrupt nahm
er seine Teetasse.
Alexi
starrte ihn an. Erwog der Amerikaner plötzlich die Möglichkeit, dass Elysse
ihn wirklich mochte? Dass er sie dazu bringen könnte, dass sie ihn liebte?
Elysse bewunderte Montgomery. Er war männlich, attraktiv, alle Frauen
schwärmten für ihn. Männer wie Montgomery verbesserten durch eine Heirat
ständig ihren Rang. Und er war ein Opportunist. Devlin würde in dem Amerikaner
vielleicht sogar den Seefahrer sehen und ihn in seine eigene Schifffahrtslinie
aufnehmen. Ganz plötzlich war er sicher, dass sein Navigator nicht nur Gefallen
an der schönen Elysse gefunden hatte, sondern auch an der Aussicht, in die
vermögende Familie O'Neill einzuheiraten.
Die Lage
hatte sich vollkommen verändert.
Er schob
seinen Teller weg. Elysse konnte auf keine Gesellschaft gehen, auf keinen Tanz
oder Ball, ohne dass jeder Mann im Raum sie bewunderte und sie ihn mit ihrem
Lachen ansteckte, mit ihrem Aussehen und ihrem Charme betörte. Sie hatte eine
Art an sich, an
den Lippen eines Mannes zu hängen, sodass er sich groß, stark und bedeutend
fühlte. Hundertmal hatte er zugesehen, wie sie das machte. Nein, öfter sogar.
Sie verzauberte das männliche Geschlecht, seit sie ein Kind von sieben Jahren
gewesen war! Aber es war eine schlechte Idee, Montgomery zu betören. Das hatte
er ihr gesagt. Wenn er es wirklich auf ihr Erbe abgesehen hatte, wäre es sogar
noch schlimmer.
Alexi
verschränkte die Arme. »Du wirkst sehr nachdenklich, William.«
Montgomery
sah auf. »Ich überlegte gerade, wie ich den Morgen verbringen soll.«
»Gehen wir
ausreiten!«
»Das ist
eine gute Idee, solange ich um eins zurück bin.« Alexi sah ihn fragend an.
»Und was geschieht zu dieser wichtigen Stunde?«
»Ich werde
einen Ausflug aufs Land machen mit der reizendsten jungen Dame, der ich je
begegnet bin.«
Sie hatten
gestern Abend also verabredet, sich heute zu treffen? Natürlich hatten sie
das, denn Elysse hatte seine Warnungen ignoriert.
»Macht dir
das etwas aus?«, fragte Montgomery und sah Alexi durchdringend an.
»Es wird
heute regnen.« Als Seemann konnte er den nahenden Wetterumschwung fühlen.
Und er wusste genau, dass auch Montgomery es spürte.
Der
Amerikaner beugte sich vor. »Ein paar Tropfen werden mich nicht daran hindern,
Miss O'Neills Gesellschaft zu genießen. Nur ein Narr würde unseren Nachmittag
aufschieben. Ich fragte, ob es dir etwas ausmacht, Alexi.«
Unseren
Nachmittag. »Ehrlich
gesagt, ja.«
Montgomerys
Augen funkelten. »Das dachte ich mir. Du bist also interessiert an Miss
O'Neill?«
Alexi
verzog keine Miene. »Nein, aber ich stehe ihr und ihrer Familie sehr nahe,
Montgomery. Wir sind Freunde, daher werde ich offen mit dir reden. Sie ist eine
Lady. Eine Lady, die ich immer beschützen werde.«
Montgomery
leckte sich über die Lippen. »Vor mir musst du sie nicht beschützen.«
Alexi
lachte auf. »Was hast du im Sinn, Montgomery? Seit wann spielst du den
Gentleman und gehst mit Damen spazieren? Ich weiß, was du von einer Frau willst
– wir haben uns oft genug gemeinsam amüsiert. Elysse O'Neill ist eine Lady, und
sie ist unschuldig. Sie ist nicht für dich bestimmt.«
»Mir ist
durchaus bewusst, dass sie keine Hafendirne ist. Ich genieße es nur, Zeit mit
ihr zu verbringen. Ich habe nichts Anstößiges vor.« Sein Blick wurde
härter. »Außerdem genießt sie meine Gesellschaft ebenfalls.«
Alexi
setzte sich aufrechter hin und war davon überzeugt, dass Montgomery sich
Chancen für weitaus mehr ausrechnete als nur für eine Verführung. Was würde er
tun, wenn Elysse sich entschloss, den Navigator zu heiraten? Konnte sie so dumm
sein, sich in ihn zu verlieben? »Sie kokettiert mit jedem. Du nimmst sie zu
ernst.«
»Du bist
doch nur eifersüchtig.«
Alexi
Weitere Kostenlose Bücher